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Nach Hinweisen besorgter Eltern

Verdächtiger in Ostermünchener Missbrauchsfall bereits 2022 im Visier der Polizei

Bei dem 25-jährigen Verdächtigen aus Ostermünchen (links das Schulhaus) haben die Ermittler Dateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt gefunden.
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Bei dem 25-jährigen Verdächtigen aus Ostermünchen (links das Schulhaus) haben die Ermittler Dateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt gefunden.

Besorgte Eltern hatten der Polizei bereits 2022 von auffälligem Verhalten des Mannes berichtet, der heuer im Frühjahr wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Kindern festgenommen wurde. Kann es wirklich sein, dass so lange keiner sonst etwas ahnte?

Tuntenhausen – Ungläubigkeit herrscht in weiten Teilen der Gemeinde Tuntenhausen immer noch darüber, dass ein Bürger aus dem eigenen Umfeld so plötzlich wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs an mehreren Buben festgenommen wurde. Sowohl die Grund- und Mittelschule Ostermünchen, wo der 25-Jährige in der Offenen Ganztagsbetreuung beschäftigt war, als auch der Sportverein Ostermünchen (SVO), wo er Mitglied war, betonen, zu keiner Zeit Anzeichen für ein Fehlverhalten des jungen Mannes, den alle kannten, bemerkt zu haben.

Polizeisprecher: „Es gab keine Anzeige“

Anders offenbar einige Eltern, die – wie Polizeisprecher Stefan Sonntag auf Anfrage des OVB bestätigte – sich bereits im Jahr 2022 an die Polizei gewandt hatten und von Auffälligkeiten und Verdachtsmomenten berichteten: Er habe sich Kindern gegenüber merkwürdig verhalten oder sie eingeladen, bei ihm zu übernachten. Man habe Bedenken, dass er sich Kindern in unzulässiger Weise nähern könnte. Gerüchte, es sei auch Anzeige erstattet, diese dann aber „auf Druck“ wieder zurückgezogen worden, weist Sonntag klar zurück: „Es gab keine Anzeige.“

Beamte sprachen mit Beschuldigtem vor Ort

Bei den Hinweisen der Eltern habe es sich um „vage Verdachtsmomente“ gehandelt. Diese habe man ernstgenommen. So hätten Polizeibeamte den Mann in Ostermünchen aufgesucht und eine so genannte Gefährderansprache gehalten. Bei einer Gefährderansprache wird die betreffende Person sowohl über die geltende Rechtslage informiert als auch über Maßnahmen, die die Polizei im Fall einer bevorstehenden oder erfolgten Störung ergreifen wird. Auch im Ostermünchner Fall sei dies dem Betreffenden klipp und klar deutlich gemacht worden, versichert der Polizeisprecher.

Solange keine Beweise vorliegen, sei dies das Mittel, das der Polizei zur Verfügung stehe, betont Sonntag und erklärt, dass es unter anderem auch von der Konkretheit und Schwere der geschilderten Vorfälle sowie den Datenschutzvorgaben abhänge, ob und wann weitere Personen informiert würden. Er stellt aber auch klar: „Wenn wir noch jemanden verständigen, dann würden wir das nicht sagen.“

Abschreckungseffekt in diesem Fall nicht wirksam

Der Einschüchterungs- und Abschreckungseffekt, der durch die laut Gesetz vorgesehene Gefährderansprache erreicht werden soll, habe in diesem Fall jedoch leider nicht funktioniert, räumt Sonntag ein. Selbst eine Hausdurchsuchung am 1. März im Zuge der Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, die zentral für die Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zuständig ist, und bei der laut Oberstaatsanwalt Thomas Goger eine Vielzahl von Daten mit kinder- und jugendpornografischen Inhalten gefunden wurde, scheint nicht diesen Effekt gehabt zu haben.

Denn während der Ermittlungen habe sich noch ein weiterer Verdacht gegen den Mann ergeben: Der 25-Jährige soll in mehreren Fällen männliche Kinder zu sexuellen Handlungen überredet und auch sexuelle Handlungen an diesen Kindern begangen haben. Die Rede ist von sechs Kindern beziehungsweise Jugendlichen zwischen elf und 13 Jahren. Auch nach der Durchsuchung soll der Beschuldigte noch Kontakt zu einem Buben gesucht haben. Daraufhin sei wegen Wiederholungsgefahr am 4. April der Haftbefehl ergangen.

Die Vorstandschaft des SVO hatte nach Bekanntwerden der Vorfälle mit Nachdruck betont, aus allen Wolken gefallen zu sein, als die Kriminalpolizei Rosenheim am 22. März über die Vorfälle informiert und die Vereinsräumlichkeiten mit den beim Verdächtigen gefundenen Aufnahmen verglichen. Im Gespräch mit dem Beamten sei zwar zur Sprache gekommen, dass es einmal eine Anzeige gegeben habe, doch dass im Nachgang nichts dabei herausgekommen sei.

„Wenn wir im Vorfeld nur den Hauch eines Verdachts gehabt hätten, hätten wir doch sofort reagiert“, beteuert Vorstandssprecher Peter Niedermeier. Und betont ein weiteres Mal, niemand im Vereine habe Auffälligkeiten wahrgenommen: „Und nur weil jemand gut mit jungen Leuten umgehen kann, ihre Sprache spricht und einen guten Draht zu ihnen hat, verdächtigt man ihn nicht gleich.“

Niedermeier erklärt auch, warum man nicht gleich die Mitglieder informiert habe: Die Beamten seien ihren Aussagen zufolge am 22. März noch im Vernehmungsstadium gewesen und hätten eindringlich darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Informationen weitergegeben werden sollten. Ähnlich habe es sich auch bei der Schule verhalten, wie die Schulleitung und Bürgermeister Georg Weigl auch bei der Bürgerinformationsveranstaltung am 22. Juni betont hatten. „Doch als wir das Okay von der Polizei hatten, haben wir sofort informiert.“

Dass zu Beginn von Ermittlungen die Befragten zunächst um Stillschweigen gebeten werden, sei mehr oder weniger die Regel, bestätigt Polizeisprecher Sonntag. Zum einen, weil ansonsten die Ermittlungen gefährdet werden können und zum anderen, weil – was immer wieder vorkomme – eine Person vollkommen zu unrecht diskreditiert werden könnte. Sonntag weist auch auf die Unschuldsvermutung hin, gemäß der ein Angeklagter bis zum rechtskräftigen Beweis seiner Schuld als unschuldig zu gelten hat.

Bürgermeister Weigl bekräftigte auch am Mittwoch (28. Juni) noch einmal mit einem nachdrücklichen „Nein“, dass im Vorfeld keinerlei Anzeichen auf ein Fehlverhalten des Beschuldigten bei der Gemeinde angekommen seien. „Das erschreckt mich direkt“, sagte er, als er erfuhr, dass es im vergangenen Jahr bereits eine Gefährderansprache gegeben habe. Er selbst habe über die Schule von dem Verdacht erfahren, die die Gemeinde als Trägerin der Offenen Ganztagsschule, bei der der Beschuldigte tätig war, informierte.

Zu den Gerüchten, dass Schule, Verein und Gemeinde doch etwas von den Elternhinweisen an die Polizei mitbekommen haben müssten, meint Weigl: „Im Nachhinein kann man immer viel spekulieren.“ Abgesehen davon, dass man wirklich nichts gewusst habe, betont er aber – wie auch schon eine Mutter bei dem Infoabend – auch: „Es wäre eine Katastrophe, wenn man jemanden aufgrund von reinen Spekulationen vorverurteilen würde.“

Indes erklärt Stefan Sonntag, dass es durchaus vorkomme, dass Personen der Polizei erst einmal vertraulich Hinweise geben, wenn sie einen Verdacht hegen, aber niemanden in Verruf bringen wollen, und ansonsten Stillschweigen bewahren. „Das ist auch genau der richtige Weg. Wir sind die Experten, wir können damit umgehen und wissen, was zu tun ist.“ Zunächst würde man erst einmal Indizien sammeln, die entweder den Verdacht erhärten oder entkräften. Das sei klassische Kripoarbeit.

SVO: Haben uns bei Kripo genau erkundigt

Dazu hatte auch der Termin beim SVO gezählt. Man habe den Beamten gezielt gefragt, ob mit einer Gefährdung der Mitglieder zu rechnen wäre, erklärt Peter Niedermeier. Doch sei dieser überzeugt gewesen, dass davon nach der Hausdurchsuchung und Belehrung nicht auszugehen sei.

Umso mehr sei er erstaunt gewesen, als er erfahren habe, dass es dennoch zu einem weiteren Kontaktversuch des Mannes mit einem Kind gekommen sein soll. Beim Verein habe der Beschuldigte schriftlich alle Ämter niedergelegt und alle Schlüssel abgegeben. „Wenn wir ihm alles nehmen, will er auch nicht mehr beim Verein sein, meinte er“, so der Vorstandssprecher.

Weitere Auskünfte sind im Moment nicht zu bekommen, auch die Schule äußerte sich nicht. Dem Mitarbeiter wurde gekündigt, er hat Haus- und Betretungsverbot. 

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