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Interview mit OB Andreas März

Paukenschlag in Rosenheim: Stadt kauft kompletten Busbetrieb – wird jetzt alles besser?

Freuen sich auf die Zukunft des Rosenheimer ÖPNV: der künftige Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Rosenheim, Tobias Weiß, Oberbürgermeister Andreas März und der Geschäftsführer des Stadtverkehrs, Ingmar Töppel.
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Freuen sich auf die Zukunft des Rosenheimer ÖPNV: der künftige Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Rosenheim, Tobias Weiß, Oberbürgermeister Andreas März und der Geschäftsführer des Stadtverkehrs, Ingmar Töppel.

Es ist eine Nachricht, die – zumindest bei einigen – für Überraschung gesorgt hat: Die Stadt Rosenheim hat einen kompletten Busbetrieb gekauft. Im Exklusiv-Interview spricht Oberbürgermeister Andreas März über die Hintergründe – und was die neue Situation für die Bürger bedeutet.

Rosenheim – Der ÖPNV soll eine echte Alternative zum Auto werden. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Rosenheim dazu entschieden, eine eigene Verkehrsgesellschaft zu gründen, alle Busse des Stadtverkehrs zu erwerben und die gesamten Mitarbeiter zu übernehmen. Warum die Entscheidung gerade jetzt gefallen ist, verrät Oberbürgermeister Andreas März im Gespräch mit dem OVB. Und auch die Rosenheimer Fraktionsvorsitzenden äußern sich zu dem Schritt.

Warum hat sich die Stadt dazu entschieden, den Stadtverkehr zu übernehmen?

Andreas März: Es ist ja vollkommen klar, dass wir unseren Verkehr in Rosenheim breiter aufstellen müssen. Wir setzen den Ratentscheid um, bauen und sanieren die Infrastruktur, und natürlich spielt auch der ÖPNV in Rosenheim eine wichtige Rolle. Und da bin ich der Meinung, dass der ÖPNV zur Daseinsvorsorge gehört, und darum nehmen wir ihn selbst in die Hand.

Wieso ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für eine solche Entscheidung? Gerade mit Blick auf die angespannte Haushaltssituation.

März: Die Idee ist über Weihnachten entstanden und dann allgemein gereift. In der entspannten Zeit um die Weihnachtsferien hatte ich viel Zeit, mir Gedanken über die Zukunft unserer Stadt zu machen – so ganz ohne Denkverbote. Da geht es natürlich auch irgendwann um den Verkehr und den ÖPNV. Und da kam dann der Gedanke auf „Warum machen wir das nicht selbst?“.

Und dann?

März: In diese Gedanken habe ich dann meine Fachleute mit eingebunden und wir haben die Vor- und Nachteile eines eigenen Stadtbusbetriebs abgewogen. Und je mehr wir uns mit dieser Option beschäftigt haben, desto klarer wurde, dass wir das auch angehen sollten. Von daher ist die Entscheidung keine Frage des richtigen Zeitpunkts, sondern des richtigen Wegs für die Stadt Rosenheim.

Welche Vorteile verspricht sich die Stadt davon, eine eigene Busgesellschaft zu gründen?

März: Der größte Vorteil ist sicherlich, dass alles in einer Hand liegt. Die Infrastruktur, die Busse, die Verwaltung, die Organisation. Alles rund um den Stadtbusverkehr wird über die Stadt, beziehungsweise die neue Tochtergesellschaft „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“ abgewickelt. Und ich bin davon überzeugt, dass wir am Ende auch finanziell besser wegkommen. Wir investieren in ein stadteigenes Unternehmen. Am Ende profitieren dann die Kunden von schnelleren Entscheidungen, direkter Einflussnahme ohne die Beteiligung Dritter und klaren Strukturen beim Stadtbusverkehr.

Welche Strategien gibt es, um in Zeiten des Fachkräftemangels neues Personal zu gewinnen? Busfahrer sind nach wie vor Mangelware.

März: Das Gute an unserem Weg ist, dass wir die bestehenden Strukturen erhalten. Dazu gehört auch die Expertise des Stadtverkehrs bei der Personalgewinnung. Beispielsweise durch Anmietung von Betriebswohnungen oder die Akquise von Personal im Ausland. Und zusätzlich punkten wir mit der Marke Stadt Rosenheim. Wir sind ein vertrauenswürdiger, krisensicherer und verlässlicher Arbeitgeber.

Wann ist geplant, das Angebot zu erhöhen?

März: Das Angebot wurde ja erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 ausgeweitet und zum Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres schauen wir dann, ob alles passt oder was wir gegebenenfalls noch verbessern können. Denn eines muss ich schon betonen: Unser Busverkehr funktioniert. Die Busse sind zuverlässig unterwegs, die Taktung bewegt sich wochentags zwischen 15 und 30 Minuten und mit dem MVV-Beitritt kommt man im gesamten Stadtgebiet für 1,90 Euro von A nach B.

Wie läuft die künftige Zusammenarbeit mit dem MVV, den weiteren Busunternehmen und dem Landratsamt?

März: Der Übergang erfolgt nahtlos und reibungslos, so dass die gute Zusammenarbeit aufrechterhalten bleibt.

Warum hat man sich für Tobias Weiß als Geschäftsführer der „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“ entschieden?

März: Herr Weiß kennt das Unternehmen in- und auswendig, bringt Erfahrung mit und ist verlässlich. Auch seine Personalie trägt einen Teil zum nahtlosen Übergang bei. Er war bislang Betriebsleiter und es gibt keinen Grund, hier einen Wechsel vorzunehmen.

Das sagen die Rosenheimer Fraktionsvorsitzenden:

Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP: „Die Übernahme des Stadtbusses durch eine hierzu gegründete städtische Gesellschaft ist ein Meilenstein für die weitere Entwicklung des ÖPNV im Stadtgebiet. Die Ziele aus dem Nahverkehrsplan können so endlich und wesentlich einfacher umgesetzt werden. Die Stadt hat die Gestaltung des Busverkehrs nun in der eigenen Hand, ist aber auch gefordert, die damit verbundene Verantwortung unmittelbar zu tragen.“

Andreas Kohlberger, Fraktionsvorsitzende der AfD: „Die AfD-Fraktion sieht den Stadtverkehr bei der Stadt Rosenheim in den richtigen Händen. Es gab in der Vergangenheit zu viele Probleme, deshalb ist es der richtige Weg, den wir als Stadträte eingeschlagen haben.“

Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzende der SPD: „Die SPD-Fraktion ist hocherfreut über die Übernahme des Stadtbusverkehrs. Jetzt ist es endlich möglich, den ÖPNV direkt durch die Entscheidungen des Stadtrates zu verbessern: Wir werden uns für die Wiedereinsetzung des Ein-Euro-Tickets und eine bessere und höhere Taktung stark machen. Die Stadt hat die vergangenen Jahre den ÖPNV mit circa vier Millionen Euro pro Jahr subventioniert. Ein beträchtlicher Teil dessen ist nicht unmittelbar in die Fahrleistung geflossen, sondern wurde durch entsprechende Dienstleistungen von dritter Seite aufgebraucht. Dieses Geld kann jetzt unmittelbar in die Verbesserung des ÖPNV fließen.“

Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Mit der Übernahme des Stadtverkehrs Rosenheim haben wir als Stadt nun endlich alle Fäden in der Hand, nachdem der Busverkehr seit der Corona-Pandemie als Notvergabe betrieben wurde. Diese Forderung hat unsere Fraktion in den vergangenen Jahren immer wieder gestellt. Nun haben wir die Chance, den Busverkehr in der Stadt so zu gestalten, dass er eine echte Alternative zu den anderen Verkehrsmitteln ist und die Rosenheimerinnen und Rosenheimer gerne mit dem Bus fahren. Unsere Fraktion macht sich für einen attraktiven ÖPNV stark. Wir haben in der letzten Zeit einige wichtige Entscheidungen in diese Richtung getroffen. In Zukunft müssen vor allem auch die Kundenzufriedenheit und Attraktivität des Busverkehrs gesteigert werden.“

Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU: „Durch die Übernahme des Stadtverkehrs werden wir zukünftig alles aus einer Hand bekommen. Buslinien, Fahrtzeiten, Bushaltestellen, die ansprechend ausgestattet sind und durch den MVV ein hervorragendes Ticket- und Informationssystem. Dadurch werden die Wege zwischen Buskunden und Verantwortungsträgern auf ein Minimum verkürzt, sodass Probleme möglichst schnell behoben werden können. Wir werden zusätzliche Fahrangebote schaffen können beziehungsweise auf geänderte Anforderungen der Fahrgäste schneller reagieren. Es werden sicher nicht alle Kundenwünsche erfüllt, aber zumindest ein zeitgemäßer ÖPNV mit steigenden Fahrgastzahlen ist das Ziel. Natürlich müssen wir auch auf eine gewisse Wirtschaftlichkeit schauen. Auch hier ist durch den Eigenbetrieb ein wichtiger Schritt getan.“

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