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Die Eiszeit ist vorbei

„Ohne Vulkane gäbe es keine Menschen“: Ab 10. März wird es heiß im Rosenheimer Lokschuppen

Am 10. März öffnet die neue Ausstellung im Rosenheimer Lokschuppen ihre Türen für die Öffentlichkeit. Das Thema: Vulkane.
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Am 10. März öffnet die neue Ausstellung im Rosenheimer Lokschuppen ihre Türen für die Öffentlichkeit. Das Thema: Vulkane.

Nachdem die Mammuts und Wollnashörner aus dem Lokschuppen ausziehen mussten, sind nun die Vulkane eingezogen. Dabei geht es nicht nur um ihre Funktionsweise, sondern auch um die Menschen, die an Vulkanen leben.

Rosenheim - Rauch, Geröll und Gesteinsbrocken fliegen in hohem Bogen aus dem Vulkan, die glühende schwarz-rote Lava läuft in breiten Bächen hinunter in Richtung Meer, wird immer langsamer und verschlingt doch alles. Unten am Meer dampft es gewaltig. Man kann es nicht riechen, nicht spüren, nicht hören - stattdessen gibt es einen beeindruckenden Soundtrack von Raphael Jaklitsch - aber es nimmt einen doch mit.

175.000 Besucher werden erwartet

Eigentlich nehme man einen Vulkanausbruch aber mit allen Sinnen wahr, erklärte Professorin Nicole Richter, eine der Kuratorinnen der Vulkanausstellung im Lokschuppen. „Das ist mehr als sehen“, beschrieb sie die Szenerie, „man riecht den Schwefel, spürt den Tremor der Erde“ und laut sei es auch. Das alles fehlt und doch zeigt die große animierte Videoinstallation, die eines der vielen Highlights ist, seine Wirkung. Da hilft auch, dass die Leinwand 20 Meter breit und 4,50 Meter hoch ist. Wird sonst bei der Presseführung viel geplaudert, herrschte hier abseits der Musik Stille.

Eine Videoinstallation zeigt einen täuschend echten Vulkanausbruch.

Vorher bei der Pressekonferenz war das freilich anders: 175.000 Besucher, erwartet vkr-Geschäftsführer Florian Englert, damit würde man 90 Prozent der Kosten von rund 2,5 Millionen Euro erreichen. „Das ist ein Spitzenwert für einen Kulturbetrieb“, hielt Englert fest. Den Rest der Kosten würden Sponsoren, Förderverein und die Stadt Rosenheim, die wie immer auch das Risiko trägt, gedeckt. Rosenheim hätte freilich auch etwas von den vielen Besuchern, erklärte Englert: Als Imageträger, als Bildungsfaktor und nicht zuletzt als wirtschaftlicher Faktor - nach Berechnungen ließen die Besucher fast 5 Millionen Euro in Rosenheims Gastronomie und Läden liegen.

Dass er vor seiner Ausstellungspremiere - Englert hat im vergangenen Jahr die Nachfolge von Peter Lutz angetreten - sehr nervös war, gab er unumwunden zu. Wobei Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin des Ausstellungszentrums Lokschuppen, scherzhaft bemerkte, dass es gar keinen Grund für Nervosität gegeben hätte, schließlich sei gestern Nacht um halb zwei alles fertig gewesen. Das Team und alle der gut 150 Beteiligten hätten Blut und Wasser geschwitzt, fügte sie etwas ernsthafter hinzu. Sichtlich stolz zeigt sich Morscheiser über die 269 Exponate aus aller Herren Länder und 35 Medienstationen, wie die Videoinstallation des Vulkanausbruchs. Und die promovierte Archäologin freute sich auch über die Rekonstruktion einer Kneipe in Pompeji.

Von links: Professor Dr. Christan Feest, Dr. Jennifer Morscheiser, Holger Freiherr von Neuhoff, Professor Dr. Nicole Richter, Professor Dr. Martin Meschede und Florian Englert.

Das Leben mit dem Vulkan

Doch nicht nur längst vergangene Vulkanaussbrüche sind Thema, auch die Eruption auf der spanischen Insel La Palma vor zwei Jahren spielt eine große Rolle. Bei dem Ausbruch verloren 700 Menschen ihr Zuhause, über 3000 Gebäude wurden zerstört. Noch immer sind ganze Dörfer nicht betretbar. „Wir wollten vermitteln wie Menschen mit Vulkanen leben“, erklärte Morscheiser. Auch der Ethnologe Professor Dr. Christian Feest betonte die faszinierende Beziehung zwischen Menschen und Vulkanen. Zum Einen sei da die große mythische Aufladung, zum anderen eine ganz praktische Kosten-Nutzen Abwägung: Denn neben dem Risiko eines Ausbruchs sei das Land durch die vulkanische Asche besonders fruchtbar. Auch Schwefel, Salze und Basalt hätten den Menschen viel Wohlstand gebracht. „Ohne uns Menschen würden Vulkane nur sinnlos vor sich hinspucken“, sagte er lachend.

Wobei die Sinnlosigkeit von Kurator Professor Martin Meschede in Frage gestellt wurde. „Ohne Vulkane gäbe es keine Menschen und auch sonst kein Leben, wie wir es kennen“, erklärte er. Denn Vulkane stellten „das globale Kühlsystem“ der Erde da. Ohne sie, erklärt er im Gespräch mit dem OVB, würden auf der Erde Temperaturen zwischen 200 und 600 Grad herrschen. „Grob gesagt ist der Erdkern eigentlich ein Riesenreaktor, in dem permanent Teilchen zerfallen, dabei entsteht Wärme, die raussteigt.“ Durch Vulkanausbrüche käme diese Wärme - wie bei einem Druckluftventil - stoßweise heraus, anstatt dauerhaft die Erde zu erwärmen.

Eine Installation zeigt eine Figur in Schutzausrüstung vor einem Vulkanausbruch.

Kultur und Wissenschaft kommen zusammen

Gerade die Kombination aus Kultur, Geschichte und Naturwissenschaften macht die Ausstellung besonders faszinierend. Dieser ganzheitliche Ansatz sei typisch für den Lokschuppen, der damit als Ausstellungsort nahezu einzigartig sei, sagte Kurator Holger Freiherr von Neuhoff. Ganz im Sinne Alexander von Humboldts entstünde im Rosenheimer Lokschuppen eine besondere Innovationskraft, wenn „Kultur und Wissenschaft zusammenkommen“.

Sogar - und das ist ein komplettes Novum - über die Ausstellung hinaus, werden Vulkane in Rosenheim präsenter sein: Ab dem 15. März beginnt an der Rosenheimer Volkshochschule eine Ringvorlesung zu vulkanischen Themen. Etwa dem Leben auf La Palma nach der Eruption oder der Aktivität von den Vulkanen in der Eifel.

„Nach dem ersten Vulkanausbruch gab es nichts anderes mehr“

Und auch der emotionale Zugang kommt nicht zu kurz: „Nachdem ich meinen ersten Vulkanausbruch erlebt habe, gab es nichts anderes mehr“, erzählte Nicole Richter. Die Aachener Professorin untersucht vorwiegend Vulkane unter Wasser und erklärt, wieso Emotionen so wichtig sind: „Da hat man einen persönlichen Bezug zu den Daten, die man sammelt.“ Und auch der Besucher in Rosenheim bekommt mit dem virtuellen Vulkanausbruch einen Zugang zu den Menschen, Daten und Fakten, die die Ausstellung zeigt. Am 10. März öffnet sie ihre Türen für die Öffentlichkeit.

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