„Integration ist dort nur ganz schwer möglich“
Mit dem Baurecht gegen die Flüchtlingsunterkunft? Stephanskirchen geht neuen Weg
„Wir brauchen die Gewerbefläche, wollen dort keine Flüchtlingsunterkunft“. Mit diesen Argumenten wurde in Stephanskirchen ein Bebauungsplan für drei Grundstücke angeleiert. Inklusive Veränderungssperre. Bleiben zwei wichtige Fragen: Wohin mit den Geflüchteten? Und: kommt die Gemeinde damit durch?
Stephanskirchen – „Die Gegend ist gewerblich geprägt“, sagt Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie Bürger), es gebe weder Grün- noch Aufenthaltsflächen rund um die drei Gebäude westlich des Baumarktes in der Hofmühlstraße. Und weil es in Stephanskirchen ohnehin zu wenig Gewerbeflächen gebe, die vorhandenen zunehmend zu Wohnraum umgenutzt werden, soll an der Hofmühlstraße ein Bebauungsplan genau das verhindern. Eine Veränderungssperre für zwei Jahre verhängte der Gemeinderat auch. Und lehnte die beantragte Umnutzung ab. Allerdings: Das Landratsamt kann diese Vorhaben kippen. Nach Ansicht von Mair ist die Wahrscheinlichkeit dafür höher als 50 Prozent.
Anlass für diese Bauleitplanung war, sagte Mair in der Gemeinderatssitzung freimütig, natürlich das Vorhaben des Landratsamtes, auf dem mittleren der drei Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans eine Dauerunterkunft für 101 geflüchtete Menschen einzurichten. Was die Gemeinde partout nicht will. Deswegen enthält der Bebauungsplan auch eine Klausel, die die Nutzung von Gewerbeimmobilien als „Anlagen für soziale Zwecke“ ausschließt. Ein Vorhaben, das laut Christian Hausstätter von der Bauverwaltung mit dem Bayerischen Gemeindetag besprochen wurde. „Die finden, wir können diesen Weg versuchen.“
„Integration ist dort nur ganz schwer möglich“
Was im Prinzip auch alle Mitglieder des Gemeinderates in Ordnung fanden. Denn: „Integration ist dort nur ganz schwer möglich“, so die dritte Bürgermeisterin Steffi Panhans (SPD). Hinzu komme, so Janna Miller (Die Grünen), dass weder Kita noch Schule noch Supermarkt in fußläufiger Entfernung zu finden sind. „Wir würden dort sehenden Auges einen sozialen Brennpunkt schaffen“, meinte Jacqueline Aßbichler (CSU). Mair vertrat die Ansicht, Probleme entstünden eher intern als extern.
Nur bleibt dann die Frage, wohin mit den 101 Menschen? Stephanskirchen ist durchaus bereit, die Geflüchteten aufzunehmen. Aber eben nicht dort, finden Verwaltung und Gemeinderat. Die Suche nach Alternativen aber lehnte der Gemeinderat in derselben Sitzung mehrheitlich ab. „Dieser Blockadehaltung ‚Wir wollen die Flüchtlinge dort nicht, aber wo sonst, das wissen wir auch nicht – und nach Alternativen suchen wollen wir ebenfalls nicht‘, der kann ich nicht folgen“, so Steffi Panhans. Johannes Lessing (Die Grünen) ging es genauso: Er hält die „totale Verweigerung“ nicht für gut, „das schadet dem Ruf unserer Gemeinde“. Beide waren sich einig, dass die Gemeinde mit dafür Verantwortung trage, dass geflüchtete Menschen würdig untergebracht sind.
Janna Miller sah es als Aufgabe der Gemeinde, den geflüchteten Menschen eine Unterkunft zu bieten, die besser ist als eine Turnhalle. Drei oder vier Personen auf 22 bis 28 Quadratmetern – so war es während der Sitzung an der Wand zu sehen – sind geplant. „Das ist weit entfernt von gut, aber ein wenig besser als die Turnhalle“, befand sie. In Halfing und Aibling seien Sozialpädagogen angestellt, die einige Probleme abfangen können. Sie wolle vom Landratsamt wissen, was für die Einrichtung in Stephanskirchen geplant sei.
Letztlich beschloss der Gemeinderat mit großer Mehrheit, einen Bebauungsplan für die Grundstücke Hofmühlstraße 32 bis 38 aufzustellen sowie diesen mit einer Veränderungssperre für zwei Jahre zu belegen. Außerdem lehnte das Gremium den Antrag des neuen Eigentümers auf Umnutzung in eine Flüchtlingsunterkunft ab. Janna Miller hatte da noch eine Frage: „Wir haben die Option Umnutzung und die Option Suche nach Alternativen auf dem Tisch. Und beide lehnt die Verwaltung ab. Herr Bürgermeister, wissen Sie etwas, das Sie uns vorenthalten?“ Die Frage blieb unbeantwortet.