Das Wort Gottes in der Muttersprache
Warum in der Wasserburger Frauenkirche das Vaterunser auf Portugiesisch gebetet wird
Rund 200 portugiesisch sprechende Bürger leben in Wasserburg, schätzt Pfarrer Barbosa aus München. Samstags verkündet er in der Frauenkirche Gottes Wort in ihrer Muttersprache. Warum das wichtig ist.
Wasserburg – Kein deutsches Wort in einer bayerischen Kirche? Ja, in Wasserburg gibt es Gottesdienste in Kroatisch und Portugiesisch – ein oft genutztes Angebot für die ausländischen Mitbürger. Klickt man auf die Online-Seite der Erdiözese München und Freising, fällt ohnehin die Vielzahl der Sprachen auf, in denen in der Region gepredigt wird: in Englisch, Französisch und Italienisch, aber auch in Polnisch, Rumänisch und Ungarisch. Das Wort Gottes ist ferner in exotischen Sprachen wie Vietnamesisch und Koreanisch zu hören.
Seit anderthalb Jahren spricht der portugiesische Pfarrer José Maria Barbosa in der Wasserburger Frauenkirche zu seinen aus Portugal oder Brasilien stammenden Glaubensbrüdern und -schwestern, und zwar jeden Samstagabend. Es macht ihm erkennbar Freude, die christliche Botschaft auch in der Innstadt zu verbreiten, eigentlich ist München sein Einsatzgebiet.
Seit 2017 im Landkreis Rosenheim
Der 57-Jährige stammt aus der Nähe von Lissabon, 2010 kam er als Vikar nach Deutschland. Seine erste Station war Frankfurt/Main, 2012 zog er nach München, dort fasste er Fuß in der portugiesisch sprachigen Katholischen Mission in der Landsberger Straße, wurde deren Chef. Er knüpfte Kontakte in den Landkreis Rosenheim, nachdem ihm zugetragen worden war, dass dort viele Bürger aus seiner Heimat leben. 2017 fing er an, Gottesdienste im Landkreis zu leiten – zuerst in Griesstätt, im Kloster Altenhohenau, seit November 2021 dann in Wasserburg. Die Zahl der Besucher ist freilich überschaubar – in der Regel nehmen hier etwa ein Dutzend Gläubige am Gottesdienst teil. „An den Festtagen wie Weihnachten und Ostern kommen natürlich mehr“, sagt Barbosa. Die Zahl der in Wasserburg lebenden Mitbürger, die portugiesisch sprechen, schätzt er auf 200. Sein Gottesdienstangebot werde dankbar angenommen, sagt er. „Ich bin sehr, sehr zufrieden in Deutschland“, sagt er.
Stadtpfarrer Bruno Bibinger hat gern die Türen für seinen portugiesischen Amtskollegen geöffnet: „Hauptsache, die Kirche ist voll“, lautet seine pragmatische Einstellung. Und er fügt hinzu: „Es schon etwas anderes, wenn man den Menschen in ihrer Muttersprache das Wort Gottes näher bringen kann.“ Für die kroatischen Glaubensbrüder gibt es ebenfalls eigene Gottesdienste, und zwar in der Kirche St. Konrad, jeweils am Samstag. Von einem eigenen Pfarrer, der aus München anreist, wird auch die ukrainische Gemeinschaft in Wasserburg betreut. Sie feiert Gottesdienste aber nur zu den kirchlichen Festen.