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Im Gespräch mit Professorin für Kunststofftechnik

Frauenpower an unseren heimischen Hochschulen - Die Zukunft muss noch weiblicher werden

Collage: links: Prof.Dr.-Ing. Nicole Strübbe. Rechts: Studenten im Hörsaal an der Universität Stralsund im Fach Maschinenbau mit der Quotenstudentin in der Mitte des Bildes.
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Im Gespräch mit der Professorin für Ingenieurswissenschaften und Beauftragten für MINT-Fächer an der Technischen Hochschule Rosenheim, Nicole Strübbe. Warum wollen Mädchen keine technischen Studiengänge wählen?

‚Tausend Männer, eine Frau - ich studier Maschinenbau.‘ In den Hörsälen technischer Studiengänge sind Frauen zumeist noch immer die Minderheit. Technische und naturwissenschaftliche Berufe werden von Männern dominiert, weiß Nicole Strübbe, Professorin für Kunststofftechnik an der Technischen Hochschule Rosenheim:

Rosenheim/Traunstein/Burghausen/Mühldorf – „Frauen können einfach kein Mathe.“ Ein Satz, der mich und viele anderen Mädchen während unserer gesamten Schulzeit begleitete. Das war in den 80ern. Erschreckend, dass sich seither nicht allzu viel getan hat. In den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind Frauen nach wie vor rar.

Fachkräftemangel schärft den Fokus auf altbekanntes Problem

Im Zuge des Fachkräftemangels wird das auch zum Problem von Männern: „Fachkräfte in den MINT-Berufsgruppen werden gesucht. Trotz der guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt entscheiden sich Frauen nach wie vor seltener für ein Studium in einem MINT-Fach als Männer“, bedauert auch das Bundesamt für Statistik in einer Pressemitteilung.

Im ersten Fachsemester lag der Frauenanteil im Jahr 2022 laut Statistischem Bundesamt bei 35 Prozent. Immerhin: Vier Prozent mehr als zehn Jahre zuvor, aber es gibt große Unterschiede zwischen den verschiedenen MINT-Fächern: „Am höchsten war der Frauenanteil in Innenarchitektur (87 %), am niedrigsten in Fahrzeugtechnik (8 %). In Informatik lag der Frauenanteil unter den Studienanfängerinnen und Studienanfängern im 1. Fachsemester bei knapp 23 %.“

TH Rosenheim: Auch hier Männer meistens deutlich in der Überzahl

An der Technischen Hochschule Rosenheim gibt es ebenso deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Studiengängen, sagt Dr.-Ing. Nicole Strübbe, Professorin für Kunststofftechnik: „Bei uns liegt der Schnitt bei Fächern wie Informatik oder Maschinenbau eher zwischen, je nachdem, sieben und 13 Prozent.“ Lediglich in der Fakultät der Sozialwissenschaften in Mühldorf und dem Studienbereich Innenarchitektur und Architektur in Rosenheim liegen die Frauen vorn.

Neues Netzwerk soll Interesse von Mädchen an MINT-Fächern wecken

Noch sei Nicole Strübbe auch in der Funktion der stellvertretenden Frauen- und Gleichstellungsbeauftragen an der Hochschule Rosenheim gelistet. Aber eigentlich, so erklärt die Ingenieurin uns, möchte sie künftig junge Frauen und Mädchen bereits vor der Studienwahl erreichen: „Ich habe jetzt eine andere Rolle übernommen, und zwar engagiere ich mich für MINT-Förderung von Kindern.“ Zusammen mit Unternehmen der Region hat die Universität das sogenannte MINTnetz18+ ins Leben gerufen. Gemeinsam will man so dem Fachkräftemangel begegnen und mehr Mädchen ermutigen, in technische Berufe zu gehen.

Die Suche nach Gründen: Warum sind Mädchen ab der Pubertät technophob?

Und dieses Projekt ist auch schon Teil der ersten Antwort auf die Frage: Warum wollen Mädchen denn nicht in technische Berufe gehen? „Bei Kindern im Grundschulalter, das belegen Studien, ist zunächst kein Unterschied im Interesse an MINT-Fächern festzustellen. Erst mit der Pubertät klafft das auseinander“, erklärt Strübbe. Es gebe viele Faktoren. Einer könne sein, dass Mädchen sich schneller verunsichern lassen und im Zweifelsfall dann doch den geisteswissenschaftlichen Schwerpunkt wählen, weil die beste Freundin das auch tut.

Fächer wie Mathe und Chemie: Komplizierter als Deutsch?

„Problematisch ist auch, dass Fächer wie Mathe, Chemie, Physik gemeinhin als besonders schwer gelten. Und ich denke, es ist wichtig, dass gerade diese Fächer genauso wahrgenommen werden wie Deutsch, Englisch oder Geschichte. Ich erlebe es ebenso bei meinen Kindern: da ist Deutsch genauso schwer. Einen guten Aufsatz zu schreiben, kann auch eine echte Herausforderung sein.“

Die Sinnhaftigkeit eines Berufes - vor allem für Mädchen wichtig

Wie allein die Bezeichnung eines Studienganges zur höheren Frauenquote beitragen kann, erklärt Nicole Strübbe an einem konkreten Beispiel: „Wir haben vor drei Jahren den Studiengang Medizintechnik an der Fakultät für Ingenieurswissenschaften eingeführt, der wirklich alle Technik-Fächer beinhaltet: Informatik, Elektrotechnik, Konstruktion, Werkstoffkunde und natürlich die Medizin. Und in diesem Fach haben wir 40 bis 44 Prozent Frauenanteil. Das liegt nur an dem Begriff Medizin.“ Frauen würden, so Strübbe, gern einen Beruf mit Sinnhaftigkeit ergreifen. Das Wort Medizin lasse erkennen, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die anderen helfen kann.

Weibliche Forscher gab es, aber fast niemand kennt sie - es fehlt an Vorbildern

Grace Hopper, Shirley Ann Jackson, Edith Clarke - kennt ihr nicht? Kein Wunder, kaum jemand kennt sie. Und das könnte eine weitere Erklärung dafür sein, warum die meisten Mädchen sich nicht in technischen Berufen sehen: weil sie keine weiblichen Vorbilder haben. Es gab sie zwar in der Geschichte, Frauen, die maßgeblich Fortschritt und Technik vorangetrieben haben. Grace Hopper war Informatikerin und hat entscheidend die Programmiersprache COBOL geprägt. Das Fax, Solarzellen und Glasfaser gehen auf das Konto von Shirley Ann Jackson und Edith Clarkes Wissen machte den Hoover-Staudamm in den USA zu einem der berühmtesten Bauwerke der Welt. Sie verschwanden aber in der Öffentlichkeit hinter ihren männlichen Kollegen.

Grace Brewster Murray Hopper 1952 (* 9. Dezember 1906 in New York City, New York als Grace Brewster Murray; † 1. Januar 1992 in Arlington, Virginia) war eine US-amerikanische Informatikerin und Computerpionierin.

Die Karriereleiter an der Uni: für die meisten Frauen eine kurze Kletterpartie

Entscheiden sich junge Frauen dann trotzdem für ein Studium im MINT-Bereich, geht das Problem weiter: Denn auch an der eigenen Universität sind weibliche Vorbilder rar. Von allen Vollzeit-Professuren in Deutschland, also auch denen der Geisteswissenschaften, gehen nur 28 Prozent an Frauen. Bei den Ingenieurswissenschaften sind es zum Beispiel sogar nur 15,6 Prozent, zu denen Nicole Strübbe gehört. Umso wichtiger ist ihre Rolle und Tätigkeit in der akademischen Welt und auch in der Bildungspolitik:

Frauenanteil bei den Professuren in Deutschland nach Fachrichtung. Insgesamt schaffen es nur 28 Prozent an die Spitze der akademischen Laufbahn. Bei Ingenieurinnen zum Beispiel sind es nur 15,6 Prozent.

Konkrete Vorbilder schaffen und Sinnhaftigkeit von Technik aufzeigen

„Mit unserem Projekt EmpowerMINT richten wir uns an Mädchen im Alter von 17 Jahren. Sie durchlaufen ein Jahresprogramm, wo sie einmal im Monat Firmenbesuche unternehmen.“ Dort, so Strübbe, sollen sie aber nicht nur die Firmenabläufe kennenlernen, sondern vor allem Frauen in technischen Berufen begegnen: „Persönlichkeiten, wie zum Beispiel eine Informatikerin, die ihren Werdegang erzählt. Oder auch von der Sinnhaftigkeit ihres Jobs und vielleicht auch, dass sie gar nicht so die guten Noten hatte in Mathematik.“ Nicole Strübbe macht expilzit auch Schülerinnen Mut, die nur durchschnittliche Noten haben.

Und das kann ich nur bestätigen. Trotz der Lehrer, die mir einreden wollten, dass Frauen eben kein Mathe können, trotz der schlechten Noten in den MINT.-Fächern in meiner Schulzeit habe ich einen Master der Naturwissenschaften in der Tasche. Also los - traut euch. Mehr Informationen zu dem Projekt MINTNETZ18+ gibt es hier

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