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Hausaufgaben für Politiker

Die fetten Jahre sind fast vorbei: 2026 hat Stephanskirchen wieder Schulden – das ist der Grund

Die großzügige Aula der Otfried-Preußler-Grundschule, in einem kleinen Foto Stephanskirchens Kämmerin Susanne Wittmann
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Der Erweiterungsbau der Otfried-Preußler-Grundschule ist seit September wochentags am Vormittag mit jungem Leben erfüllt, trotzdem ist die Schule auch dieses Jahr der größte Einzelposten bei den Investitionen: Die letzten Rechnungen trudeln jetzt erst bei Kämmerin Susanne Wittmann ein.

Kein Cent Schulden und rund 26 Millionen Euro auf der hohen Kante – der Traum aller Kleinstadt-Kämmerer. Für Stephanskirchens Kämmerin Susanne Wittmann Realität. Trotzdem gibt sie den Politikern Hausaufgaben auf, mehr Einnahmen generieren. Warum das?

Stephanskirchen – 47 Millionen Euro Gesamthaushalt bei 11.000 Einwohnern sind eine stattliche Summe. Zumal gut 16 Millionen Euro investiert werden sollen, sprich Vermögen für die Gemeinde und ihre Bürger bilden. Ohne Kredite aufzunehmen und ohne Schulden zu machen. Das geht nur, weil in der Vergangenheit gut gewirtschaftet wurde. Mit Blick darauf, was in den nächsten Jahren noch kommen wird. Die Zeiten, dass Stephanskirchen über mehr als 26 Millionen Euro Rücklagen verfügt und dabei keinen Cent Schulden hat, die sind spätestens 2026 vorbei.

Denn es stehen große und teure Projekte an. Da ist zum einen der Kauf eines Grundstücks für das neue Gerätehaus der Feuerwehr Schloßberg und anschließend der Bau dieses Gerätehauses. Hinzu kommen Entwicklung und Bau des neuen Ortsteiles in Haidholzen Südost. Kämmerin Susanne Wittmann geht davon aus, dass spätestens 2026 ein Kredit aufgenommen werden muss. 2025 könnte das noch vermieden werden, falls sich einzelne Maßnahmen verschieben und/oder zusätzliche Einkünfte hereinkommen.

Mit Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie Bürger) ist sich die Kämmerin einig, dass die Hebesätze für die Steuern, die die Gemeinde selbst einnimmt, spätestens im kommenden Herbst auf den Prüfstand gestellt werden sollten, wie beide jüngst im Haupt- und Finanzausschuss sagten. Denn sowohl bei den Grundsteuern A und B als auch bei der Gewerbesteuer verlangt Stephanskirchen deutlich weniger, als den Durchschnitt aller 46 Gemeinden im Landkreis, bei den Grundsteuern ist die Gemeinde laut Bürgermeister gar Schlusslicht. Lege der Gemeinderat die Hebesätze der Realsteuern auf den Landkreisdurchschnitt, so die Kämmerin in ihrem Haushaltsvorbericht, brächte das eine knappe Million Euro Mehreinnahmen.

Die wichtigsten Zahlen des Haushaltes 2024 der Gemeinde Stephanskirchen.

Der Verwaltungshaushalt der Gemeinde Stephanskirchen ist im Vergleich zum Vorjahr um eine gute Million auf knapp 31 Millionen Euro angewachsen. Der größte Einnahmeposten ist längst nicht mehr die Gewerbesteuer, von Susanne Wittmann mit sieben Millionen angesetzt, sondern der 15-prozentige Anteil der Gemeinde an der Einkommenssteuer ihrer Bürger, das sind in diesem Jahr voraussichtlich 8,7 Millionen Euro und damit etwa 280.000 Euro mehr als 2023. Der dritte große Batzen bei den Einnahmen sind Mieten, Pachten und Gebühren in einem Gesamtwert von 3,7 Millionen Euro.

Dem gegenüber stehen die 7,8 Millionen Euro, die Stephanskirchen heuer an Kreisumlage an den Landkreis Rosenheim überweist, dazu die 6,6 Millionen Euro, die die Gemeinde an Zuschüssen und Zuweisungen – unter anderem an Kitas – sowie Umlagen (unter anderem für den Abwasserzweckverband Simssee) zahlt. Mit 6,5 Millionen landet der sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand auf Rang drei. Darunter fallen alle Unterhaltskosten des beweglichen (Feuerwehr- und Bauhoffahrzeuge) und unbeweglichen (Wohnungen, Grundstücke) Vermögens, Versicherungen, bis hinunter zum Bleistiftspitzer für Verwaltungsmitarbeiter XY.

Ist all das gegeneinander aufgerechnet, bleibt eine knappe Viertelmillion Euro über, die in den Vermögenshaushalt wandert. Dort sind gut sechs Millionen Euro für den Kauf von Grundstücken vorgesehen. In diesen sechs Millionen sind das Grundstück für das neue Schloßberger Feuerwehrhaus ebenso enthalten, wie Flächen für den neuen Ortsteil in Haidholzen Südost und 1,5 Millionen, die jedes Jahr für den spontanen Kauf von auf den Markt kommenden Grundstücken oder Gebäuden bereit stehen.

3,5 Millionen Euro gibt die Gemeinde in diesem Jahr für Tiefbaumaßnahmen aus. Die Arbeiten an der Krottenmühlstraße laufen bereits, an der Westerndorfer Straße beginnen sie jetzt. Allein diese beiden Maßnahmen schlagen zusammen mit gut 1,2 Millionen Euro zu Buche. 2,6 Millionen Euro hat Susanne Wittmann für Hochbaumaßnahmen vorgesehen. Der größte Brocken entfällt hier immer noch auf Neubau und Erweiterung der Otfried-Preußler-Grundschule. Inklusive kleinerer Arbeiten an der Mittelschule sind dafür noch 1,2 Millionen fällig.

Gemeinde wartet auf 1,8 Millionen vom Freistaat

Allerdings stehen genau dafür auch noch gut 1,3 Millionen Euro an zugesagten Zuschüssen des Freistaats aus, mit denen die Kämmerin im Laufe des Jahres rechnet. Eine weitere halbe Million kommt aus vielen kleineren Maßnahmen und Investitionspauschalen hinzu. Mit gut zwei Millionen Euro rechnet die Gemeinde beim Verkauf von Grundstücken. Dann bleiben aber immer noch fast zwölf Millionen Euro, die zu finanzieren sind.

Andere Gemeinden nehmen in solchen Fällen Kredite auf, Stephanskirchen leert sein Sparbuch – zumindest teilweise. Denn die Gemeinde hat rund 26 Millionen Euro angespart, 11,7 Millionen davon werden heuer investiert. Zumindest ist das der Plan. Ob dann tatsächlich alles in Angriff genommen werden kann, was vorgesehen ist, das hängt weniger vom Geld als von Planungen und Genehmigungen sowie der Auftragslage bei Bauunternehmen ab.

Kämmerin gibt Gemeinderäten Hausaufgaben auf

Irgendwann stößt auch die wohlhabendste Gemeinde an ihre Grenzen. Im Falle Stephanskirchen wird das 2025 oder 2026 der Fall sein. Was tun? Die Kämmerin empfahl im Haupt- und Finanzausschuss, über verschiedenste Möglichkeiten nachzudenken. Grundsteuern erhöhen, Gewerbesteuer anschauen, die Mieten der Immobilien im Besitz der Gemeinde überprüfen, Gebühren erhöhen – Susanne Wittmann gab den Ausschussmitgliedern einiges zum Nachdenken mit.

Hubert Lechner (Parteifreie Bürger) sah das dann auch als Hausaufgaben an. „Das sollten wir in der Gemeinderatsklausur besprechen, das ist nichts für die kleine Runde im Ausschuss“, befand er. Und nichts für ad-hoc-Entscheidungen, wenn der Haushalt schon auf dem Tisch liegt, ergänzte Mair. Das müsse im Vorfeld des 2025er-Haushaltes in Ruhe besprochen werden.

Gewerbesteuereinnahme stagniert seit Jahren

Der Bürgermeister hatte angemerkt, dass die Gewerbesteuer in Stephanskirchen seit etwa einem Jahrzehnt bei sieben Millionen Euro stagniert. Da müsse sich die Gemeinde an die eigene Nase fassen, meinte Gerhard Scheuerer (Parteifreie Bürger), denn etwa so lange habe Stephanskirchen keinen nennenswerten Gewerbegrund mehr zu verkaufen gehabt. Durchaus richtig, so Mair, die Gemeinde habe ein „ziemliches Vermögen“ in Liegenschaften, seien es Wohnungen oder Erbpachtgrundstücke, „und eigentlich wollen wir das eher mehren“, so Mair mit Blick auf die Politik der Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten.

Janna Miller (Die Grünen) bedankte sich schmunzelnd bei Susanne Wittmann für die hervorragende Zusammenfassung der 280 Seiten Gemeindehaushalt. Ihre Ausschusskollegen nickten bestätigend und reichten den Haushalt zur Verabschiedung der Haushaltssatzung und des Finanzplans an den Gemeinderat weiter. Der beschäftigt sich in seiner Sitzung am 19. März mit dem Millionenwerk.

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