Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim
Rosenheim erinnert an Pogromnacht – antisemitischer Vorfall am Rande der Veranstaltung
Rosenheim gedenkt der Pogromnacht von 1938: Über 70 Menschen versammelten sich an den Stolpersteinen und hörten die Biographien der Opfer. Antisemitische Vorfälle während der Veranstaltung werfen einen Schatten auf das Gedenken.
Von Thomas Nowotny
Rosenheim – „Nie wieder Judenhass!“ Unter diesem Motto gedachte die Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim gemeinsam mit Vertretern der Stadt Rosenheim und vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen der Pogromnacht am Abend des 9. Novembers 1938. An diesem Tag begann die planmäßige Beraubung, Vertreibung und Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden, aber auch vieler anderer Opfer des NS-Terrors.
Bilder der Opfer an den Hausfassaden
Über 70 Menschen fanden sich bei den Stolpersteinen in der Bahnhofstr. 8 und später in der Münchner Str. 38 ein. Sie hörten die Biographien des Sinto Gory Kaufmann, der jüdischen Familie Wiener und des Kaufmanns Isidor Camnitzer, sahen ihre Bilder an der Hausfassade. Die Gedenksteine wurden geputzt und mit Kerzen und Blumen geschmückt, so dass sie festlich erstrahlten.
Der Umzug ging weiter zu den beiden Orten, wo vor genau 86 Jahren jüdische Geschäfte verwüstet und geplündert wurden. Vor der Gillitzerstr. 12 wurde an die Familie Obernbreit erinnert, die dem NS-Terror zum Opfer fiel; am Ludwigsplatz 19 an die Familie Westheimer, denen die Flucht in die USA gelang. Sie überließen der Initiative Erinnerungskultur einige schöne Familienfotos, die nun an die Wand ihres früheren Wohnhauses projiziert wurden. Für beide Familien ließ die Stadt Rosenheim Gedenkzeichen errichten, die nun ebenfalls mit Kerzen und Blumen geschmückt wurden. In einem Grußwort betonte Kulturamtsleiter Wolfgang Hauck die Mitverantwortung der damaligen Stadtoberen und vieler Bürger für den NS-Terror. Der Leiter des Stadtarchivs Christian Höschler stellte die Biographie der Familie Westheimer vor. Mitarbeiter von Lebenshilfe und dem Katholischen Jugendsozialwerk beschrieben die Krankenmorde in einfacher Sprache.
Antisemitischer Vorfall am Rande der Veranstaltung
Beiträge der „Omas gegen rechts“ und des Vereins „Gesicht zeigen“ beklagten den zunehmenden Antisemitismus, der sich gerade in pogromartigen Ausschreitungen in Amsterdam zeigte. Leider auch in Rosenheim: Einige jungen Männer zogen mit israelfeindlichem Geschrei an der Kundgebung vorbei. Auch dieser Vorfall wird der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) gemeldet, die einen extremen Anstieg solcher Vorfälle verzeichnen musste.
Bei den Gedenkzeichen am Ludwigsplatz endete die Kundgebung mit dem Satz „Nie wieder ist jetzt!“. Unter diesem Motto läuft noch bis zum 10. Dezember die Veranstaltungsreihe des Rosenheimer No-AFD-Bündnisses mit vielen interessanten Beiträgen.
