Nur etwa die Hälfte hält sich dran
Überholverbot für…? – Was es mit dem seltenen Verkehrsschild in Prien auf sich hat
Es ist eine Rarität in Prien. Und nicht jeder scheint sich mit seiner Bedeutung auszukennen: Ein Überholverbotsschild mit einem Fahrrad und einem Motorrad drauf. Was es genau verbietet und welche Strafen bei Missachtung drohen.
Prien – Ein rundes weißes Schild mit rotem Rahmen, in der Mitte ein rotes und ein schwarzes Auto. Dieses Schild ist wohl jedem bekannt. Es bedeutet für alle Kraftfahrzeuge: Überholen verboten! In manchen Fällen ist statt des roten Autos ein Lastwagen abgebildet, was heißt: Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen dürfen nicht überholen. Und in der Priener Seestraße gibt es dann noch eine absolute Rarität. Auf jeder Straßenseite befindet sich ein Schild, auf dem statt des schwarzen Autos ein Fahrrad, darunter ein Trennstrich und darunter ein Motorrad abgebildet sind.
Mancher sieht stattdessen aber nur ein Fragezeichen. Auch das OVB kam erst durch den Hinweis einer Leserin auf das Schild. „Das ist mir noch nie so wirklich aufgefallen“ oder „die genaue Bedeutung könnte ich jetzt nicht sagen“. Diese Aussagen hörte ein OVB-Reporter bei einer Umfrage in Prien. Einige gaben auch an, die Verkehrszeichen stünden erst seit Kurzem dort. Tatsächlich existieren sie aber bereits seit etwa acht Monaten, wie Priens Bürgermeister Andreas Friedrich auf OVB-Nachfrage mitteilt.
Seit 2020 strengere Regeln beim Überholen
Aber was hat es nun mit diesem Schild auf sich? Es handelt sich um das Verkehrszeichen 277.1, das in Deutschland im Zuge der Novelle der Straßenverkehrsordnung 2020 eingeführt wurde. So wurde zum Einen der Abstand beim Überholen festgelegt. „Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden (kleine, batteriebetriebene Kraftfahrzeuge, wie E-Roller) beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m“, heißt es im §5, Absatz 4 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).
Zudem wurde eben auch dieses neue Verkehrszeichen 277.1 eingeführt, mit der Beschreibung „Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen“. Heißt im Klartext: Verkehrsteilnehmern wie Lastwagen- oder Autofahrern, genau so wie Motorradfahrern mit Beiwägen, ist es ab diesem Zeichen verboten, einspurige Fahrzeuge wie zum Beispiel Motorräder (ohne Beiwägen), Mofas und Fahrräder zu überholen. Aufgestellt wird es meist an unübersichtlichen Stellen.
Gefahrenstelle für Radfahrer
So ist es auch an einem Teil der Priener Seestraße der Fall. „In diesem Bereich herrscht sehr viel Verkehr, es sind auch viele Radfahrer unterwegs und der Bereich ist ziemlich kurvig“, erklärt Bürgermeister Friedrich. Und es gibt noch eine Gefahrenstelle: Die Gleise der Chiemsee-Bahn queren die Straße. Das habe laut Friedrich in der Vergangenheit auch schon zu Unfällen geführt. „Als Radfahrer muss man ein bisschen in die Straßenmitte reinfahren, um die Gleise möglichst rechtwinklig passieren zu können, aber wenn ich noch überholt werde, kann ich da nicht in die Mitte fahren“, betont das Gemeindeoberhaupt.
Im April 2021 fasste der Marktgemeinderat deshalb den Beschluss, diese Gefahrenstelle zu entschärfen. „Dazu wurden eine 30er-Beschränkung und eine Querungshilfe eingerichtet“, sagt Friedrich. Im November 2022 habe man dann mit der Polizei über die Anbringung des Verkehrszeichens 277.1 gesprochen. Das Priener Gremium „Runder Tisch Verkehr“ hatte das Vorhaben anschließend freigegeben und im Dezember 2022 wurden dann die beiden Schilder aufgestellt, die auf das Überholverbot hinweisen, erklärt Friedrich, und auch zwei Zeichen die das Ende des Überholverbots verdeutlichen.
Aber wenn das Schild nicht so bekannt ist, halten sich die Leute dann auch nicht an das Überholverbot? Wie ein OVB-Redakteur bei einer Verkehrsbeobachtung feststellt, etwa die Hälfte nicht. Doch die Verstöße ziehen Strafen nach sich, wie ein Beamter der Polizei Prien informiert. Eine Geldbuße von 70 Euro, außerdem gibt es einen Punkt in Flensburg.
