Exklusiv-Interview mit Dr. Michael Piazolo
Rettung per Gesetz? Politik setzt sich für „Alten Wirt“ in Aising ein: Warum das wohl nicht hilft
Es ist ein Thema, das seit Jahren für Diskussionen sorgt: die Zukunft des „Alten Wirt“ in Aising. Jetzt könnte es schnell gehen und das Wirtshaus endgültig abgerissen werden. Allerdings setzt sich nun sogar die bayerische Politik für den Erhalt ein. Welchen Grund das hat und wie die Chancen stehen.
Rosenheim – Die Tage sind wohl gezählt. Der „Alte Wirt“ in Aising soll kurz vor dem Abriss stehen. Und das, obwohl sich nach wie vor viele Menschen für den Erhalt des leerstehenden Wirtshauses einsetzen. Unter anderem hat eine Rosenheimerin zusammen mit der Interessengemeinschaft (IG) Rosenheim Süd eine Petition an den Bayerischen Landtag geschickt. Dort wurde sie im Ausschuss für „Wissenschaft und Kunst“ behandelt. Dessen Vorsitzender Prof. Dr. Michael Piazolo (Freie Wähler) erklärt im exklusiven OVB-Interview, wie die Entscheidung über das alte Gasthaus ausgefallen ist, was es für den Erhalt bräuchte und warum die Chance darauf gering stehen.
In den vergangenen Tage gab es viele Gerüchte – wie steht es wirklich um den „Alten Wirt“ in Aising?
Prof. Dr. Michael Piazolo: Das ist eine besondere Situation in zweierlei Hinsicht. Die eine ist, dass die Stadt Rosenheim schon eine Abbruchgenehmigung erteilt hat. Insofern sind wir in einem sehr späten Stadium. Die zweite Situation ist, dass der Freistaat Bayern gerade dabei ist, das Denkmalschutzgesetz zu ändern und dieses etwas weiter zu fassen. Aufgrund der Änderung könnte es sein, dass das infrage stehende Gebäude doch unter Denkmalschutz stehen könnte.
Eine Gesetzesänderung?
Piazolo: Im neuen Gesetz ist geplant, den Ortsbildfaktor zu steigern. Dabei ist der Plan, die „ortsbildprägende Bedeutung“ als Kriterium für den Denkmalschutz mitaufzunehmen. Ortsbildprägend ist ein Gebäude dann, wenn dessen Entfernung als Lücke und nachhaltiger Verlust für das Ortsbild empfunden wird.
Wann soll die Gesetzesänderung kommen?
Piazolo: Es ist noch in diesem Jahr damit zu rechnen. Das Gesetz ist schon vorbereitet. Offen ist noch, wann das Ministerium es in den Ministerrat einbringt, der es verabschiedet und es dann ins Parlament kommt. Wenn es schnell geht, könnte das noch vor der Sommerpause passieren. Es kann aber auch länger dauern.
Für den „Alten Wirt“ könnte es zu spät sein.
Piazolo: Ja. Das war auch einer der Punkte, über die wir im Ausschuss gesprochen haben. Es lässt sich zwar nicht mit Sicherheit feststellen, ob die Gesetzänderungen auf den „Alten Wirt“ zutrifft, aber mit dem neuen Gesetz hätte es wohl einen stärkeren Schutz gegeben. Die Entscheidung über das Gebäude fiel aber nach dem alten Gesetz.
Warum hat sich der Ausschuss überhaupt mit der Petition aus Rosenheim befasst?
Piazolo: Der Ausschuss kümmert sich neben der Zuständigkeit für Hochschulpolitik, Wissenschaftspolitik und Kulturpolitik auch um den Denkmalschutz. Pro Sitzung behandeln wir zwischen sechs und zwölf Petitionen von Bürgern – davon ist rund die Hälfte aus dem Bereich des Denkmalschutzes. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Petition zu behandeln. Das stärkste Mittel ist die Berücksichtigung. Dann muss die Staatsregierung das Anliegen berücksichtigen. Es gibt auch die Möglichkeit, die Petition zu würdigen oder diese für erledigt zu erklären. Bei rund jeder dritten Petition kommt es auch dazu, dass sich Mitglieder des Ausschusses die Situation vor Ort anschauen.
Wie ist die Entscheidung bei der Petition zum„Alten Wirt“ ausgefallen?
Piazolo: Es ist eine Petition, mit der wir uns intensiv beschäftigt haben. Sie wurde Anfang April behandelt. Dabei hatten die Petenten die Möglichkeit, Stellung zu beziehen. Der Ausgang ist gewesen, dass wir keine Möglichkeit sehen, direkt einzugreifen und die Entscheidung zu verhindern. Das liegt auch daran, dass in diesem Verfahren kein Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz zu erkennen ist. Dennoch ist fraktionsübergreifend einstimmig die Entscheidung gefallen, dass das wertvolle Gebäude – gerade beim äußeren Erscheinungsbild und der Historie– erhaltenswert ist. Viele der Ausschussmitglieder bedauern, dass es zum Abriss kommen soll.
Etwas zu bringen scheint es aber nicht.
Piazolo: Aufgrund der bekannten Eigentumssituation und da die handelnden Behörden nicht gegen ein Gesetz verstoßen haben, haben wir als Ausschuss keine rechtliche Handhabe. Die Entscheidung im Ausschuss hat letztendlich nur eine Appellwirkung.
Inwiefern?
Piazolo: Es geht darum, deutlich zu machen, dass wir das Gebäude für wertvoll halten. Deshalb haben sich die Mitglieder des Ausschusses dazu entschieden, dass ein Brief an Oberbürgermeister Andreas März geschrieben wird. Darin wird angeregt, dass sich die Stadt auch nochmal Gedanken macht, ob das Gebäude nicht schützenswert ist. Es hat aber keine rechtliche Wirkung, dass ein bestimmtes Handeln der Verwaltung erfordert.

