Besserung in Sicht?
„Das ist eine Sauerei“: Kritik am ÖPNV in Rosenheim reißt nicht ab
Fahrpläne, mit zu kleiner Schrift, Anzeigen, die nicht funktionieren und Haltestellen, die es nur auf dem Papier gibt: Beim ÖPNV in der Stadt Rosenheim gibt es noch Luft nach oben. Zwar hat sich der Fahrplan zum Teil verbessert - doch davon wissen aufgrund der fehlenden Kommunikation nur die wenigsten.
Rosenheim - Georg Resch ist sauer. Auch Tage nach dem Vorfall. Nach einer Augenuntersuchung wollte der 83-Jährige den Bus nach Hause nehmen. „Gewohnheitsmäßig bin ich dann zur Haltestelle Ecke Bahnhofstraße gegangen“, sagt der Rosenheimer. Er habe gewartet, die Linientafel überprüft, auf der nach wie vor die Linie 11 nach Pang angezeigt wurde – und weiter gewartet. „Ich stand eine geraume Zeit da, aber es kamen kaum Busse“, erinnerte sich Resch.
Zu kleine Schrift auf dem Fahrplan
Irgendwann sei er misstrauisch geworden. Im Wartehäuschen sei er schließlich auf einen Aushang gestoßen mit der Information, dass alle Busse ab sofort vom neuen Busbahnhof am Südtiroler Platz fahren. Also habe er sich auf den Weg zu seiner neuen Haltestelle gemacht. „An der Anzeige dort werden aber keine Abfahrtszeiten angezeigt“, kritisiert Resch.
Stattdessen stünde dort lediglich der Hinweis, den Fahrplan zu beachtend – er sich wiederum in einem Schaukasten befindet. „Diesen konnte ich aufgrund der kleinen Schrift jedoch nicht lesen“, sagt Resch. Nur durch die Mithilfe eines weiteren Fahrgasts sei es ihm gelungen, herauszufinden, von wo und vor allem wann sein Bus fährt. „Wenn ich als Rosenheimer schon solche Probleme habe, frage ich mich, was Besucher machen.“
Es sind Probleme, die Oliver Kirchner, Geschäftsführer der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG) kennt. Zumindest einen Teil davon. Er weiß beispielsweise, dass die Anzeigen am Busbahnhof am Südtiroler Platz nicht funktionieren. „Dies ist ein datentechnisches Schnittstellenproblem, unter anderem durch die extrem hohe Datenmenge der Stadtbusdaten“, sagt er auf OVB-Anfrage. Im Moment werde versucht, das Problem zu lösen.
Personalmangel in der Busbranche
Ein weiteres Problem scheinen die fehlenden Busfahrer zu sein. So musste der Übergangsfahrplan, der aufgrund von Krankheit und Personalmangel eigentlich nur bis Ostern geplant war, vorerst auf unbestimmte Zeit verlängert werden. „Wie lange die betriebsbedingten Einschränkungen aufrechterhalten werden müssen, kann man aktuell nicht sagen“, teilt Kirchner mit. Er unterstreicht aber, dass sich die Einschränkungen im ÖPNV im Vergleich zu anderen Regionen „außerordentlich in Grenzen halten“ und „Stadt und Landkreis aktuell glimpflich davon kommen“. Der Markt an Fahrpersonal sei wie leergefegt, zudem koste die Ausbildung zum Busfahrer über 10.000 Euro.
Informiert wurden die Fahrgäste über den anhaltenden Übergangsfahrplan per Aushang - zumindest am Busbahnhof in der Stadtmitte. Auf einem Din-A4-Zettel, der in einer Klarsichtfolie steckt, wird man daraufhin gewiesen, dass die Linie 8 von Montag bis Samstag nicht fährt. „Montag bis Freitag fahren alle Linien bis auf die Linie 8 gemäß Fahrplan. Die Linie 8 fährt morgens und mittags jeweils für die Schüler eine Fahrt“, erklärt Kirchner. Am Samstag fahre die Linie 12 planmäßig, alle anderen Linien - mit Ausnahme der Linie 8 - fahren stündlich.
Diskussionsstoff im Stadtrat
„Der Busverkehr hat sich über die Jahre immer mehr verschlechtert“, sagte eine 65-jährige Frau aus Happing, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Sie fahre bereits seit 35 Jahren mit dem Bus, erinnere sich noch gut an die Zeit als die Busse im 15-Minuten-Takt fuhren. Sie kritisiert die zum Teil nicht lesbaren Fahrpläne, die Ausdünnung der Linien und die fehlende Kommunikation. Letzteres sorgte auch in verschiedenen Stadtratssitzungen immer wieder für Diskussionsstoff. So habe sich der Fahrplan zwar verbessert, jedoch wüssten viele Fahrgäste nicht darüber Bescheid. „Derzeit finden Abstimmungsgespräche mit der Stadt Rosenheim statt, um den Fahrplan nochmal intensiver zu bewerben“, verspricht Kirchner.
Generell scheint es in Sachen Kommunikation noch Nachholbedarf zu geben – vor allem rund um das Thema Fahrgast-Information. In der Isarstraße und in Heilig Blut scheint die Situation für Fahrgäste so unbefriedigend gewesen zu sein, dass sie das Zepter kurzerhand selbst in die Hand nahmen und einen eigenen Aushang an die Bushaltestelle hingen. Ein Rosenheimer informierte die Fahrgäste in der Isarstraße darüber, dass es der „Stadtverkehr Rosenheim und die RVO leider versäumt hätten, eine Info zu hinterlassen, dass die Haltestelle Isarstraße-Wohngebiet derzeit nicht angefahren wird“. Grund hierfür sei eine Baustelle. Auf einer Skizze zeichnete der Rosenheimer die alternativen Haltestellen ein.
Einen weiteren „privaten Hinweis“ gibt es an der Haltestelle Heilig Blut. Mit einer Information darüber, dass die Linie 7 samstags nur noch stündlich fährt. „Der RVO sieht es wahrscheinlich nicht für nötig, die Fahrgäste mit einem Aushang darauf hinzuweisen“, heißt es auf dem Din-A4-Blatt und weiter: „Das ist eine Sauerei“. Auch diese Probleme sind RoVG-Geschäftsführer Oliver Kirchner bekannt. „Hier ist bedauerlicherweise ein Kommunikationsfehler aufgetreten. Allerdings wurde in der Vergangenheit teilweise auch die an den Haltestellen ausgehängte Information mutwillig zerstört“, teilt er auf OVB-Anfrage mit.
Zumindest einige dieser Schwachstellen könnten durch den MVV-Beitritt im Dezember behoben werden. Im Zuge dessen sei laut Kirchner zudem beabsichtigt, dass Haltestellen-Ansagen in den Fahrzeugen wieder eingeführt werden. An fast allen Haltestellen fehlen im Moment akustische Ansagen, die vor allem für blinde und ältere Menschen extrem wichtig sind. Nachgerüstet werden soll auch in der Westerndorfer Straße auf der Höhe St. Michael/FOS/BOS. Laut Fahrplan sollte es dort eigentlich eine Haltestelle geben. Diese wäre vor allem für Bewohner des Studentenwohnheims praktisch. Das Problem: Von einem entsprechenden Schild fehlt nach wie vor jede Spur. „Unseres Wissens ist dies aktuell die einzige Haltestelle, die noch nicht korrekt positioniert wurde. Dies sollte aber in der nächsten Zeit behoben sein“, erklärt Kirchner.
Um die Vermarktung des Ein-Euro-Tickets kümmert sich die Rosenheimer SPD jetzt jedenfalls selbst. Auf einer Stadttour und in den sozialen Medien weisen sie auf das neue Mobilitätsangebot hin, das vorerst bis November gilt. „Das Ein-Euro-Ticket ist eine wichtige Entlastung für den Bürger und unterstützt gleichzeitig den Einzelhandel“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan.





