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Trend-Experte im Exklusiv-Interview

Zukunftsforscher Matthias Horx zu Gast in Rosenheim: „Panik führt uns in den Abgrund“

Panik bringt nix, meint Zukunftsforscher Matthias Horx. Im Interview berichtet der Experte über die Chancen und Gefahren der Rosenheimer Wirtschaft.
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Panik bringt nichts, findet Zukunftsforscher Matthias Horx. Im Interview berichtet der Experte über die Chancen und Gefahren der Rosenheimer Wirtschaft.

Matthias Horx beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den neuesten Trends der Gesellschaft. Vor seinem Vortrag „Don‘t Panic“ in Rosenheim analysiert der Zukunftsforscher im OVB-Interview die Lage in der Region und verrät, wie sich die Rosenheimer am besten für die Zukunft rüsten können.

 
Rosenheim – Herr Horx, Sie bezeichnen sich selbst als Zukunftsforscher. Was muss man sich darunter vorstellen? 

Matthias Horx: Ein Zukunftsforscher beschäftigt sich mit der Zeit-Dimension des Menschen, mit dem Wandel und mit Transformationsprozessen der Zivilisation, der Ökonomie, der Kultur, in einer ganzheitlichen Weise. Dafür muss man wahnsinnig viel lesen, recherchieren, anschauen, Projekte machen, schreiben, Menschen treffen, Vorträge halten. Und ein gutes Team haben, einen „Think-Tank“, in dem man gemeinsam über realistische Zukunfts-Szenarien nachdenkt.

Ihr Vortrag in Rosenheim trägt den Titel „Don‘t Panic”. Was bedeutet das für Sie konkret?

Horx: Mir geht es um ein anderes Verhältnis zur Zukunft, vor der ja die meisten Menschen heute nur noch Angst haben. Natürlich gibt es schreckliche Dinge auf der Welt, an denen wir nichts ändern können. Aber das war schon immer so - wir haben es früher nur eher ignoriert. Aber es gibt auch viele, viele Möglichkeiten, die wir oft gar nicht wahrnehmen. Meine Aufgabe ist es, den Möglichkeitsraum zu erschließen, ohne die Schwierigkeiten zu ignorieren. Das ist nicht Optimismus im Sinne von: „Wir verbreiten mal gute Laune, es wird schon werden.” Wir nennen es „Possibilismus“: Das Denken in Möglichkeiten.

Wie sehen diese Möglichkeiten mit Blick auf die Region Rosenheim aus?

Horx: Mein Vorschlag: Man sollte sich von der Vorstellung, sich „konkret sicher für die Zukunft aufstellen zu können” besser verabschieden. Wenn man sich zu sicher fühlt, ist man nicht mehr flexibel, neugierig, offen. Es gibt in einer Welt des Wandels keine echte Sicherheit für immer, das ist eine Illusion. Ich glaube eher, dass diese Vorstellung selbst ein Teil unserer heutigen Angst-Stimmung ist: Man klammert sich an einer Vergangenheit fest, die man für sicher hielt, und gerät dann in Panik, weil man merkt, dass das nicht funktioniert. Es geht jetzt um die Frage unserer Wandelbereitschaft. Dazu brauchen wir allerdings eine Vorstellung einer lebenswerten Zukunft. Und eine angstfreie Neugier.

Gerade in der Wirtschaft wird aktuell vieles düster gezeichnet. Eine IHK-Umfrage zeigt die schlechteste Konjunktur seit der Corona- und Energiekrise. Woran liegt das?

Horx: Wir leben in einer Art hysterischer Jammerkultur, in der einfach alles schlecht gemacht wird. Auch das, was eigentlich ganz normal ist. Ist es nicht normal, dass nach einer Zeit wie Corona, in der wir viele staatlichen Investitionen zur Verhinderung des Schlimmsten tätigen mussten, das Wirtschaftswachstum mal eine Zeit abgeschwächt ist? Noch ein bisschen deutlicher gefragt: Ist es eigentlich sinnvoll, dass wir immer nur auf lineares Wirtschaftswachstum und noch mehr Konsum setzen, um die Wirtschaft „anzukurbeln“? Und wenn die Wirtschaft mal nicht wächst, wir gleich den Untergang Deutschlands beschwören? Wir brauchen ein anderes, qualitatives Wachstum statt immer mehr vom Gleichen. Und das geht nur durch intelligente Innovationen.

Zukunftsforscher Matthias Horx will mit seinem Vortrag in Rosenheim den Blick nach vorne richten.

Eine gewisse Panik in Zeiten von steigenden Energiepreise, Arbeitskräftemangel und sinkender Nachfrage ist also nicht angebracht?

Horx: Panik ist immer ungünstig und gefährlich. Die Aneinanderreihung von angeblichen Bedrohungen führen uns in den Abgrund. Sinnvoll ist es, anders und komplexer über die Dinge denken zu lernen, nämlich von der Zukunftsseite aus. Beispiel Energiepreise: Wenn Energiepreise steigen, dann geben sie uns eine ehrliche Botschaft über die Welt und ihren Wandel. Dann werden wir nämlich dazu gedrängt, unser Energiesystem umzustellen, zu modernisieren und zu dekarbonisieren. Wenn fossile Energie immer billiger würde, wie etwa die Preise für Schweinefleisch, hätte das ungute Auswirkungen. Dann würden wir immer tiefer in die Falle der Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle laufen – wie es ja in den letzten Jahrzehnten schon war. Mit anderen Worten: Verteuerungen können einen sinnvollen Wandelreiz auslösen. 

Gilt dieser positive Ansatz auch für mangelnde Fachkräfte? 

Horx: Ja, auch hier könnte man anders denken: Wir sind viele Jahrzehnte davon ausgegangen, dass immer genug Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, so dass wir einfach die besten aussuchen können. Das war sehr bequem und hat in einigen Sektoren der Wirtschaft zu sehr niedrigen Löhnen und prekären Arbeitsverhältnissen geführt. Jetzt machen wir plötzlich die Erfahrung, dass Mitarbeiter Bedingungen stellen, dass sich Arbeitsformen verändern (müssen), auch im Sinn der Work-Life-Balance. Ist das nur schlecht? Oder könnte darin nicht auch der Wandel zu einer humaneren Arbeitswelt liegen? 

Matthias Horx in Rosenheim: Alle Infos zum Impuls-Vortrag des Zukunftsforschers 


Titel: Don’t Panic! Wie High-Tech Ökologie und „Possibilismus” unsere Zukunft retten können

Datum: 14.11. ab 18 Uhr

Ort: Ballhaus Rosenheim, Weinstraße 12, 83022 Rosenheim

Eintritt: Kostenlos

Veranstalter: Gründerzentrum Stellwerk 18 und Auerbräu Rosenheim

Sie haben die Wichtigkeit von Innovationen angesprochen. Welche Rolle spielen dabei neue Unternehmen und was müssen sie mitbringen, um erfolgreich zu sein?

Horx: Start-Ups sind ungeheuer wichtig für den Wandel, sie sind Pioniere des Kommenden. Allerdings müssen sie sich auch von Illusionen verabschieden, wie etwa, dass man durch wilde Behauptungen und ein Tischfußball-Gerät im Büro ganz schnell reich wird. Ich glaube, wir kommen in eine Phase der „vernünftigen Start-Ups”. Weniger Hype, mehr Lösungen von echten Problemen durch innovative Geschäftskonzepte. Die große Zeit der Internet-Euphorie ist vorbei. Es wird in Zukunft Start-Ups eher in Bereichen wie Handwerk, Gesundheitsfürsorge, Energiewende, Infrastruktur, vielleicht sogar Landwirtschaft geben.

Inwieweit wird die Künstliche Intelligenz ein Teil der Innovationen werden? Welche neue Technik sollte man einsetzen und von welcher die Finger lassen?

Horx: Das kommt ganz auf den Kontext an. KI-Systeme sind in der Forschung oder bei der Effizienzsteigerung von Produktionsprozessen ein Segen. Sobald sie aber mit der menschlichen Kreativität in Konflikt kommen, ist es problematisch. Was wäre, wenn man zum Beispiel Journalisten mit Künstlicher Intelligenz ersetzt? Dann würde niemand mehr lesen, was geschrieben wird. Alles wäre ziemlich egal, ein einziger Brei. Denn generative KI ist ja ein „Wiederkäuer”. Alle bereits geschriebenen Texte werden nur zusammengemixt.

Mit Blick auf Ihre langjährige Erfahrung, welchen Trend haben Sie schon vor langer Zeit kommen sehen und wo lagen Sie daneben?

Horx: Ich werde mich hüten, mich selbst zu bewerten. Alle Menschen sind fehlbar, aber gerade in den Fehlern liegt die Kraft des Lernens.

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