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„Straßen sind nicht zum Spielen da“

Warum der Bruckmühler Gemeinderat die Tempo-30-Wünsche seiner Bürger ablehnt

An dieser Einmündung treffen die Straße „Am Weiher“ (links) und der „Fliederweg“ (rechts) zusammen. Die Anwohner wünschen sich eine Umwandlung des Wohnquartiers in einen verkehrsberuhigten Bereich.
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An dieser Einmündung treffen die Straße „Am Weiher“ (links) und der „Fliederweg“ (rechts) zusammen. Die Anwohner wünschen sich eine Umwandlung des Wohnquartiers in einen verkehrsberuhigten Bereich.

Während sich sieben deutsche Großstädte innerorts generell Tempo 30 wünschen, bleibt die Marktgemeinde Bruckmühl hart. Nur an neuralgischen Punkten soll die Geschwindigkeit gedrosselt werden. Es bleibt dabei. Vier Anträge auf Verkehrsberuhigung wurden jetzt wieder abgelehnt.

Bruckmühl – Es bleibt dabei. In Bruckmühl gibt es keine Ausnahme von der Regel. Auch wenn Deutschlands Großstädte über Tempo 30 innerorts diskutieren, bleibt in der Marktgemeinde alles beim Alten: Der Grundsatz, Tempo-30-Zonen nur an neuralgischen Punkten wie Schulen, Kitas oder Altenheimen einzurichten, wird nicht aufgeweicht. Die Bürger, die mit Unterschriftensammlungen ihrem Wunsch auf Verkehrsberuhigung Ausdruck verliehen, erhielten die klare Botschaft: „Straßen sind nicht zum Spielen da“, wie Zweite Bürgermeisterin Anna Wallner (CSU/PW) betonte. Trotzdem will sich der Marktgemeinderat in einer Klausurtagung mit der Geschwindigkeit in der Marktgemeinde befassen.

Insgesamt sieben Anträge abgelehnt

Doch der Reihe nach: Schon im vergangenen Jahr hatten Anwohner von Kanalstraße, Berghamer Straße und der Straße Am Korbinianspark um die Errichtung von Tempo-30-Zonen gebeten. Die Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt. In der jüngsten Sitzung standen erneut vier Anträge zur Diskussion. Auch sie wurden abgelehnt.

Mit Unterschriften hatten sich Anwohner der Friedrich-Jahn-Straße im Juni 2021 darum bemüht, ein Teilstück der Straße in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln. Als Gründe führten sie auf, dass die Kinder in dieser Stichstraße vom Nettomarkt zum Mangfalldamm spielen. Vor allem Lieferfahrzeuge würden darauf keine Rücksicht nehmen. Geh- oder Radwege gebe es dort aber nicht und damit für die Kinder keine Ausweichmöglichkeiten.

Auch Anlieger sind sich nicht einig

Weitere Anlieger wiederum sehen das ganz anders und hatten deshalb bei der Marktgemeinde im Oktober 2021 beantragt, alles so zu belassen, wie es ist. Anna Wallner war erschrocken darüber, dass „Eltern ihre Kinder auf öffentlichen Straßen spielen lassen und erwarten, dass andere auf ihre Kinder aufpassen“.

Monika Mager (Grüne) verwies auf den Trend anderer Kommunen, Nebenstraßen zu Spielstraßen zu machen, um damit Begegnungszonen zu schaffen und die Lebensqualität zu steigern. Fraktionskollege Wolfgang Huber befand die Stichstraße zum Mangfalldamm als geeignet für eine Spielstraße. Robert Niedermeier (SPD) zweifelte an, dass sich die Anwohner über die Konsequenzen im Klaren seien: Immerhin bedeute die Errichtung eines verkehrsberuhigten Bereiches, dass Schrittgeschwindigkeit von 3 bis 4 km/h gefahren werden müsse, und kein Fahrzeug mehr außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen parken dürfe.

Doch nicht nur das: Die Straße müsste von der Gemeinde als Straßenlastträger auch entsprechend eines „shared space“ umgestaltet werden – beispielsweise durch eine besondere Pflasterung, Pflanzkübel, wechselseitige Parkstände, Plateau-Aufpflasterungen oder Einengungen.

Stefan Mager (Grüne) war empört über die Diskussion im Rat: „Wir müssen doch auch mal über die Grenzen unsere Gemeinde schauen und uns fragen, warum es anderswo anders läuft. Und wir müssen die Bedürfnisse unsere Bürger ernst nehmen, wenn sie uns sagen: Mit der vorhandenen Verkehrssituation fühle ich mich nicht wohl.“ Trotzdem wurde ein verkehrsberuhigter Bereich mit 16:5 Stimmen abgelehnt.

Auch die Anwohner der Straße Am Weiher sowie des Flieder-, Akelei-, Mistel und Kornblumenwegs wünschen sich einen verkehrsberuhigten Bereich, weil sie die Straßen gern in erster Linie für Aufenthaltsfunktionen nutzen würden, also als gefahrlosen Spielbereich und Schulweg für ihre Kinder. Zudem sei der Bereich durch hohe Zäune und Hecken schwer einsehbar, lauerten im Durchgangsverkehr also tägliche Gefahren. Auch hier wäre eine Umgestaltung der Straße erforderlich, die die Marktgemeinde finanzieren und nicht auf die Anlieger umlegen könnte. Wie hoch die Kosten wären, hatte die Verwaltung noch nicht ermittelt. Grundsätzlich sei das Quartier für einen verkehrsberuhigten Bereich geeignet, informierte Michael Koller vom gemeindlichen Ordnungsamt.

„Im Zentrum diskutieren wir über einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich. Hier würde es sich auch anbieten, das ganze Gebiet in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln“, betonte Josef Staudt (SPD). Doch auch dieser Antrag wurde mit 16:5 Stimmen abgelehnt.

Klausurtagung mit Blick in die Zukunft

Allerdings nicht ohne einen Blick in die Zukunft. Denn die Anträge auf 30er Zonen häufen sich: „Wir sehen, dass aus allen Bereichen der Gemeinde Anträge kommen“, konstatierte Richard Linke (OLB) und schlug vor, sich in einer Klausurtagung mit dem Verkehr in der Marktgemeinde ausführlich zu befassen und in alle Ruhe darüber zu reden, was in den Wohngebieten möglich sei. Der Vorschlag stieß auf raunendes Wohlwollen im gesamten Marktgemeinderat. „Für unsere Gemeinde eine eigene Strategie zu entwickeln, würde uns viel Arbeit ersparen“, würdigte Bürgermeister Richard Richter (CSU/PW) die Idee.

Bruckmühl will eigene Strategie entwickeln

Der Deutsche Städtetag hatte schon im vergangenen Jahr eine Initiative unterstützt, die es Kommunen ermöglichen soll, selbst zu entscheiden, welche Geschwindigkeiten in welchen Straßen angemessen sind. Sieben deutsche Großstädten wollen in einem Pilotprojekt großflächig Tempo 30 testen. Nur auf wenigen Hauptverkehrsstraßen soll dann noch die übliche Geschwindigkeit von 50 km/h zulässig sein. Am Projekt beteiligen sich Leipzig, Aachen, Augsburg, Freiburg im Breisgau, Hannover, Münster und Ulm.

Keine Änderungen an Justus-von-Liebig-, Waldheimer und Franz-von-Kobell-Straße

Teilstücke von Justus-von-Liebig-Straße und Waldheimer Straße sollten mit 30er-Zonen beruhigt werden, beantragte ein Anwohner. Er hatte bei Spaziergängen beobachtet, dass sie oft mit einer Rennstrecke verwechselt würden. Problematisch sei vor allem die Einmündung zur Waldheimer Straße. Michael Koller vom Ordnungsamt der Gemeinde hatte sich des Gefahrenbereiches angenommen und Verkehrsmessungen durchführen lassen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag an beiden Straßen mit 48 Kilometern pro Stunde (km/h) im Grenzbereich. Nur an der Waldheimer Straße wurde in südlicher Richtung ein Durchschnitt von 53km/h gemessen. Dort fahren also fast alle zu schnell, wenn auch „nur“ 3 km/h.

Trotzdem gebe es mit Geschwindigkeiten von 70 bis 80 km/h auch Ausreißer, wertete Wolfgang Huber (Grüne) die Messungen aus und fragte nach, welche Handlungsmöglichkeiten die Gemeinde habe. Koller erklärte, dass die Messzahlen an die Polizei weitergeleitet würden – in der Hoffnung, so Argumente für Radarmessungen zu liefern. Auch „Smileys“ könnten temporär aufgestellt werden.

Mit 20:1-Stimmen entschied sich der Rat gegen 30er-Zonen in diesem Bereich, denn: „Es ist eine Hauptverkehrsader von Heufeld. Hier muss der Verkehr fließen. Er ist durch parkende Fahrzeuge eh schon stark behindert“, erklärte Juliane Grotz (CSU/PW). Auch sie hielt es für die bessere Lösung, Verkehrsverstöße zu ahnden. Eine andere Chance gebe es auch nicht, wie Koller erläuterte: „Wir dürfen die StVO nicht dazu missbrauchen, um auf einzelne überhöhte Geschwindigkeiten bei erlaubten 50km/h mit einer generellen Geschwindigkeitsbeschränkung für alle zu reagieren.“

Weil sie als Spielstraße und Schulweg genutzt wird, sollte auch die Franz-von-Kobell-Straße auf Wunsch von Anwohnern in eine 30er-Zone umgewandelt werden. Die örtlichen und verkehrlichen Voraussetzungen würde sie nach der StVO erfüllen, informierte Koller. Kirsten Klein (Grüne) unterstützte den Antrag und schlug vor, den Bereich sogar noch größer zu fassen. Anna Wallner (CSU/PW) betonte, dass in diesem Bereich „rechts-vor-links“ gelte und keiner schneller als 30 km/h fahren könne. Zudem habe die Verkehrserfassung gezeigt, dass die Anwohner schon langsamer fahren, als sie jetzt beantragen. Der Antrag wurde mit 14:7 Stimmen abgelehnt.

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