Diskussion im Gemeinderat
Gibt es keine Alternative? Stephanskirchen und die 101 Flüchtlinge im Gewerbegebiet
Alternativen zur Flüchtlingsunterkunft in einem Industriegebäude suchen, möglichst dezentral. So lautete ein Antrag von SPD und Grünen im Stephanskirchner Gemeinderat. Die Diskussion war kontrovers.
Stephanskirchen – Sie waren und sind so stolz auf den 2015 eingeschlagenen „Stephanskirchner Weg“, die Kommunalpolitiker der Gemeinde. Und – ja, auch die Verwaltung. Vor neun Jahren verhinderten die Kommunalpolitiker auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Rainer Auer (parteilos) den Bau einer Containersiedlung für 96 geflüchtete Menschen in Westerndorf. Indem sie kurzentschlossen dezentrale Unterkünfte an fünf Standorten bauen ließen.
Ein Weg, der jetzt verlassen wurde? Ja, finden SPD, Grüne und AfD. Nein, meinen Parteifreie Bürger, CSU, UF, Freie Wähler und Bayernpartei. Denn in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates ging es um die Dauerunterkunft für 101 Menschen, die in einem leerstehenden Gewerbegebäude in der Hofmühlstraße vom Landkreis eingerichtet werden soll. Das will in Stephanskirchen niemand in Verwaltung und Gemeinderat. Gegenvorschläge? SPD und Grüne hatten einen Antrag gestellt, alternative Standorte für Flüchtlingsunterkünfte in der Gemeinde zu suchen. Er wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Verwaltung will nicht suchen
Kein schnelles Verfahren, keine Planung ohne große Ausschreibung, doppelte Baukosten, halbierte Mieten, im Haushalt 2024 nicht vorgesehen und keine schnelle Refinanzierung. Das waren die Gründe der Verwaltung, eine Ablehnung des Antrags von SPD und Grünen vorzuschlagen. Zumal die zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt, Roxanne Scheurl, der Verwaltung mitgeteilt hatte, dass der Landkreis auf den Bau dezentraler Unterkünfte nicht warten könne und zudem einen Mietvertrag mit dem Eigentümer des Gebäudes in der Hofmühlstraße abgeschlossen habe, der nicht kündbar sei. „Den Juristen will ich sehen, der einen solchen Vertrag gutheißt“, zweifelte Steffi Panhans (SPD), die dritte Bürgermeisterin, in Sachen Immobilien sehr erfahren, diese Aussage an.
Umbau der bestehenden Unterkünfte möglich
Das Landratsamt werde an der Unterkunft Hofmühlstraße 34 festhalten, so Scheuerl. Dezentrale Unterkünfte „statt der Großunterkunft sind nicht möglich“, so Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie Bürger). Natürlich wäre es gut, „wenn wir Immobilien hätten, die wir schnell und unkompliziert umnützen könnten. Die haben wir aber nicht“, so der Bürgermeister. Eine Aufstockung oder Erweiterung der bestehenden Unterkünfte sei baurechtlich aber möglich, wandte Steffi Panhans ein.
Handeln, nicht nur reagieren
Sie erinnerte daran, dass es auch 2015 kein einfacher Weg gewesen sei. „Aber wir sind ihn gegangen, trotz erheblicher Hindernisse.“ Und es sei ein Erfolgsmodell geworden, attestierte Friedrich Kreutz (AfD). „Wir müssen aus der reaktiven Ecke herauskommen, endlich wieder aktiv werden“, forderte Steffi Panhans ihre Gemeinderatskollegen auf. Unterstützung kam von Kreutz: Weder die EU noch die Bundesregierung bekämen ein vernünftiges Einwanderungsgesetz hin. „Dann müssen wir eben selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Ich finde auch deswegen den Antrag von SPD und Grünen sehr gut und sehr richtig.“
Ihm gefalle der Antrag schon auch, versicherte Stephan Mayer, Fraktionsvorsitzender der Parteifreien Bürger, denn er verfolge hehre Ziele. Da das Landratsamt der Gemeinde aber eher Knüppel zwischen die Beine werfe, als sie zu unterstützen, halte er den Antrag allerdings für nicht umsetzbar. Es könne nicht sein, dass das Landratsamt über die Köpfe der Kommunen hinweg entscheide und Unterkünfte mit Macht durchsetze „und wir ergeben uns“, fand Kreutz.
Janna Miller (Die Grünen) war sichtlich angefressen: „Es sagen zwar alle, dass wir den ‚Stephanskirchner Weg‘ weitergehen wollen, aber mit der Beschlussvorlage der Verwaltung, nach anderen Möglichkeiten nicht einmal zu suchen, haben wir es jetzt schwarz auf weiß, dass dieser Weg nicht weitergeht.“ So gesehen wurde aus dem „Stephanskirchner Weg“ mit der Ablehnung des Antrags – nur SPD, Grüne und Freie Wähler stimmten dafür – am 30. April eine Sackgasse.