Wiesnigel Ignaz auf dem Rosenheimer Herbstfest
Streiflichter: Unsere Wiesn - nix für Gschaftlmeier, Gscheidhaferl oder Grantlhuawa
Ein aufgedeckter „Biermarkerl-Skandal“, ein schlimmes Klimakleber-Szenario, Boarisch-Französisches, Masstrinker-Verträge und schlechte Zeiten für Gscheidhaferl, Gschaftlmeier oder Grantlhuawa – das sind die neuen Streiflichter des Wiesnigels Ignaz auf dem Rosenheimer Herbstfest.
Skandal! Diesmal nicht im Sperrbezirk, sondern in der Box.
Marisa Steegmüller, geschäftsführende Gesellschafterin der Flötzinger Brauerei, wurde von einer Bedienung zu Hilfe gerufen, weil ein möglicherweise falsches Biermarkerl im Umlauf war. Marisa stellte schnell fest, dass es sich beim Corpus Delicti um eine täuschend echte Fälschung auf Stein handelte – ein wahres Gaunerstück.
Die Brauerei-Chefin nahm es mit Humor und schenkte dem „steinreichen“ Gast zwei echte Papier-Biermarkerl. Nun würde sich der Wiesnigel Ignaz freuen, wenn 2024 auf den echten Markerln aus der „Maß“ (falsches Boarisch) endlich die „Mass“ (richtiges Boarisch) werden würde. Schließlich ist es ein großer Unterschied, ob das Maß voll ist oder ob die Mass voll ist.
Gscheidhaferl, Gschaftlmeier, Grantlhuawa? Nein, danke! Die Jugend von heute feiert lieber
Wie sich die Zeiten ändern! Früher wurde in den Bierburgen geratscht und getratscht. Schon Jahrzehnte vor Corona galt an den Biertischen eine spezielle 3G-Regel: Gscheidhaferl, Gschaftlmeier, Grantlhuawa vor! Und so zerrissen sie sich das Maul über Großkopferte, Eigsaamte und Gschdudiade, über Zuagroaste, Zwiderwuazn und Zwetschgnmandln. Ebenso schlug die Stunde der Witzbolde – der Gaudiburschen, Schmarrnkiwen und Krampfhenna.
Aber diese Zeiten sind vorbei. Die jungen Leute von heute wollen in den Biertempeln weder Volksreden noch Kalauer hören. Sie halten es eher mit der 3F-Regel: Feiern, Feiern, Feiern!
Und so verwandeln sich Auerbräu-Festhalle, Flötzinger-Festzelt, Tatzlwurm-Weinhütte und Proseccostadl jeden Abend in große Konzert-Arenen – zumal die Bands musikalisch mit der Zeit gehen und auch optisch alle Register ziehen.
Alles ist möglich, sogar bayerische Blasmusiker, die als Punk mit „Iro“ auf dem Kopf die Stimmung anheizen. Jetzt fehlt nur noch, dass Campino davon Wind kriegt und mit seinen Toten Hosen auf die Wiesn kommt, um sich an Tagen wie diesen Unendlichkeit zu wünschen.
Boarisch – eine französische Angelegenheit
Vive la France! Unser Boarisch wäre nur halb so schön ohne die vielen Wörter aus dem Französischen.
Wia langweilig waarad des – so ganz ohne Blamasch, Bagasch, Visasch, Kurrasch, Passahsch, Appanasch oder Enturasch! Ohne Portmonä, Parablü, Kanabä, Trottoa, Böfflamott, Salettl, oide Schäsn und Bodschambbal; ohne Schaffea, Schandarm und Madam; ohne a Rewasch! Schiach, malad, leschea, tratzn, zuzln, pressian, schikanian, kredenzn: Ois Wörter ausm Französischen. Ja Mersse!
Deshalb freute sich der Wiesnigel Ignaz umso mehr, als er beim Wiesn-Einzug auf ein Dutzend Südfranzosen aus Graulhet traf. Die Delegation aus Okzitanien führte Bürgermeister Blaise Aznar (rechts) an. Hintergrund: Seit 51 Jahren bestehen Freundschaft und Partnerschaft zwischen Graulhet (13 000 Einwohner) und der Chiemsee-Gemeinde Prien. Zur Enthüllung eines Friedensdenkmals, das von drei jungen französischen Künstlern am Haus der Jugend am Seestraßen-Kreisel geschaffen wurde, kamen die Gäste extra den weiten Weg nach Prien.
Natürlich ging es dabei auch aufs Herbstfest, wo es prompt zum gallo-boarischen „Wisawi“ (Vis-à-vis) mit dem Wiesnigel Ignaz kam.
Weit weg vom großen Politbeben
Er hat es gut: Während die Flugblattaffäre die politische Landschaft in Bayern wie ein Erdbeben erzittern lässt, kann sich Peter Gauweiler (74) – weit weg vom Epizentrum – mit Ehefrau Eva in aller Ruhe eine Festmass in Rosenheim schmecken lassen. Dabei war der streitbare ehemalige CSU-Politiker aus München oft genug selbst mittendrin im Sturm – wegen seiner ganz speziellen Sicht auf die Dinge, etwa die Kriege und Konflikte im Irak, in Afghanistan oder in der Ukraine. 1992 bezeichnete er als Bayerns Umweltminister die Maastrichter Verträge als „ausgemachte Schnapsidee“. Der Wiesnigel Ignaz kann ihm da nur recht geben. Masstrinker-Verträge wären besser gewesen.
Paul McCartney und die Biermarkerl
Nach dem herzhaften Genuss von ein paar Mass Festmärzen kam beim Wiesnigel Ignaz etwas Wehmut auf – auch wegen des damit zwangsläufig verbundenen Verlusts einiger Biermarkerl. Und so fiel ihm ein alter Beatles-Klassiker ein: „Yesterday, were all my Biermarkerl no ned away.“
Hier ist kein Sekundenkleber drin
An die Taschenkontrollen auf der Wiesn, eingeführt im Terrorjahr 2016, hat sich der Wiesnigel Ignaz längst gewöhnt. Doch nun versetzen ihn die Aktivisten der „Letzten Generation“ schon in Panik. Klimaretter, die sich mit Sekundenkleber oder Schnellzement an Zapfhähnen und Schänken festkleben und den Biernachschub womöglich für Stunden blockieren könnten – das wäre wirklich das Letzte!
Warten auf den 1543er oder den ÖBNV?
Wie bestellt und nicht abgeholt – so saß Wiesn-Clown Rudi Balloni in der Bushalthaltestelle. „Wenn du auf den 111er oder den 1543er wartest, sitzt du hier noch ewig“, scherzte der Wiesnigel Ignaz. Aber der Rudi weiß genau, wie er mit dem ÖBNV, dem Öffentlichen Balloni-Nahverkehr, auf schnellstem Weg zur Wiesn kommt. Er kann die vielen Kinder schließlich nicht warten lassen.
Himmelblaues für die Seele
Der „Wedagod“ meint es bisher nicht wirklich gut mit der Wiesn. Deshalb gibt es an dieser Stelle ein Gute-Laune-Bild vom Auftaktsamstag, als sich der Himmel vor dem großen Sturm noch wolkenlos und von seiner hellblauesten Seite zeigte. Aber die Aussichten sind nicht schlecht: Spätestens am Freitag soll die Sonne wieder lachen über dem Herbstfest.
(Anton Hötzelsperger, Hendrik Heuser, Schlecker)








