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Einsatz in der Slum-Ambulanz: Diese junge Ärztin (29) aus Frasdorf behandelte Menschen in Bangladesch

Stefanie Klampfleitner ist Ärztin und hat für German Doctors Menschen in Bangladesch behandelt.
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Die Frasdorferin Stefanie Klampfleitner (rechtes Bild) ist Ärztin und hat für German Doctors Menschen in Bangladesch behandelt.

Menschen helfen, die keine medizinische Behandlung bekommen – weil sie kein Geld dafür haben: Das wollte Stefanie Klampfleitner (29) aus Frasdorf. Die junge Ärztin bewarb sich dafür bei der Hilfsorganisation German Doctors und reiste für sechs Wochen nach Bangladesch.

Frasdorf – „In Europa gibt es immer mehr Fälle von Dengue Fieber, wie am Gardasee“, berichtet Stefanie Klampfleitner. Diese Veränderungen, das Vorrücken von eigentlich tropischen Krankheiten sei nur einer der Gründe gewesen, warum sie sich entschieden habe, als Ärztin im Ausland zu arbeiten. Über allem stehe ein großer Wunsch: Menschen zu helfen. Dort, wo Hilfe am dringendsten nötig ist. Dort, wo ein Besuch beim Arzt finanziell nicht drin ist.

So wie Bangladesch. Ein von Armut geprägtes Land. Das war Anfang Juni das Ziel von Stefanie Klampfleitner. Über die Hilfsorganisation German Doctors habe sie Patienten in Jamgora in der Metropol-Region der Hauptstadt Dhaka behandelt. Ehrenamtlich. Dabei habe sie viele wertvolle Erfahrungen gesammelt. „Zum einen lernt man Krankheiten kennen, die es in Europa seltener gibt., beispielsweise Skabies, besser bekannt als Krätze. Zum anderen ist auch der Umgang mit der anderen Kultur und den Menschen persönlich sehr prägend“, erklärt die 29-Jährige.

Stefanie Klampfleitner führt eine Ultraschalluntersuchung durch.

Von Leitenberg in den Slum

Aufgewachsen ist die junge Frau im beschaulichen Leitenberg in der Gemeinde Frasdrof. Nach dem Abitur in Prien studierte sie Medizin an der LMU München. Derzeit lebt sie in München und befindet sie sich in der Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie, sowie zur Notärztin. „Schon im Praktischen Jahr meines Studiums war ich in Bangalore in Indien. Eine gute Vorbereitung für Bangladesch.“ Infrastrukturell und klimatisch habe es einige Parallelen gegeben.

Im Vorfeld seien die Ärzte von German Doctors auf die Gegebenheiten vor Ort vorbereitet worden. Neben den medizinischen und projektspezifischen Besonderheiten, seien die Ärzte auch über Terrorismus und Entführungsrisiko aufgeklärt worden. „Ich habe mich immer sicher gefühlt“, berichtet Klampfleitner. Allerdings sei sie nie alleine unterwegs gewesen. Unangenehm seien ihr die Blicke der Einheimischen aber schon manchmal gewesen: „Die Menschen dort haben noch nie einen Europäer gesehen.“ Dennoch seien sie sehr hilfsbereit gewesen.

Straßen ersticken in Müllbergen

Befestigte Straßen gebe es kaum. Ständig käme es zu Überschwemmungen. Die Luft sei schlecht. „Am schlimmsten war der Müll“, sagt sie. Dieser liege einfach überall. Die Menschen schmeißen ihn einfach auf die Straße. Die Müllabfuhr käme in Form eines Karren, mit den Händen sammelten die Müllmänner ihn auf. Viele Menschen lebten in Wellblechhütten. „Man kann es sich nicht aussuchen, wo man geboren wird“, sagt die 29-Jährige. Ihre Erfahrungen veränderten den Blickwinkel auf das eigene Leben – „und die Privilegien in Deutschland“. Dinge, die ganz selbstverständlich erscheinen, wie ein Recht auf eine medizinische Grundversorgung, seien nur ein Beispiel.

Müllberge liegen in den Slums von Dhaka am Straßenrand.

Aufgrund der schlechten hygienischen Verhältnisse habe Klampfleitner in der Slum-Ambulanz viele Haut- und Infektionskrankheiten behandelt. „Die Frauen tragen trotz der sehr hohen Temperaturen immer lange Gewänder. Sie waschen sich sogar damit.“ Aber auch Schwangere und Kinder, Menschen mit Atemwegserkrankungen, fieberhaften Infekte, Unter- und Mangelernährung sowie Diabetes durch einseitige Ernährung zählten zu ihren Patienten. „Teilweise essen die Menschen nur Reis und Mangos, da sie sehr günstig sind“, erklärt die junge Ärztin.

Erschwerte Arbeitsbedingungen für die Ärzte

Gelebt habe Klampfleitner in einer von German Doctors gestellten Wohnung mitten im Slum nahe der Ambulanz. Die Arbeit als Ärztin sei völlig anders gewesen als in Deutschland. Oft komme es zu Stromausfällen. Sie habe sich dann mit der Taschenlampe ihres Smartphones beholfen. „Es stehen auch viel weniger diagnostische Mittel zur Verfügung. Aber auch die Behandlungsmöglichkeiten sind beschränkt“, sagt Klampfleitner. So stehe beispielsweise kein Insulin zur Behandlung von Diabetes zur Verfügung. „Die Menschen besitzen keine Kühlschränke, um es zu lagern.“ Es müsse auf Tabletten zurückgegriffen werden.

Die Taschenlampe des Smartphones dient bei Stromausfall als Lichtquelle.

Ein Grund für die Armut sei auch die Ausbeutung der Arbeiternehmer in der Textilindustrie. Dies seien vor allem Frauen. Bis zu 17 Stunden Arbeit pro Tag für einen Arbeitslohn von 60 bis 70 Euro im Monat. „Die Miete für ein zehn Quadratmeter großes Zimmer, in dem die ganze Familie lebt, kostet etwa 30 Euro“, so Klampfleitner. Wer eine bessere Zukunft für seine Kinder wolle, müsse Schulgeld bezahlen. Am Ende bleibe nicht mehr viel übrig. Wer krank ist und ausfällt, wird entlassen. Viele Frauen rutschen deswegen in die Prostitution.

Hungern aus Angst vor Kosten eines Kaiserschnitts

Besonders geschockt habe sie, dass viele der schwangeren Frauen unterernährt gewesen seien. „Sie haben berichtet, sie essen absichtlich wenig, um ihre ungeborenen Kinder klein zu halten. Damit wollten sie das Risiko für einen Kaiserschnitt minimieren“, erklärt die 29-Jährige. Und diese seien teuer. Das seien Vorfällen, die zeigen, wie wichtig auch Präventionsarbeit und Aufklärung der Menschen sei. Ebenfalls ein wichtiger der Arbeit der Ärzte in den Projekten von German Doctors.

Stefanie Klampfleitner bei der Arbeit in Bangladesch.

Um für German Doctors in den Einsatz zu gehen, muss man sich bewerben. Wie Sprecherin Vanessa Hepp erklärt, seien mindestens anderthalb Jahre Berufserfahrung, sowie eine abgeschlossene Facharztausbildung Voraussetzung. „Außerdem beteiligen sich die Ehrenamtlichen auch an den Kosten für die Flüge und Vorbereitungen, wie beispielsweise Impfungen. Gleichzeitig müssten die Ehrenamtler eine Vertretung für Ihre Praxis stellen, Überstunden abbauen oder unbezahlten Urlaub nehmen. „Obwohl das ein sehr hohes Engagement erfordert, haben wir immer genug Bewerber“, sagt Hepp. Einige gingen sogar wiederholt in Einsätze.

Allgemeinmedizinische Versorgung ist gefragt

Ärzte aller Altersklassen, sowie medizinischer Fachrichtungen engagieren sich laut Hepp für German Doctors. Dennoch seien Allgemeinmedizinische Kenntnisse zentral. Zu den Erkrankungen der Patienten gehören überwiegend Infektionskrankheiten sowie Hauterkrankungen. „Aber auch Schwangere und Kinder zählen zum Klientel.“ Dafür erhalten die Fachmediziner vorab ein Vorbereitungsseminar. Die Hilfsorganisation koordiniere und verteile die Ärzte entsprechend ihrer Kenntnisse aber an die Einsatzorte. Die Organisation finanziert sich über Spenden.

Bangladesch ist stark von Armut geprägt.

Eine weitere wichtige Aufgabe der ehrenamtlichen Ärzte sei die Schulung der einheimischen Angestellten. Wie wichtig das ist, habe sich laut Hepp während der Corona-Pandemie gezeigt. „Die Länder waren zu. Reisen war unmöglich. Die Einheimischen waren in dieser Zeit auf sich selbst gestellt“, erklärt sie. In Kenia gebe es beispielsweise den sogenannten Clinical Officer – etwas zwischen Krankenpfleger und Arzt. Diese seien dahingehend geschult, dass kleinere operative Eingriffe, aber auch beispielsweise Kaiserschnitte durchführen können.

Fairer produzierte Kleidung senkt Armut der Bevölkerung

Um den Herausforderungen vor Ort gerecht zu werden, habe Stefanie Klampfleitner der Austausch im Team mit Kollegen unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen geholfen. „Ich könnte mir einen weiteren Einsatz vorstellen“, sagt die junge Ärztin. Oft werde sie gefragt, wie man den Menschen in Bangladesch helfen könnte. Ob man in Bangladesch produzierte Kleidung boykottieren sollte. „Nein“, sagt Klapfleitner. „Die Menschen sind darauf angewiesen. Man kann aber, wenn es einem möglich ist, Kleidung von Marken kaufen, die sich für faire Arbeitsbedingungen einsetzen.“ So könne jeder indirekt ein wenig helfen.

German Doctors: Ärztliche Hilfeorganisation, die weltweit tätig ist

Die unabhängige Hilfeorganisation German Doctors gibt es inzwischen seit 40 Jahren. Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland und der Schweiz sind dabei weltweit im Einsatz. Der Grundsatz: Jeder Mensch hat das Recht auf eine medizinische Grundversorgung. Aktuell laufen Projekte in Kenia, Bangladesch, den Philippinen, Indien, Sierra Leone, Griechenland und im Rahmen der Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. In einem sechswöchigen Einsatz behandeln die Medizinier ehrenamtlichen Menschen mit verschiedenen Erkrankungen. Laut der Hilfsorganisation haben sich bisher fast 3.593 Mediziner in 7.890 ehren­amtlichen Einsätzen (Stand: Dezember 2022) engagiert. Die Ehrenamtlichen schulen das ortsansässige medizinische Personal und bauen so eine Versorgung auf. Als abgeschlossen gilt ein Projekt, wenn es an das einheimische Gesundheitspersonal übergeben wird und diese die medizinische Grundversorgung selbst stellen können.

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