Milchbauern in der Region sind besorgt
Ist die Milch im Supermarkt zu billig? Warum heimische Landwirte ums Überleben kämpfen müssen
Ende vergangenen Jahres freuten sich die Milchbauern noch über die Preise, die sie für ihre Milch bekamen. Heute zeigt sich ein ganz anderes Bild. Die Milchpreise fallen, und das schnell. Lohnt sich die Milchproduktion noch? So ist die Lage in der Region.
Rosenheim – Das Jahr 2022 war für die Milchbauern eines der profitabelsten der vergangenen zehn Jahre. Denn obwohl die Produktionskosten letztes Jahr schon deutlich angestiegen waren, kletterte der Preis für ein Kilo Milch zum Jahresende auf mehr als 60 Cent. Im Jahresdurchschnitt waren es immerhin knapp 52 Cent. Die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) sieht in dem starken Anstieg der Milchpreise mehrere Gründe. Unter anderem die rückläufigen Milchkuhbestände in Bayern und Deutschland sowie die weltweite Sorge um die Nahrungsmittelsicherheit infolge des Kriegs in der Ukraine. Hinzu kommt eine deutlich angestiegene Milchmenge, die auf den Markt gekommen ist. Außerdem die gestiegene Inflation, was viele Endkunden dazu bewegt hat, weniger Milchprodukte wie Butter und Käse zu kaufen.
Was der Preisverfall für die heimischen Bauern bedeutet
Seit Jahresbeginn fallen die Preise wieder. Seit Mai liegt der Preis auf unter 50 Cent. „Es ist schwierig, eigentlich können wir uns keine Milchpreise unter 50 Cent leisten”, sagt Philipp Moosner, Vorstandsvorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft Rosenheim gegenüber dem OVB. „Wenn man ein Zukunftsbetrieb ist und weiter investieren will, dann braucht man bessere Milchpreise. An Investitionen ist derzeit nicht zu denken.”
Unter der Annahme eines nur geringfügigen Kostenrückgangs lautet die Prognose der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) für einen durchschnittlichen 50-Kuh-Betrieb im Jahr 2023, dass die Produktionsschwelle bei rund 35 Cent pro Kilogramm Milch liegt. Die Gewinnschwelle liegt hingegen bei rund 48 Cent/kg. Das bedeutet, dass Betriebe bei einem Milchpreis von unter 48 Cent Verlust schreiben. Erst ab einem Milchpreis von 50 Cent ist laut LfL über eine Eigenkapitalbildung der Betriebe überhaupt zu denken.
Großes Geheimnis: Der aktuelle Milchpreis
Wie viel die heimischen Molkereien den Landwirten genau zahlen ist nur schwer zu sagen. Auf OVB Anfrage zum Milchpreis und einer möglichen Preisentwicklung gibt Meggle in Wasserburg keine Stellungnahme ab. Seitens der Molkerei Bauer in Wasserburg heißt es, die Aussage über den Milchpreis sei nach dem Kartellrecht verboten. Die Vergleichbarkeit sei auch relativ komplex, da jede Molkerei verschiedene Grundpreise mit verschiedenen Inhalten und Basen habe, einen einheitlichen Grundpreis gäbe es dabei eigentlich nicht. Das hängt unter anderem auch mit der Zusammensetzung des Fettgehalts in der Milch zusammen. Die Molkerei Berchtesgadener Land gibt auf ihrer Internetseite einen Durchschnittspreis von Januar bis Mai 2023 mit einem Wert von 59,41 ct/kg für konventionelle Milch an und würde damit weit über dem bayerischen Schnitt liegen.
Konventionelle und Bio-Milch
Der Preis, den die Molkereien den Landwirten zahlen, richtet sich zudem nach der Art der angelieferten Milch. Unterschieden wird zwischen konventioneller und Bio-Milch. Der Anteil der Biomilch nimmt laut dem Milcherzeugerverband Bayern immer weiter Fahrt auf. Wie schon seit Beginn des Jahres pendelt sich die erhöhte Erzeugung von Bio-Milch auf rund 8 Prozent ein. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, würden in Bayern bis zum Jahresende mehr als 700 Millionen Kilogramm Biomilch produziert werden.
Wie geht es für die Milchbauern weiter?
„Ich sehe schon, dass die Milchpreise wieder nach oben gehen werden”, sagt Philipp Moosner. Momentan sei einfach zu viel Milch auf dem Markt. Das ist dadurch geschuldet, dass gute Milchpreise ausbezahlt wurden und viele Betriebe noch weiter gemolken haben, die eigentlich schon an das Aufhören gedacht haben. „Außerdem hatten wir einen starken Nachfragerückgang von fast 10 Prozent gegenüber dem letzten Jahr. 30 Prozent der Lebensmittel werden weggeworfen und wenn die Preise etwas höher sind, wird auch weniger weggeworfen.” Und die großen Mengen an verschwendeten Lebensmitteln seien sowohl ein generelles wie auch ein moralisches Problem. „Aber wenn ein Päckchen Butter statt nur 1,50 Euro, sondern 2,50 Euro kostet, wird vielleicht auch weniger weggeworfen.”
Supermarktpreise fallen langsam
Die Preise, die im Supermarkt für Milchprodukte zu zahlen sind, fallen langsam wieder. Nachdem im vergangenen Jahr besonders Milch und Butter deutlich teurer geworden waren, sinken die Preise nun ein Stück. Ein Liter Milch kostet im Supermarkt derzeit etwas über einen Euro pro Liter. Die Eigenmarken von Aldi, Edeka und Rewe liegen derzeit zwischen 0,99 und 1,19 Euro. Davon kommen im Moment rund 43 Cent bei den Landwirten an. „Die Betriebsmittelpreise werden nicht mehr fallen, also kann man einen fallenden Milchpreis nur schlecht akzeptieren”, klagt Moosner. In der Landwirtschaft sei das immer ein wenig zeitversetzt, weil fallende Preise auch mal kompensiert werden können. „Aber zukunftsfähig sind die Betriebe dann nicht mehr.”
So viel Milch braucht man für Butter, Sahne und Käse:
- Hochleistungskühe geben in etwa 27 Liter Milch pro Tag, knapp 10.000 Liter pro Jahr
- Aus 100 Litern Milch werden 8 bis 12 Liter Sahne gewonnen. Daraus können vier Kilo Butter hergestellt werden
- Ein Kilo Frischkäse erfordert vier Liter Milch, für ein Kilo Hartkäse braucht man etwa 13 Liter Milch
- Aus einem Liter Milch wird ein Kilo Joghurt
