Rosenheimer Herbstfest
Wiesnigel Ignaz fragt sich: Gehören jetzt Gummistiefel zum Dirndl?
Härtetest bestanden: Die Rosenheimer Wiesn ist nicht nur gemütlich und zünftig, sie steht auch wie eine Eins. Das ist eine neue Erkenntnis nach der großen Sturmflut vom Samstag. Doch der Wiesnigel Ignaz fragt sich jetzt, ob Gummistiefel zu Dirndl und Lederhose bald schon eine Option sind.
Rosenheim – Wer der Wiesnigel ist? Viele wissen das, aber nicht alle, obwohl ein Herbstfest ohne den Ignaz undenkbar ist. Deshalb fährt der beliebte Wiesnigel des OVB-Redaktionsteams auch heuer wieder an 16 Rosenheimer Herbstfest-Tagen mit spitzer Feder die Stacheln aus und stöbert für unsere Leserinnen und Leser nach kleinen und großen Nebensächlichkeiten im turbulenten Geschehen.
Dabei gilt erneut: Die Beiträge bitte nicht bierernst nehmen. Viel Spass beim Lesen und auf der Wiesn! Prost!
Na hawedere: Nach dem Bilderbuch-Auftakt kam die kalte Dusche
Kniehohe Gummistiefel zu Dirndl und Lederhose? Eigentlich ein grotesker Gedanke, aber seit Samstag gar nicht mehr so abwegig. Denn so einen verrückten und stürmischen Start wie heuer hat es auf dem Rosenheimer Herbstfest noch nie gegeben.
Gegen 17 Uhr peitschte ein blitzschnell heraufziehender Sturm so viel Wind, Regen und Hagel über die Loretowiese, dass sich Teile des Festgeländes in einen riesigen See verwandelten. Manche nahmen die kalte Dusche mit Humor und Begeisterung, andere strandeten Schutz suchend auf dem Kinderkarussell und sahen dem völlig durchnässten Wiesnvolk ungläubig dabei zu, wie es sich barfuß und mit hochgezogenen Röcken den Weg durch die Fluten bahnte.
Dabei hatte die Wiesn mittags noch einen wahren Bilderbuchstart hingelegt. Tausende gut gelaunte und fesch herausgeputzte Wiesngänger verfolgten bei bestem Herbstfestwetter den Festzug durch die Stadt, die Festreden und das Anzapfen. Da war noch alles in trockenen Tüchern, ehe gegen 17 Uhr das Unwetter so blitzartig und erbarmungslos über die Wiesn herfiel wie a durstiger Bierdimpfe über a frische Mass.
Immerhin: Auch wenn es da und dort kurz reinregnete, etwa ins Flötzinger-Festzelt, wurden dem Wiesnigel weder ernste Verletzungen noch Schäden gemeldet.
„162. Rosenheimer Herbstfest“ – das gehört doch in die Wortstofftonne
Der Wiesnigel Ignaz wundert sich jedes Jahr aufs Neue über eine sehr sonderbare Herbstfest-Arithmetik. Diesmal ist das nicht anders: 2023 finde das 162. Herbstfest statt, hieß es in Grußworten, Festreden oder offiziellen Pressemitteilungen – und auch Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März war seiner Zeit weit voraus, als er bei seiner Eröffnungsansprache am Samstag das „162. Herbstfest“ eröffnete. Aber das ist ein Schmarrn.
Wenn es wirklich das 162. Herbstfest wäre, dann hätten wir ja 2021 die 160. und 2020 die 159. Wiesn feiern müssen. Doch gefeiert worden ist in dieser düsteren Corona-Zeit gar nix. Richtig ist hingegen, dass die Geschichte des Rosenheimer Herbstfests 1861 begonnen hat – also vor 162 Jahren.
Richtig ist auch, dass 2011 groß das 150-jährige Bestehen (oder der 150. Geburtstag) gefeiert wurde – nicht aber die 150. Wiesn. Weil Katastrophen, Kriege und Seuchen schon vor 2020 und 2021 immer wieder für Zwangspausen gesorgt haben, findet 2023 „erst“ das 89. Herbstfest statt. 2034 wäre dann also die 100. Wiesn fällig. Und das 162. Herbstfest wird in ferner Zukunft – wenn nichts dazwischenkommt – erst im Jahr 2096 stattfinden…
Schwoam mas owe? Nicht mit Aiwanger
„Schwoam mas owe“ – sagt man in Bayern gern. Das heißt in etwa: Lasst uns den Ärger und die Sorgen einfach mit einer Mass Bier hinunterspülen.
Doch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, am Samstag plötzlich schwer in die Schusslinie geraten, (Freie Wähler) ist wohl nach den jüngsten Antisemitismus-Vorwürfen die Lust auf eine Trost-Mass auf der Rosenheimer Wiesn derart vergangen, dass er seine ratlosen Parteifreunde in der Flötzinger-Box fast eine Stunde vergeblich warten ließ.
Den angekündigten Rosenheim-Besuch hatte der FW-Chef nicht abgesagt. Trotzdem kam er nicht. Erst später ließ sich Aiwanger entschuldigen. Josef Lausch, FW-Landtagskandidat im Stimmkreis Rosenheim-West, hat Verständnis für das Nichterscheinen und die verspätete Absage: „Eine Ausnahmesituation, da war viel Druck auf dem Kessel.“
In dubio Prosecco!
Am ersten Wiesntag gehen Max Fraenkel und Franz Stettner vom Proseccostadl zwar nicht für einen Ritterschlag in die Knie, aber ein festes Wiesn-Ritual ist der Stereo-Kniefall trotzdem. Schließlich ist das feierliche Köpfen der ersten Proseccoflasche inzwischen ein Akt, der seit 34 Jahren fest dazu gehört auf dem Herbstfest. Da wird der Wiesnigel Ignaz wieder einmal zum Lateiner und gibt die unvermeidliche Parole dazu aus: In dubio Prosecco!
Premiere für Holzhütte: Dreimal Anzapfen und ein Segen
Da schaute natürlich jeder genau hin: Wo sich bisher die Ochsenbraterei in der Inntalhalle befand, steht jetzt der Holzbau „Johann Auer auf der Wiesn“. Moderator Peter Kirmair hat sich schon festgelegt: Die neue Holzhütte sei „eine Wucht“. So kam es, dass heuer gleich drei Fassl angezapft wurden. Und der kirchliche Segen durfte dabei nicht fehlen. Jesus und Gott seien die Begründer von Volksfesten gewesen, zitierte die evangelische Dekanin Dagmar Häfner-Becker aus der Bibel und gab mit ihrem katholischen Kollegen Andreas Maria Zach den kirchlichen Segen.
Die Wirtsfamilie Heinrichsberger und „Baumeister“ Thomas Dettendorfer heimsten großes Lob ein, und OB Andreas März legte einen „Doppelpack“ im Anzapfen hin, nachdem er zuvor im Flötzinger-Festzelt schon den Bierschlegel geschwungen hatte. Musik gibt‘s dort auch: Jeden Tag spielt abwechselnd eine andere Gruppe. Am Samstag waren es die „Talbachbuam“.
Neue Festwirtsfamilie in der Flötzinger-Festkutsche
Fesch rausputzen, schauen und gesehen werden: Das gilt beim Herbstfest-Einzug natürlich auch für die Kutschen der zwei Rosenheimer Brauerein. In der einen Flötzinger-Kutsche saßen am Samstag mit der geschäftsführenden Gesellschafterin Marisa Steegmüller, Franz Steegmüller senior sowie Sebastian und Sophie Steegmüller vier bekannte Gesichter.
Aber die Festwirtsfamilie im Flötzinger-Festzelt heißt jetzt nicht mehr Kirner, sondern Schmidt. In der anderen Kutsche: das neue Festwirts-Ehepaar Andreas und Beate Schmidt mit den Töchtern Victoria und Laetitita sowie Laura und Franzi Stadler von der Brauereifamilie Steegmüller.
Große Vorfreude in den beiden Auerbräu-Kutschen
Vorfreude auf 16 ausgelassene Rosenheimer Wiesn-Tage auch in den beiden Auerbräu-Festkutschen: Hier die beiden Auerbräu-Geschäftsführer Thomas Frank und Dirk Steinebach mit ihren Ehefrauen Marlise Frank und Sonja Steinebach, dort die Festwirtsfamilie Heinrichsberger aus Aschau im Chiemgau, die heuer – nach der gelungenen Premiere von 2022 – in ihr zweites Wiesn-Jahr in der Auerbräu-Festhalle geht.
Das Bockerl – vom Winde verweht
Da war die Wiesnbockerl-Welt noch in Ordnung: Reinhold Frey vom Wirtschaftlichen Verband (WV) und Jens Köhler (meine Volksbank Raiffeisenbank eG) stehen hier vor dem nostalgischen Mini-Zug, der aber vom Unwetter so schwer erwischt wurde, dass das Taferl oben vom Sturmwind fortgerissen wurde. Jetzt ist es verschwunden. Dem Finder verspricht der WV einen Finderlohn in Form eines Herbstfestpakets mit Gutscheinen für die Wiesn. Einfach beim WV melden unter 0 80 31-90 06 161.








