Expertentipps aus der Schön Klinik Bad Aibling
Rückenschmerzen? Diese Ursachen können dahinter stecken
Rückenschmerzen haben sich zu einer wahren Volkskrankheit entwickelt: Knapp ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung und rund ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden darunter. Dr. med. Roland Rusz weiß um Symptome und Ursachen - und wie vorgebeut werden kann.
Herr Dr. Rusz, Sie sind Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Leiter des Wirbelsäulen-Zentrums in der Schön Klinik Bad Aibling-Harthausen. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum so viele Menschen Beschwerden mit dem Rücken haben?
Jeder Mensch hat in seinem Leben eine Periode, in der Rückenschmerzen vorkommen. Das muss nicht unbedingt eine organische Erkrankung sein, die einer speziellen Behandlung bedarf. Dahinter können auch ganz banale Ursachen stecken. Wenig Bewegung im Alltag oder falsches und langes Sitzen beispielsweise kann zu Verspannungen oder Gelenkschmerzen führen.
Wie kann ich solchen Schmerzen vorbeugen?
Um banale Schmerzursachen zu beseitigen oder im Idealfall gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist es wichtig, regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren. Das trainiert die Muskeln. Da reichen Sporteinheiten von zwei bis drei Mal pro Woche. Schon ein einstündiger Spaziergang bringt viel.
Welche Ursachen können noch hinter Rückenschmerzen stecken?
Die sogenannten Verschleißerscheinungen, die auf den normalen Alterungsprozess zurückzuführen sind, der uns alle betrifft und der sich nicht aufhalten lässt. Hüfte, Knie sowie Wirbelsäule leiden mit zunehmendem Alter. Das beginnt bereits im Alter von 35 bis 40 Jahren. Die Therapie ist ähnlich wie bei den banalen Ursachen: Muskeln trainieren und stärken in Form von Wirbelsäulengymnastik und eine richtige Körperhaltung können Linderung bringen.
Gibt es weitere Indikatoren für Rückenschmerzen?
In der Tat. Die dritte Ursache, die sich hinter Rückenschmerzen verbergen kann, ist eine organische Erkrankung - auch im jüngeren Alter. Nicht selten sehen wir bereits bei 20- und 30-Jährigen sehen wir schon Bandscheiben-Erkrankungen, die möglicherweise genetisch vorprogrammiert sind und vorwiegend mit Rücken- oder Nackenschmerzen einhergehen. Sie können beispielsweise Bandscheibenvorfälle begünstigen. Diese Schmerzen strahlen nicht selten auch in Arme und Beine aus.
Wann ist der Weg zum Arzt unvermeidbar?
Meine Philosophie ist, dass es nie zu früh ist, eine ärztliche Meinung einzuholen - unabhängig von den Ursachen der Beschwerden. Wichtig ist die fachliche Abklärung. Auch eine Zweitmeinung schadet in meinen Augen nicht. Spätestens wenn nur noch Schmerzmittel helfen, um sich überhaupt bewegen zu können, die Schmerzen tagelang anhalten oder kontinuierlich zunehmen und nicht von selbst abklingen, rate ich dringend, einen Arzt aufzusuchen. Die Ursache muss geklärt sein und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Wir unterscheiden dabei in drei Schmerzphasen:
- Die akute Phase von null bis sechs Wochen.
- Die subakute Phase von sechs Wochen bis zu drei Monaten.
- Die chronische Schmerzphase ab sechs Monaten, die oft mit psychischen Schmerzen einhergeht.
Wie erkenne ich, ob mein Arzt die richtigen Behandlungsmethoden vorschlägt - oder womöglich zu schnell eine OP veranschlagt?
Ein Patient erkennt, dass er in guten Händen ist, wenn er in der Sprechstunde wirklich über alle Therapiemethoden aufgeklärt wird - von konservativ bis operativ.
Muss ich Bedenken haben, sollte eine OP tatsächlich der einzige Ausweg zur Schmerzfreiheit sein?
Nein, sollte in seltenen Fällen - sofern es nicht ohnehin geplant ist - eine Operation infrage kommen, braucht keiner Angst zu haben. Heutzutage arbeiten wir gerade bei Verschleißerkrankungen mit minimalinvasiven Techniken, die Risiken minimieren und mit kurzen Operations- und Narkose-Zeiten einhergehen. Der Eingriff hinterlässt lediglich minimale Muskeltraumata und kleine Schnitte mit wenig Blutverlust und gilt zudem als gewebeschonend. Diese hoch entwickelten OP-Methoden ermöglichen eine schnelle Genesung und sind nur mit einem kurzen Krankenhausaufenthalt verbunden.
Und wie steht es um konservative Behandlungsmethoden?
Auch diese haben sich in den letzten Jahren sehr gut weiter entwickelt, gerade im Bereich der Physiotherapie und der Krankengymnastik - mit oder ohne Gerätetraining. Sie sind für mich das A und O nach der Schonung in der abgeklungenen Schmerzphase, wenn beispielsweise eine Entzündung vorausging. Auch Akupunktur oder Massagen können zur Schmerzlinderung beitragen. Es ist immer eine individuelle Frage, was für den Patienten am besten geeignet ist.
Herr Dr. Rusz, vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch.
mb