Im Rosenheimer Ballhaus
Kirche statt Glitzerwelt: So erlebte Siegfried Fischbachers Schwester Dolore das Leben ihres Bruders
Siegfried Fischbachers Schwester ging einen anderen Weg als ihr Bruder. Während dieser Menschenmassen in Las Vegas mit seinen Zaubertricks begeisterte, wurde aus Margot Fischbacher die Ordensschwester Dolore. Auch wenn sie mit der Welt ihres Bruders fremdelte, war sie von seinem Schaffen gleichermaßen fasziniert.
Rosenheim – „Schau mal!“ rief Schwester Dolore einer Mitordensfrau zu, „mein Bruder Siegfried ist Vater geworden“. Das entsprechende Telegramm hatte sie noch in Händen. In diesem hatte Siegried Fischbacher aus Paris geschrieben: „Habe einen Oscar bekommen!“ Gemeint war natürlich die berühmte Trophäe der amerikanischen „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“.
Mit der Showbühne gefremdelt
Solche Anekdoten aber auch ernstere Hintergründe gibt die Franziskaner-Schwester während eines Gesprächs mit Karl-Heinz Wunschelmeier preis. Der Gründer des „Sarmoti-Fanclubs“ für Siegfried und Roy spricht im Rosenheimer Ballhaus mit Schwester Dolore über die Erlebnisse mit ihrem berühmten Bruder.
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Die Glitzerwelt internationaler Showbühnen, auf denen Siegfried mit seinem Partner Roy zu Hause war, ist Schwester Dolore ein Leben lang fremd geblieben. Sie erinnert sich noch, was sie dachte, als Siegfried ihr von seinem Entschluss erzählte, sich als Magier selbstständig zu machen: „Eigentlich ist das seins – aber ob er davon wird leben können?“ Und Schwester Dolore erzählt auch davon, wie fehl am Platz sie sich anfangs fühlte, als sie ihren Bruder das erste Mal in Las Vegas besuchen konnte. „Ich passe da als Ordensfrau doch gar nicht ins Publikum!“, habe sie Siegfried gesagt.
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Aber er habe sie beruhigt und hinzugefügt: „Ich habe mit den Mädchen, welche die Show begleiten, gesprochen. Sie werden deinetwegen nicht oben ohne auftreten.“ Siegfried und Roy waren zweifellos eine der ganz großen Attraktionen, die mithalfen, Las Vegas von einer riesigen Spielhölle zu einem Unterhaltungsparadies zu wandeln. Und die beiden waren in ihrer Show jene, die das Sagen hatten.
Menschen zum Lachen und Staunen bringen
Sein Weg dorthin, erzählt Schwester Dolore, sei irgendwie gradlinig gewesen – und auch wieder nicht. Zwar habe der kleine Siegfried seine Mutter und seine Schwester schon in der Familienküche mit Zauberkunststücken unterhalten, „doch war das pure Spielerei, eine Möglichkeit unter vielen, Aufmerksamkeit zu bekommen und uns zum Lachen und Staunen zu bringen“. Als Beruf habe Siegfried diese zu Beginn jedoch nicht gesehen. Zumal dies in der damaligen Zeit auch kaum vorstellbar war. Er wollte als kleiner Junge immer Priester werden, berichtet Schwester Dolore. Auch jemand, der im Mittelpunkt steht, dabei aber in erster Linie für seine Mitmenschen da ist.
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Seine Mutter habe ihm jedoch klargemacht, dass er dafür unheimlich viel lernen müsse, was ihm jedoch so gar nicht gelegen habe. „Da hat er kurz überlegt, und dann bekannt gegeben, dass er dann eben Kaminkehrer werde. Der sei ja auch jemand, der den Menschen Glück bringe“, berichtet Schwester Dolore. Dass dies auch auf der Bühne möglich ist, habe Siegfried während seiner Zeit als Ministrant und Mitglied der kirchlichen Theaterbühne erkannt.
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„Er war bald ein Publikumsmagnet, denn er konnte so unheimlich dumm schauen. Er hat, wenn er auf die Bühne kam, gar nichts sagen müssen, sondern nur dieses dumme Gesicht aufsetzen. Dann haben sich die Leute schon weggeworfen vor Lachen“, erzählt Fischbachers Schwester. Die Zauberei sei erst später hinzugekommen. Schon als Jugendlicher sei er immer nach Auftritten gefragt worden.
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Er habe überlegt, wie er sein Publikum wohl unterhalten könne. Ein Muster, das sich auch später wiederholte, als Siegfried als Steward auf dem Passagierdampfer Bremen anheuerte. Auch dort waren seine Zauberkunststücke zunächst beiläufige Beigabe, bis ihn der Kapitän entdeckte und gewissermaßen zum Schiffsmagier ernannte.
Der Magie Siegfried und Roys noch immer verbunden
Auch wenn Schwester Dolore mit der Show-Welt als solcher ihre Schwierigkeiten haben mag, der Magie ihres Bruders und seines Partners fühlt sie sich bis heute verbunden. Sie hätten aus dem Nichts, aus einem bloßen Ding ein Lebewesen herausgezaubert, hätten immer wieder das Böse, verkörpert durch Drachen oder eine Spinnenkönigin in das Gute verwandelt. „Das hat mich immer ein bisschen an die Schöpfungsgeschichte erinnert. Und ich bin mir sicher, dass die beiden diesen biblischen Verweis mit der Hoffnung auf das letztendlich Gute durchaus sehr bewusst anklingen lassen wollten.“