Inklusion weiter vorantreiben
Rosenheim ist „Host Town“ für die Special Olympics – und hat schon jetzt große Pläne
Die Entscheidung ist gefallen: Rosenheim wird eine von 216 Gastgeberstädten bei den „Special Olympics World Games Berlin 2023“ – und empfängt eine 40-köpfige Delegation aus Mauritius. Die Stadt ist damit Teil des größten kommunalen Inklusionsprojekts in der Geschichte Deutschlands.
Rosenheim - Vor Markus Bundil, Christine Mayer und Joachim Strubel liegen anstrengende Wochen. Die drei sind Teil der Organisationsgruppe, die sich um die Planungen und Vorbereitungen rund um das „Host-Town“-Projekt kümmert. „Ich habe die Verwaltung bereits 2020 auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, sich als Gastgeberstadt für die Special Olympics zu bewerben“, sagt Joachim Strubel. Er ist der Leiter der Abteilung Handicap-Integrativ des SB/DJK Rosenheim und war in seiner Funktion als Basketballtrainer selbst zweimal in „Host Towns“ – erst im irischen Kilkenny und acht Jahre später auf Korfu. „Das war eine tolle Sache“, sagt er. Dass Strubel jetzt die Möglichkeit hat, anderen Athleten eine eben solche Erfahrung zu bescheren, freut ihn umso mehr.
Das Konzept hinter den „Host Towns“ ist schnell erklärt. Bevor die Athleten bei den „Special Olympics World Games“ in Berlin – einem Wettkampf für Menschen mit geistiger Behinderung, an dem auch nicht behinderte Partner gemeinsam mit den Athleten in Teams teilnehmen können – antreten, sollen sie einige Tage lang die Möglichkeit bekommen, ihr Gastland kennenzulernen. Für Rosenheim bedeutet das, dass sie vom 12. bis 15. Juni 2023 eine Delegation aus Mauritius aufnehmen, ihnen Trainingsmöglichkeiten anbieten und kulturelle Angebote schaffen.
„Wir wollen die vier Tage so gestalten, dass es für die Gäste ein tolles Erlebnis wird“, sagt Markus Bundil vom Rosenheimer Stadtjugendring. Geplant seien Ausflüge an den Wendelstein oder Herrenchiemsee, aber auch Besuche in Behindertenwerkstätten und Einrichtungen, „in denen Inklusion gelebt wird“. Nicht nur der Tourismus stehe im Vordergrund, sondern auch das Thema Begegnung. Geplant sei deshalb ein großes Fest auf dem Max-Josefs-Platz, an dem Akteure aus Schulen, Vereinen und Kultureinrichtungen teilnehmen. „Die ganze Stadt soll dahinterstehen“, sagt Bundil. Finanziert wird die Veranstaltung aus Spenden aus dem Rosenheimer Stiftungs- und Sponsoringnetzwerk.
In den kommenden Wochen werden Bundil, Strubel, Mayer und die Mitarbeiter der Verwaltung ein erstes Programm zusammenstellen. Sie müssen Hotels buchen, Hallen reservieren, Auflagen erfüllen. „Sicherheit und Barrierefreiheit werden beim Veranstalter großgeschrieben“, sagt Bundil.
Von Anfang an sollen zudem Menschen mit Behinderung in die Planungen und Vorbereitungen eingebunden werden. „Wir wollen die Menschen über den Sport zusammenbringen“, sagt Strubel. Die Behindertenbeauftragte der Stadt, Christine Mayer, fügt hinzu: „Wir wollen Menschen mit Behinderung sichtbar machen und zeigen, wie viel Freude sie in das Leben jedes Einzelnen bringen.“ Ihr sei wichtig, dass eben nicht die Behinderung im Vordergrund steht, sondern die Leistung als Sportler und Menschen. Mayer selbst hat einen Sohn mit geistiger Behinderung und über die Jahre immer wieder negative Erfahrungen gemacht. Und doch stellt sie fest, dass der Umgang mittlerweile ein anderer ist. Besser, verständnisvoller und offener.
Sichtbarkeit in Sport und Gesellschaft
„Wir sind auf einem guten Weg. Aber es gibt trotzdem noch Luft nach oben“, sagt Strubel. Auch deshalb bleibt die Hoffnung, dass die für die Veranstaltung geschaffenen Netzwerke und Partnerschaften über die Spiele hinaus bestehen. „Wir wollen Inklusion nachhaltig stärken“, sagt Bundil. Ziel müsse sein, dass Menschen mit geistiger Behinderung sichtbarer in Sport und Gesellschaft werden. „Es muss beispielsweise selbstverständlich werden, dass Menschen mit geistiger Behinderung in Vereinen aktiv sind“, ergänzt Strubel.