Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Christian Peiker kritisiert „ideologische Verbohrtheit“

„Personenkult ist mir suspekt“: Was ein Wasserburger Ex-Linker über die Wagenknecht-Partei denkt


Sahra Wagenknecht wird eine eigene Partei gründen, der Untergang der Linken? Christian Peiker, Stadtrat aus Wasserburg, hat den Wechsel anders vollzogen: von den Linken zur SPD. 
Globale Bildunterschrift*
durch Sie178 (26)
DPA/re
+
Sahra Wagenknecht wird eine eigene Partei gründen, der Untergang der Linken? Christian Peiker, Stadtrat aus Wasserburg, hat den Wechsel anders vollzogen: von den Linken zur SPD.

Auch er ist ein „Abtrünniger“: Christian Peiker aus Wasserburg verließ bereits vor zwei Jahren die Partei Die Linke. Er wechselte zur SPD. So denkt der 39-Jährige über die Identitätskrise der Linken und die neue Wagenknecht-Partei.

Wasserburg – Christian Peiker aus Wasserburg war 13 Jahre lang Mitglied der Partei Die Linke, engagierte sich auch in den Kreisverbänden Mühldorf und Rosenheim. Er kandidierte für den Land- sowie Bundestag. Peiker saß für die Linke Liste ab 2020 im Wasserburger Stadtrat. 2021 verließ er die Partei, 2022 trat er in die SPD ein. Auch er konnte die Politik der Linken nicht mehr mittragen. Wie denkt der Wasserburger über die geplante Parteigründung von Sahra Wagenknecht? Wird sie die Linken endgültig in die Bedeutungslosigkeit treiben? 

Christian Peiker

Herr Peiker, auch Sie haben vor zwei Jahren mit der Partei Die Linke Schluss gemacht. Können Sie verstehen, dass Sahra Wagenknecht nicht mehr weitermachen will und sogar eine neue Partei gründen wird?

Christian Peiker: Nicht nur Wagenknecht gründet eine neue Partei, sondern auch andere Linke, die es nicht geschafft haben, ihre inhaltlichen Probleme auf Parteitagsebene zu lösen. Ob die Abspaltung richtig war, wird die Zeit zeigen. Dass man die Linke verlässt, die auf dem besten Weg ist, eine unbedeutende Szenepartei zu werden, kann ich verstehen. Wobei Wagenknecht an diesem Zustand nicht unschuldig war. 

Warum haben die Linken in Deutschland so große Probleme, dass auch die Landtagswahlen in Bayern und Hessen für sie zum Debakel wurden? Typisch linke Themen gibt es ja eigentlich genug.

Peiker: Dafür braucht es einen Blick in die Vergangenheit. Die Linke gründetet sich 2007 aus der Fusion von ehemaligen SPD-Mitgliedern und der Nachfolgepartei der SED. Deutschland war damals reformbedürftig. Da gab es in der Bevölkerung Wünsche nach politischer Korrektur, insbesondere in der Sozialpolitik. Allerdings nahm man in Kauf, sich mit der Geschichte der SED auseinanderzusetzen. Da gab es auch Verklärungen der DDR, die ich nie mitgetragen habe und die mit Sicherheit ein Grund sind, warum sich Die Linke im Westen und insbesondere in Bayern nie wirklich etablierte. Heute hat Die Linke andere politische Themensetzungen, von denen die Partei nicht profitiert, wie zum Beispiel der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Das stellt die Linke inhaltlich auf den Kopf. Programmatisch steht man für die Abschaffung der NATO. Man fordert im Programm ein Verteidigungsbündnis mit Russland, was sich aktuell schwer verkaufen dürfte. Die Frage der Migration und der Asylpolitik zerreißt die Partei, weil sie nicht ehrlich debattiert wird.. Die Kernkompetenzen Der Linken, Politik für Arbeitnehmer und Rentner zu gestalten, sind straflässig vernachlässigt worden. Wagenknecht sprach von Lifestyle-Linken, das hat einen wahren Kern. Ein Beispiel: Wenn Menschen in Bayern teils über 50 Prozent des Einkommens für Miete ausgeben müssen, wenn Wohnungsnot besteht, wenn Wirtschaftsverbände vorschlagen, das Renteneintrittsalter auf 70 zu erhöhen, dann sind das Probleme, die dringend gelöst werden müssen. Da halte ich vor Bauarbeitern bestimmt keinen Zeitgeistvortrag über Gendern und LGBTQ.

Was war für Sie persönlich ausschlaggebend, dass Sie die Partei Die Linke verlassen haben?

Peiker: Der ausschlaggebende Punkt war die damalige Enthaltung der Linksfraktion im Bundestag, die Hilfskräfte der Bundeswehr in Afghanistan auszufliegen. Diese Ideologische Verbohrtheit, um jeden Preis Friedenspartei zu bleiben und damit alle Bundeswehreinsätze im Ausland abzulehnen, ging an der Realität vorbei. Mit der Außenpolitik der Linken hatte ich immer Bauchschmerzen, das war zuviel.  

Wie bewerten Sie die geplante neue Partei von Wagenknecht? Bundesweit soll sie auf Anhieb zweistellige Werte erreichen können.

Peiker: Egal wie diese Partei sich in Zukunft nennt, sie ist ausnahmslos mit der Person Wagenknecht verbunden und ein Personenkult ist mir fremd. Die neue Partei will sich vornehmlich auf Protestwähler stützen und es ist kein Geheimnis, dass Wagenknecht Menschen anspricht, die auch eine Alice Weidel gut finden. Diejenigen, die aus Überzeugung die AfD wählen, also eine teils rechtsextreme Partei, werden nicht über Nacht links. Die übrigen Protestwähler kommen und gehen und deren Wahlverhalten ergibt sich aus der aktuellen Stimmungslage, wieviel Vertrauen sie der Regierung schenken und wie zufrieden sie mit den Lösungen der Probleme des Landes sind.

Gäbe es für eine Wagenknecht-Partei auch Chancen im Landkreis Rosenheim?

Peiker: Aus meiner Sicht kann nur eine von beiden Parteien Bestand haben. Zwei kleine linke Parteien in Konkurrenz auf Bundesebene werden auf lange Sicht scheitern. Wer die Wahlergebnisse der letzten Jahre in unserem Landkreis kennt, der kann sich ausrechnen, wie hoch das Potential einer linkspopulistischen Partei in der Region ist. Das wird schwierig.

Kommentare