Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

OVB-Exklusiv-Interview

Romed in roten Zahlen: Wie der neue Chef das Defizit in den Griff bekommen möchte

 Landrat Otto Lederer, der neue Romed-Geschäftsführer Ulrich Schulze und Oberbürgermeister Andreas März.
+
In schwierigen Gewässern: Landrat Otto Lederer, der neue Romed-Geschäftsführer Ulrich Schulze und Oberbürgermeister Andreas März.

Die Themen, die Dr. Ulrich Schulze künftig erwarten, sind keine leichte Kost. Im exklusiven OVB-Interview erklärt der neue Romed-Geschäftsführer, wie er dem Klinik-Defizit begegnen will und ob eine Schließung des Standortes Bad Aibling infrage kommt.

Rosenheim – Neuer Chef, alte Herausforderungen: Als Geschäftsführer des Romed-Klinikverbundes hat Dr. Ulrich Schulze künftig allerhand zu tun. Besonders die finanzielle Lage und das Millionen-Defizit dürften künftig Dauerthema sein. Wie er dem begegnen möchte und wie er auf die Ermittlungen zur Geburtsklinik Wasserburg blickt, erklärt Schulze im exklusiven OVB-Interview.

„Es gibt Hausaufgaben zu machen“

Welchen Eindruck haben Sie in Ihrem ersten Monat von Romed gewonnen?

Dr. Ulrich Schulze: Was mir aufgefallen ist, ist eine große Herzlichkeit, der Charme, mit dem einem hier die Menschen begegnen, und ganz besonders die hohe Verbundenheit, die die Mitarbeiter mit Romed und mit dem jeweiligen Standort haben.

Sie als Geschäftsführer stehen allerdings vor großen Herausforderungen.

Schulze: Herausforderungen haben wir im gesamten Gesundheitswesen in Deutschland. Das liegt auch an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Romed ist mit seinem Leistungsspektrum gut aufgestellt. Im Zentralklinikum in Rosenheim, aber auch mit seinen Angeboten in den Kreiskliniken in Prien, in Wasserburg und in Bad Aibling. Trotzdem gibt es Hausaufgaben zu machen. Und über die Wirtschaftlichkeit werden wir sicher sprechen müssen.

Derzeit sind Sie davon wohl weit entfernt. Wie hoch etwa könnte das Defizit 2024 ausfallen?

Schulze: 18,9 Millionen Euro waren es 2023. Da waren 10 Millionen an Inflationsausgleichen und Zulagen für Kinderheilkunde und Geburtshilfe enthalten, die von Bund oder Land geleistet wurden. Dieses Jahr gibt es da nur noch 3 Millionen, ab 2025 fallen diese Beträge vollständig weg. Wir werden 2024 in der Größenordnung von circa 19,5 Millionen Euro Defizit abschließen. Die ursprüngliche Planung ging von 26 Millionen Euro Defizit aus. Insofern schon eine Verbesserung, dennoch sind wir mit diesem Ergebnis natürlich nicht zufrieden.

Man hat Sie sicherlich auch wegen Ihrer bisherigen Bilanz verpflichtet. Sie haben für Häuser in nicht kommunaler Trägerschaft Gewinne erwirtschaftet. Wird das hier möglich sein?

Schulze: Das glaube ich unbedingt. Zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis. Vor Romed war ich bei einem freigemeinnützigen Träger. Wenn es da Defizite gibt, entsteht darüber mittelfristig ein existenzielles Problem. Deshalb gehört dort wirtschaftliches Arbeiten grundsätzlich dazu. Die Rahmenbedingungen sind aber für alle Krankenhausträger die gleichen. Auch wir hatten dort den Anspruch an die Qualität der Versorgung und an den guten Umgang mit den Mitarbeitern. Das war kein bisschen anders. Wir haben nach TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Anm. d. Red.) bezahlt und haben unsere Leistungsangebote nicht unter das Diktat einer wirtschaftlichen Erwartung gestellt, sondern wir haben gemacht, was die Menschen brauchten. So arbeitet Romed auch.

Neuer Geschäftsführer hält sich mit Prognosen zurück

Wie lange geben Sie sich, um das Defizit zu senken?

Schulze: Die Verbesserung des Ergebnisses steht in der Prioritätenliste weit oben. Wir stehen alle in der Verantwortung, dass wir Stadt- und Kreishaushalt entlasten. Mit einer Prognose, ob das in vier, fünf Jahren zu schaffen ist, halte ich mich zurück. Ich persönlich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Refinanzierung des Krankenhaussektors durch die Bundespolitik in den nächsten Jahren so unzureichend bleibt, wie sie aktuell ist. Die Kosten sind im Schnitt zwischen fünf und sieben Prozent gestiegen. In den vergangenen Jahren hatten wir überdurchschnittlich hohe Inflationseffekte und Lohnsteigerungen, die nur anteilig refinanziert waren. Deshalb entsteht da jedes Jahr ein zusätzliches Defizit im mittleren siebenstelligen Bereich.

Einiges wird auch im Hause passieren müssen.

Schulze: Wir müssen schauen, dass unsere Kapazitäten optimal ausgelastet werden. Die Nachfrage ist da, die Notaufnahmen in allen Standorten werden stark in Anspruch genommen. Ein entscheidender Engpass ist und bleibt die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Da sind wir auf einem guten Weg. Romed konnte das Personal in den vergangenen Jahren weiter verstärken, um alle Stationen, Betten und OP-Säle betreiben zu können. Nächstes Jahr wollen wir das Defizit auf 15 Millionen Euro reduzieren.

Bündelung von Kompetenzen hört man oft als Ratschlag. Wo sehen Sie Spielraum bei Romed?

Schulze: Der Weg, der in den vergangenen Jahren eingeschlagen wurde, ist grundsätzlich richtig. Das Klinikum Rosenheim erfüllt die Aufgaben eines Maximalversorgers, da wird spezialisierte Medizin in einem umfassenden Spektrum angeboten. Und wir haben die Kreiskliniken mit dem Anspruch eines lokalen Grundversorgers mit ergänzenden Spezialisierungen. Wir haben uns in Prien neben der Notfallversorgung auf komplexe orthopädische Behandlungen spezialisiert. In Bad Aibling entstand in den vergangenen Jahren eine besondere Expertise in der Altersmedizin. In Wasserburg werden hochkomplexe Gefäßerkrankungen behandelt und die lokale Versorgung des nördlichen Landkreises abgedeckt.

Dennoch – ist es denkbar, dass irgendwann ein Standort geschlossen wird? Von Bad Aibling war öfter die Rede.

Schulze: Die infrastrukturelle Situation in den Kreiskliniken ist in manchen Bereichen neuer und moderner als in Rosenheim. Gegenwärtig werden die vier Krankenhäuser benötigt. In diesem Jahr werden wir 52.000 stationäre Patienten versorgen und weit über 100.000 ambulante Patienten über die Notaufnahmen und unsere MVZ-Praxen. Das wäre in Rosenheim alleine nicht im Ansatz möglich.

Also ist Bad Aibling auf absehbare Zeit sicher?

Schulze: Derzeit brauchen wir Aibling, genauso wie wir die anderen Krankenhäuser benötigen. 

Eine Frage auch des Geldes. Hört man aber Gesundheitsminister Lauterbach zu, ist eher von einem Kliniksterben die Rede als von einer wohlwollenden Unterstützung der Krankenhäuser in Deutschland. Macht Ihnen das Sorgen?

Schulze: Wir gehen mit dem um, was die Politik uns an Rahmenbedingungen setzt. Unter diesen Bedingungen werden wir immer die bestmögliche medizinische Versorgung anstreben. Deshalb bin ich da auch nicht in Sorge. Die Strukturen unserer Krankenhausversorgung sind ohne Zweifel reformbedürftig. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat seine Vision der Neustrukturierung. Meines Erachtens hat er dazu auch Argumente ins Spiel gebracht, die vielleicht so nicht hundertprozentig stimmen.

Zum Beispiel?

Schulze: Minister Lauterbach hat die Assoziation zugelassen, dass in kleineren Krankenhäusern geringere Qualität erbracht wird. Das schürt natürlich Ängste. Die bei vielen Leistungsgruppen jetzt erforderlichen Personal- und Strukturanforderungen sind teilweise so hoch, dass viele kleinere Krankenhäuser aus der Versorgung gedrängt werden, selbst wenn sie nachweislich gute Qualität abgeliefert haben. Weiter hat der Minister ausgeführt, dass die Krankenhausreform die wirtschaftliche Situation von kleinen Krankenhäusern verbessern soll. Dieser Nachweis ist noch nicht erbracht. Umgekehrt: Inzwischen spricht Minister Lauterbach ja selbst davon, dass Hunderte von Krankenhäusern schließen werden.

„Alle Verträge auf marktüblichem Niveau“

Zuletzt gab es Kritik daran, dass unter Ihrem Vorgänger für Romed Chefärzte mit exzellentem Ruf und hohen Kosten verpflichtet und manchmal auch verabschiedet worden seien. Wie sehr belastet das die Bilanz?

Schulze: Die Verpflichtung von Chefärzten mit exzellentem Ruf verstehe ich nicht als Kritik. Wir sind stolz darauf, dass Romed attraktiv für herausragende Mediziner ist. Bezüglich der Vergütungen kann ich Sie beruhigen. Alle Verträge sind auf marktüblichem Niveau abgeschlossen. Aus rechtlichen Gründen kann dazu nicht mehr gesagt werden, da bitte ich um Verständnis.

Wegen der Geburtsklinik in Wasserburg laufen Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung. Könnte die Sache dem Ruf der Klinik nachhaltig schaden? ?

Schulze: Da kann ich den Ball getrost an das OVB zurückspielen, das meines Erachtens nicht ausgewogen berichtet. Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum von Ende 2022 bis Anfang 2023. Was ich Ihnen mitteilen kann ist, dass die Aufarbeitung sowohl der Geschäftsführung als auch des Aufsichtsrates für mich keinen Ansatz für Kritik zulässt. Ganz im Gegenteil. Da wurde mit der gebotenen hohen Geschwindigkeit reagiert und Maßnahmen ergriffen. Die juristische und die medizinisch-gutachterliche Aufarbeitung liegen in den Händen der Staatsanwaltschaft. Und die sollen das auch machen. Das Geburtshilfe-Team in Wasserburg ist seit 2023 unter neuer chefärztlicher Leitung von Anja Britta Stopik, die eine kompetente und empathische Gynäkologin ist. Und: Unser Qualitätsmanagement überprüft laufend die Standards und Qualitätskennzahlen aller Einrichtungen, darunter auch der Geburtshilfe in Wasserburg. Die Geburtenzahlen in Wasserburg sind nach wie vor erfreulich stabil.

Kommentare