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Meinungen gehen auseinander

Nach dem Baby-Fund in Rosenheim: Was spricht für eine Babyklappe - und was dagegen

Im Hinterhof des Hotels „Wendelstein“ wurde am Donnerstag, 9. März, ein Säugling gefunden.
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Im Hinterhof des Hotels „Wendelstein“ wurde am Donnerstag, 9. März, ein Säugling gefunden.

Seit dem Fund eines Neugeborenen im Hinterhof eines Hotels, ist in der Stadt eine Debatte über die Notwendigkeit einer Babyklappe entbrannt. Die CSU und der Förderverein der Kinderklinik vertreten eine klare Position - aber es gibt auch kritische Stimmen.

Rosenheim - Tage nach dem tragischen Fall rund um das Neugeborene ist die Betroffenheit in der Bevölkerung groß - aber auch die Diskussion darüber, ob es in der Stadt eine Babyklappe braucht. Die CSU reagierte noch am Donnerstag, 9. März, und forderte die Stadtverwaltung auf, unter Einbeziehung des Romed-Klinikums, die Einrichtung einer Babyklappe im Rosenheimer Stadtgebiet zu prüfen. „Leider wird man auch mit einer Babyklappe einen Teil dieser Frauen nicht erreichen können“, sagt Marianne Guggenbichler, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes. Gleiches gelte für präventive Hilfsangebote wie Beratungstelefone, Schwangerschaftsvorsorge sowie diverse Beratungsstellen. „Man kann von außen nicht sagen, welchem Druck diese armen Frauen im Vorfeld ausgesetzt waren“, sagt Guggenbichler. Sie spricht von belasteten familiären Situationen, Partnerschaftsproblemen oder Gewalt.

Auf Hilfsangebote aufmerksam machen

„Die Frauen befinden sich in einer absoluten Ausnahmesituation“, sagt auch Sabine Lugauer, Leiterin der SkF-Schwangerenberatung. Die Frauen seien oft traumatisiert, hätten keinen Rückhalt in der Familie und möglicherweise gerade eine Trennung hinter sich. Einige würden ihre Schwangerschaft bis zum Ende verdrängen - aus der Not heraus. „Diese Frauen zu erreichen ist schwer. Oft kommt es dann dazu, dass sie alleine gelassen werden“, sagt Lugauer. Ob eine Babyklappe im Fall der vergangenen Woche geholfen hätte, darüber kann Lugauer nur spekulieren. „Man darf nicht unbedingt erwarten, dass sich eine Frau in einer solch komplexen psychischen Ausnahmesituation immer vorher informiert, wo es eine Babyklappe gibt“, sagt sie. Stattdessen appelliert sie an das Umfeld. „Wenn man Verdacht schöpft, sollte versucht werden, das Gespräch mit der schwangeren Frau zu suchen und auf professionelle Hilfe aufmerksam zu machen“, sagt die Leiterin. Zudem sollte auf die Hilfsangebote aufmerksam gemacht werden.

Marianne Guggenbichler beispielsweise plädiert für eine vertrauliche Geburt und eine Fokussierung dieser Möglichkeit. „Natürlich muss alles menschenmögliche getan werden, dass Frauen im Vorfeld nicht in eine solche Ausnahmesituation geraten“, sagt sie. Je mehr das Lebensumfeld, in dem die werdenden Mütter leben, von solchen Angeboten wüsste, umso mehr könne Unterstützung weitergeben werden.

Vertrauliche Geburt bringt zahlreiche Vorteile mit sich

Eine ähnliche Meinung vertritt Ulrike Schauberger. „Nur eine Babyklappe zu fordern, ist zu kurz gegriffen“, sagt die stellvertretende Leiterin der Schwangerenberatungsstelle „Donum Vitae“. Sie ist in Rosenheim für die vertraulichen Geburten zuständig. Ihr zufolge müsste es das Ziel sein, die Möglichkeit vertraulich zu entbinden stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. So würde eine vertrauliche Geburt zahlreiche Vorteile mit sich bringen. Neben der medizinischen Versorgung wird die Frau psychosozial begleitet und könne darüber entscheiden, in welchem Umfeld ihr Kind aufwachsen soll, zudem bewege sich die Mutter im legalen Bereich. Sie könne sich von dem Kind verabschieden und ihre Entscheidung auch noch einmal ändern. Damit könne eine Traumatisierung verhindert werden. „Ich will gar nicht wissen, wie es der Frau geht, die ihr Kind in dem Hinterhof abgelegt hat“, sagt Ulrike Schauberger. 

Was eine Frau dazu bewegt, nicht im Krankenhaus zu entbinden, kann die stellvertretende Leiterin der Schwangerenberatungsstelle „Donum Vitae“ nur vermuten. Sie spricht von Überforderung, einer sozialen Isolation, Aussichtslosigkeit, Verzweiflung, aber auch der Angst vor Verurteilung. „Es ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema, wenn eine Frau ihr Kind nicht behalten will“, sagt sie. Zudem seien viele dieser Frauen zu wenig über die Hilfsangebote informiert - wie etwa dem der vertraulichen Geburt. In Rosenheim gebe es immer wieder Frauen, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. Sie befinden sich Schauberger zufolge in sehr schwierigen Lebenssituationen, sind hochverschuldet, haben kein Dach über dem Kopf, sind psychisch instabil oder wollen das Neugeborene vor einem gewalttätigen Vater schützen. „Diese Frauen wissen, dass sie selbst die Verantwortung für ihr Kind nicht tragen können, wünschen sich aber, dass es geliebt wird“, sagt sie.

Einführung eines Verhütungsfonds

„Die Babyklappe in Ergänzung zur vertraulichen Geburt ist ein weiterer Baustein, um solche schlimmen Vorkommnisse zu verhindern“, sagt Elisabeth Jordan. Sie ist die Vorsitzende des Fördervereins Donum Vitae und sei bestürzt darüber, dass eine Frau „in so große Not gerät, dass sie ihr Baby in einem Hinterhof ablegt und keinen anderen Weg für sich sieht“. Neben dem Angebot der vertraulichen Geburt erinnert sie auch daran, dass die Stadt Rosenheim über einen Stiftungsfonds Gelder anbietet, der für Frauen in finanziell schwierigen Lagen Verhütungsmittel bezahlt. „Eine ungewollte Schwangerschaft könnte vielleicht dadurch verhindert werden und die Frau vor einer Notlage bewahren“, sagt sie.

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