Sepp Fürsts vergebliche Suche nach einem Nachfolger
„Irgendwann wird man mürbe“: Niemand will Vorsitzender des SV Söchtenau-Krottenmühl sein
Dem Jubel folgt der Katzenjammer: Die Fußballer feiern den größten Erfolg ihrer Geschichte und dem SV Söchtenau-Krottenmühl droht die Auflösung. Wie konnte es dazu kommen?
Von: Peter Böck und Sylvia Hampel
Söchtenau – Vor zwei Monaten feierte das Dorf noch den sensationellen und souveränen Aufstieg der 1. Fußballmannschaft in die Kreisliga. Aber schon da herrschten, trotz des Erfolges, bei den Vorständen und Verantwortlichen des SV Söchtenau-Krottenmühl große Zukunftsängste.
SV Söchtenau-Krottenmühl - Trotz intensiver Suche kein Nachfolger für Vorsitzenden
Trotz intensiver Suche findet Josef „Sepp“ Fürst keinen Nachfolger als Vorsitzender des Vereins. Der Sportverein, 1956 als Fußballverein gegründet, besteht mittlerweile aus sieben selbständig funktionierenden Sparten mit insgesamt rund 1100 Mitgliedern – bei 2760 Einwohnern. Und der SV ist laut Fürst finanziell bestens abgesichert.
Bei der Hauptversammlung im Juli 2021 sollte der Vorstand des Hauptvereins neu gewählt werden, allerdings konnte damals kein Nachfolger für den Posten des ersten Vorsitzenden gefunden werden. Der seit 2008 diese Funktion bekleidende Fürst kandidierte auf eigenen Wunsch nur noch ein Jahr für das Amt, um nach eigenen Angaben „frischen Wind mit jungen Verantwortlichen“ in die Vereinsführung zu bringen. Nach 15 Jahren im Amt sei bei ihm die Luft raus, so der 71-jährige Fürst.
Die bis 2023 turnusgemäß gewählte weitere Vorstandschaft bestehe aus dem zweiten Vorstand Alois Aicher, Schriftführer Günter Hierl, den Kassieren Konrad Böhm und Marion Krohn sowie der Jugendleiterin Barbara Hierl. Roman Pumpe ergänzt als Beisitzer den Bereich der Finanzen und Josef Schießl kümmert sich um das Sponsoring.
„Es hat noch niemand eine Lösung. Ich leider auch nicht“
Nachdem damals kein neuer erster Vorsitzender gewählt werden konnte, erklärte sich Fürst auf Anraten des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV) bereit, den Posten für ein weiteres Jahr zu übernehmen. Gesucht habe Fürst immer nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Zwei Dutzend Männer und Frauen habe er bestimmt gefragt, so der Vorsitzende, „wenn man sich immer nur Absagen einhandelt, dann wird man irgendwann mürbe.“
Berufliche Gründe seien von den Damen und Herren mittleren Alters meist als Grund für die Absage angeführt worden, berichtet Fürst. „Der Klassiker“, sagt Manuel Schmidhuber, Vereinsberater beim BLSV. Er kennt das Problem des Nachwuchsmangels an der Spitze aus vielen Vereinen. „Es hat noch niemand eine Lösung. Ich leider auch nicht.“
Da auch bei der Mitgliederversammlung im September 2022 kein erster Vorsitzender gefunden wurde, übt Fürst kommissarisch noch sein Amt aus. Diese Vorgehensweise entspricht der Satzung des Vereins, nach der ein Amtsinhaber solange im Amt bleiben muss, bis ein neuer Vorsitzender von den Mitgliedern gewählt wird oder der Amtsinhaber durch Rücktritt aus dem Amt ausscheidet. Fürst sei fest entschlossen, nun endgültig den Posten als Vorsitzender aufzugeben. Vermutlich noch Ende Juli, eventuell auch bei einer weiteren außerordentlichen Versammlung des SV Söchtenau-Krottenmühl im Herbst. „Wenn ich mich noch einmal für ein Jahr breitschlagen ließe, weiß ich heute schon, dass es 2024 nicht anders aussieht“, sagt Fürst.
Mitmachen gerne – aber nicht mehr an vorderster Front
Einzige mögliche Ausnahme ist laut Fürst, dass jemand fest für 2024 zusagt, der jetzt noch nicht kann. Weil noch im Außendienst, aber ab nächsten Jahr im Innendienst, beispielsweise. Seine Unterstützung hätte die Nachfolgerin oder der Nachfolger sowieso, versichert Fürst. „Mitmachen gerne – aber nicht mehr an vorderster Front.“ Auch eine neu geregelte Aufgabenteilung sei denkbar, um potentiellen Kandidaten die Sorge vor der Haftung zu nehmen, so der scheidende Vorsitzende. „Eine(r) kümmert sich um Verwaltung und Organisatorisches, der Zweite um das Sportgelände und der/die Dritte um die Finanzen.“
Findet sich niemand, der Fürsts Nachfolge antritt, ist der Verein verpflichtet, dies dem Registergericht zu melden. Daraufhin wird dieses für ein Jahr einen Notvorstand bestellen. Beim Notvorstand, der vom Verein bezahlt werden muss, handelt es sich meist um einen Rechtsanwalt.
Sollte sich innerhalb eines weiteren Jahres – also bis Sommer oder Herbst 2024 – kein Vorsitzender finden, treibt der Notvorstand die Auflösung des Vereins voran. Er hat nach Paragraf 49 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches den Verein abzuwickeln, also die laufenden Geschäfte des Vereins zu beenden, die Forderungen des Vereins einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss entsprechend der Satzung des SV Söchtenau-Krottenmühl an die Gemeinde zu übergeben.
Kleine Gemeinde, großes Vereinsgelände
Knackpunkt: „...das übrige Vermögen in Geld umzusetzen“. Denn darunter fällt das für einen kleinen Ort beeindruckend große Vereinsgelände mit zwei Fußballplätzen, vier Tennisplätzen, vier überdachten Stockbahnen und einem Sportheim mit Gaststätte. Theoretisch. Denn in der Satzung des SV Söchtenau-Krottenmühl ist geregelt, dass das Vereinsgelände im Falle einer Auflösung an die Gemeinde fällt, erklärt Fürst. „Und die Gemeinde täte sich wohl keinen Gefallen, wenn sie den Fußballplatz als Baugrund verkauft“, sagt Schmidhuber. „Das ist in meinen drei Jahren beim BLSV auch noch nicht geschehen.“ Söchtenau wird das, dann nur noch anderthalb Jahre vor der nächsten Bürgermeister- und Gemeinderatswahl, voraussichtlich auch nicht tun.
Knapp drei Wochen bleiben noch, bis zur außerordentlichen Mitgliederversammlung des SV Söchtenau-Krottenmühl am 24. Juli um 19.30 Uhr im Sportheim eine geeignete Person zu finden, die Fürsts Nachfolge antritt. Sonst drohen Notvorstand und Vereinsauflösung. Das Vorstandsteam sucht weiter. Und ansonsten heißt es: „Freiwillige vor.“