Sein Neffe hatte ihm die Drogen besorgt
Kriegserlebnisse als Suchtauslöser? Rosenheimer Gericht ertappt Angeklagten (44) beim Lügen
Weil er sich von seinem Neffen mit verschiedenen Drogen versorgen ließ, musste sich jetzt ein 44-jähriger Mann aus Rosenheim vor dem Amtsgericht verantworten. Als Begründung für seine Sucht führte der Angeklagte ein Kriegstrauma ins Feld. Doch der Einwurf entpuppte sich als Lüge.
Rosenheim – Der Neffe des Angeklagten betrieb in Mindelheim einen schwungvollen Drogenhandel. Kokain, Amphetamine und Marihuana hatte er dort im Angebot. Als er von der Drogenfahndung dingfest gemacht wurde, wurden auch dessen Kunden unter den Smartphone-Kontakten entdeckt. Auch seinen Onkel aus Rosenheim hatte er mit der ganzen Palette an verbotenen Rauschmitteln versorgt.
Als dessen Wohnung am 22. Dezember 2021 von Beamten der Rosenheimer Kriminalpolizei durchsucht wurde, fanden die Einsatzkräfte Betäubungsmittel aller drei Arten.
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, erklärte im Namen seines Mandanten, dass dieser umfassend geständig sei. Darüber hinaus habe er seither jeglichen Genuss dieser verbotenen Substanzen eingestellt und besuche mittlerweile eine ambulante Therapie. Zudem unterziehe er sich aus freien Stücken einer regelmäßigen Kontrolle. Dabei würde belegt, dass sein Mandant tatsächlich bestrebt sei, „in Zukunft drogenfrei zu leben“.
Posttraumatische Störungen aus der Militärzeit?
Ursache seiner Drogenabhängigkeit, so der Angeklagte, sei eine posttraumatische Störung, die aus seiner Militärzeit 2005/2006 in Serbien herrühre. Im Kosovokrieg habe der gebürtige Serbe nach eigenen Angaben damals derart traumatische Erlebnisse gehabt, dass dies in seinem ganzen Umfeld zu einer Flucht in die Drogen geführt habe. Eine Erklärung, die vor Gericht nicht überzeugen konnte – schließlich hatte der von ihm angeführte Krieg bereits 1998 geendet.
Wie der psychiatrisch, forensische Gutachter, Oberarzt Dr. Josef Eberle, aus dem Inn-Salzach-Klinikum berichtete, sei der Angeklagte zwischenzeitlich drogenfrei gewesen. Erst im Jahre 2019 sei er wegen häuslicher und beruflicher Probleme wieder rückfällig geworden. Eine verminderte Schuldfähigkeit konnte er ihm nicht attestieren. Durchaus wirkungsvoll könne aber eine Therapie im geschlossenen Maßregelvollzug sein, da der Angeklagte ganz an einer Polytoximanie – also einem multiplen Substanzgebrauch – leide, die der Behandlung bedürfe.
In seinem Schlussvortrag kannte der Staatsanwalt zwar das Geständnis des Angeklagten an. Jedoch sei wegen der Beweislage ein Leugnen auch völlig sinnlos gewesen. Beklagenswert seien seine Vorstrafen. Deshalb sei zu erwarten, dass bei einer nächsten Krisensituation die Strafandrohung einer Bewährungsstrafe ihn nicht von einer neuerlichen Straftat abhalte. Sein Antrag: 18 Monate unbedingte Haft und der Vollzug in einer geschlossenen Therapie.
Der Verteidiger verwies auf die geringe Menge der aufgefundenen Drogen und hielt eine Strafminderung wegen eines minder schweren Falles für angemessen. Er plädierte auf zwölf Monate Haft, die das Gericht zur Bewährung aussetzen möge. Aus seiner Sicht sei eine positive Sozialprognose zu sehen. Wegen der bereits angetretenen Therapie sei auch ein Maßregelvollzug nicht vonnöten.
Berufung eingelegt
Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch vermochte keine Bewährungsstrafe zu gewähren. „Zu oft haben Sie gezeigt, dass Sie auf verschiedenste Weise immer wieder vorsätzlich gegen die deutsche Rechtsordnung verstoßen. Auch die vorangegangene Bewährungsstrafe aus dem Jahr 2007 hat sie nicht an weiteren Straftaten gehindert“, richtete Knoblauch das Wort an den Angeklagten. Das Urteil des Gerichts lautete dann auf 18 Monate Haft, die der 44-Jährige im Maßregelvollzug therapeutisch verbüßen kann. Die Verteidigung hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.