Giftstoffe in Grundwasser und Nahrungskette
Verseuchtes Erdreich in Natzing: So geht es mit der Sanierung voran
Die letzten Reste des verseuchten Erdreichs sind aus dem Filterbecken in Natzing (Gemeinde Eggstätt) entfernt, der Neuaufbau kann beginnen. Kostenpunkt: Stolze 800.000 Euro.
Eggstätt – Die Sanierungsarbeiten nach dem Umweltschaden in Natzing gehen in die nächste Runde. Im März wurde die Drainageschicht des Retentionsfilterbeckens entfernt und das Kanalsystem ein weiteres Mal gespült. Anschließend hob eine Fachfirma weitere 30 Zentimeter tief den Untergrund des Rückhaltebeckens aus, um die letzten Reste des verseuchten Erdreichs zu entfernen.
Retentionsfilterbecken: Bauantrag ist gestellt
Nun kann mit dem Neuaufbau des Retentionsfilterbeckens begonnen werden – Arbeiten, die mit Kosten von rund 800.000 Euro veranschlagt werden. Der Bauantrag hierfür liegt bereits den Fachbehörden vor und befindet sich derzeit in der Genehmigungsphase. Der Beginn der Bauarbeiten hängt am Sanierungsfortschritt des Grundwassers. Einen Grenzwert, ab dem das möglich ist, gibt es laut Bauamtsleiter Bernd Ruth nicht. Im Sommer wollen die Gemeinde, die von der Gemeinde eingeschaltete Fachfirma und das Wasserwirtschaftsamt sich die Lage nochmal daraufhin anschauen.
Eggstätts Bürgermeister Christian Glas hat auch die finanziellen Auswirkungen der Sanierungsarbeiten im Blick: „Wir hoffen, dass wir durch die Aufklärung dieser Straftat dieses Jahr Mittel nach dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) erhalten. Der Umweltschaden hemmt uns auf mehreren Ebenen – viele Projekte müssen auf Grund der finanziell angespannten Situation warten oder stehen gar auf dem Prüfstand.“ Die Beantragung der sogenannten FAG-Mittel durch die Gemeinde läuft derzeit.
Zivilrechtliche Klage ist auf dem Weg
Zuvor muss die Gemeinde den Verursacher allerdings noch zivilrechtlich verklagen. Sie hat ihm die bis zum Jahreswechsel 2021 angefallenen Kosten von gut einer halben Million Euro in Rechnung gestellt. Musste aber bis zur strafrechtlichen Verurteilung warten, bis die Zivilklage eingereicht werden konnte. Der Mann ist zu drei Jahren Haft verurteilt, die Vorbereitung der Zivilklage läuft.
Dr. Hadumar Roch vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim erklärt, dass die ins Grundwasser gelangten fluorhaltigen Verbindungen aufgrund einer tückischen Konstellation besonders schädlich sind. Zum einen sind diese Tenside extrem langlebig. Zum anderen sind sie wasser- und fettlöslich, reichern sich deswegen in allen Lebewesen, ob Tier ob Mensch, an. „So werden sie in die gesamte Nahrungskette geschleust. Sie bauen sich dabei nicht etwa ab, sondern werden immer mehr.“
Deswegen seien auch die Grenzwerte so niedrig. Da die fluorhaltigen Verbindungen ins Grundwasser gelangt seien, müsse die Gemeinde das Grundwasser durch Aktivkohlefilter jagen. „Eggstätt hat ja auch schon eine Menge rausgeholt“, so Roch, aber eben noch bei Weitem nicht alles. Er befürchte, das werde noch Jahre dauern. Und sei mit relativ hohen Kosten verbunden.
Wenig Hoffnung auf baldige Besserung
Auch Diplom-Biologe Peter Niesselbeck konnte Bürgermeister Glas bei der Verhandlung gegen den Verursacher, einen 49-jährigen Brandschutztechniker, keine Hoffnung auf baldige Besserung der Lage machen: Weil weder Richtung noch Fließgeschwindigkeit des Grundwassers vorhergesagt, geschweige denn kontrolliert werden könne, „muss noch auf Jahrzehnte hinaus das Grundwasser kostenintensiv kontrolliert und gegebenenfalls mit Aktivkohle gereinigt werden.“ Die schnelle Reaktion vor allem der Gemeinde, aber auch von Polizei, Landratsamt und Laboren, hätte aber größeren Schaden vermieden.