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250 Besucher beim Tag der offenen Tür in Rohrdorf

So wird aus Kloakenbrühe leckeres Trinkwasser für die Region

Blick auf eines der beiden Nachklärbecken, in denen sich der Klärschlamm vom Wasser trennt. In der Rinne im Vordergrund sammelt sich das Wasser, das in den Inn geleitet werden kann.
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Blick auf eines der beiden Nachklärbecken, in denen sich der Klärschlamm vom Wasser trennt. In der Rinne im Vordergrund sammelt sich das Wasser, das in den Inn geleitet werden kann.

Etwa 250 Besucher kamen zum Tag der offenen Tür der Kläranlage Bockau in Rohrdorf und bestaunten die Vorgehensweise, wie Kloakenbrühe zu Trinkwasser verwandelt wird. Welche Bürger in den Genuss kommen.

Rohrdorf – Rund 250 Besucher fanden sich in der Kläranlage Bockau bei einem Tag der offenen Tür ein. Es gab einen Einblick in eine wundersame Verwandlung. Kloakenbrühe wandelte sich binnen vierundzwanzig Stunden zu Wasser, das durchaus trinkbar aussieht. Wenn man es sicherheitshalber mit UV-Licht bestrahlte, wäre es durchaus trinkbar, wie Klärfacharbeiter Werner Wörndl bei einer der Führungen erklärte.

Die Schritte, die zur Verwandlung führen, scheinen einfach beschrieben. Zuerst wird das Abwasser beim Eintritt in die Kläranlage von festen Stoffen, die sich nicht zersetzen können, befreit. Dazu zählen unter anderem Feuchttücher, die als kompakte Masse angeschwemmt werden und nicht selten die Rechen, die sie herausfiltern sollen, schlicht zusetzen. Der Verzicht, sie in der Toilette zu entsorgen, würde ihm und seinen Kollegen viel Mühe ersparen, meint Wörndl. Der etwaige Aufdruck auf der Packung „biologisch abbaubar“ ist für die Klärwerksmitarbeiter nur ein hohler Spruch, weil der Verbraucher nicht erkennt, wie lang dieser Abbau dauern würde.

Schlamm hilft beim Energieerzeugen

Danach kommen zwei Klärbecken, in denen sich Bakterien an die biologische Klärung machen, unterstützt von viel Luft und damit Sauerstoff, der in die Becken eingeblasen wird. Den Anschluss bilden Nachklärbecken, in denen sich das „reine“ Wasser zusehends vom Schlamm trennt, der an den Beckenboden absinkt. Von dort kommt er in die Faultürme, kein schöner Name aber ein wertvoller Kläranlagenbestandteil, denn dort entsteht Methan, das im Klärwerk zwei große Blockheizkraftwerke betreibt. Zwei Drittel des benötigten Stroms werden damit selbst erzeugt, die Wärme sowieso.

Am Ende dieses Prozesses wird der Schlamm gewissermaßen noch einmal „ausgewrungen“, bis er als humusartiges Material in großen Hallen gelagert wird. Lange Zeit wurde dieses Material durch die halbe Republik gekarrt, in den Osten Deutschlands, um dort die alten Tagebaue rekultivieren zu helfen. Nicht unproblematisch, denn der getrocknete Schlamm kann Mikroplastik, vor allem aber Hormonspuren und Antibiotikareste enthalten. Seit vier Jahren aber entfällt diese Unsicherheit. Vor allem die damit verbundene Transportorgie: Das Rohrdorfer Zementwerk nimmt das Material ab und verwendet es mit zum Heizen des dortigen riesigen Ofens.

Während der Schlamm noch in den Faultürmen Energie erzeugen hilft, ist das geklärte Wasser unterwegs Richtung Inn – nicht, ohne vorher penibel darauf überprüft worden zu sein, dass alle Richtwerte eingehalten werden. Die Kläranlage ist also durchaus ein Wunderwerk, auch ohne dass man eine Ahnung davon hat, welche komplizierten biologischen Prozesse in den Klärbecken ablaufen und wie viel Kontrolle nötig ist, damit die dafür nötigen Bedingungen konstant bleiben.

Zuständig für neun Gemeinden

Nicht weniger bemerkenswert ist die Tatsache, dass es diese Kläranlage überhaupt gibt, und dass sie für neun Gemeinden zuständig ist, die sich in zwei Abwasserzweckverbänden, Simssee und Prien-Achental, zusammengeschlossen haben. Die Zweckverbände gründeten sich vor fünfzig Jahren, in einer Zeit, in der das Stichwort „interkommunale Zusammenarbeit“ noch niemand kannte. Selbst heute ist der Begriff oft mehr Ziel als gelebte Realität, wie Stephanskirchens Bürgermeister Karl Mair, der Vorsitzende des Zweckverbandes Simssee, bei der kleinen Jubiläumsfeier am Samstag sagte. Im „Klärzusammenschluss“ wurde er aber schon vor fünfzig Jahren pragmatisch verwirklicht. Bis heute, so betonte Simon Hausstetter, als Bürgermeister von Rohrdorf Vorsitzender des Zweckverbands Prien-Achental, funktioniere die Zusammenarbeit in diesem Sinn und reibungslos.

Überraschend ist auch, dass zu Anfang des Mammutprojektes Umweltschutzgedanken standen: Es galt, den Simssee zu schützen, damals sogar, ihn vor dem Umkippen zu bewahren. Ein Schutzbestreben, an dem man nach wie vor dran ist, wie Mair sagte: „Seit zwanzig Jahren gibt es im Abwasserzweckverband Simssee ein spezielles Seenschutzprojekt, bei dem es darum geht, den Nährstoffeintrag in den See, der nicht zuletzt eine Folge der Erosion auf den landwirtschaftlichen Feldern ist, einzudämmen.

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