„Über dem Abgrund“-Autor
Profi-Slackliner, Weltrekordler: Warum Friedi Kühne aus Bad Aibling auf dem Balancier-Band Zähne putzt
Friedi Kühne ist bekannt für spektakuläre Weltrekorde: Hunderte Meter über dem Abgrund balanciert er auf einer Slackline – zum Teil ohne Absicherung. Für dieses Jahr plant Kühne ein absolut unglaubliches Projekt. Doch wie tickt der 34-jährige Bad Aiblinger privat?
Bad Aibling – Als gewöhnlich kann man Friedi Kühnes Alltag mit Sicherheit nicht beschreiben. Der 34 Jahre alte Bad Aiblinger ist vor allem durch diverse Weltrekorde, TV-Auftritte und Show-Darbietungen bekannt. Der Profislackliner, der in Kolbermoor aufwuchs, blickt auf viele spektakuläre Projekte zurück. Für seine Rekorde war er auf der ganzen Welt unterwegs, überquerte tiefe Schluchten auf einem schmalen Seil, hunderte Meter über dem Abgrund – zum Teil sogar ohne Absicherung. Seine Spezialität: Highlines. Er balanciert dabei auf einer Leine, die zwischen Felsen, Gebäuden oder über tiefen Schluchten gespannt ist.
Nun will er diese besonderen Erfahrungen weitergeben und hat ein Buch geschrieben. „Um das zu lesen, muss man aber kein Slackliner sein. Es richtet sich allgemein an Abenteurer und Reisebegeisterte“, stellt Kühne voraus. Bei einer Lesung will er sein Buch „Über dem Abgrund“ nun am Donnerstag (1. Februar) um 19.30 Uhr in der Bad Aiblinger Stadtbücherei vorstellen. Doch wie tickt der Profislackliner eigentlich privat und kommt er auch mal ohne einen sprichwörtlichen Drahtseilakt aus?
Wie der 34-Jährige seine Zähne putzt
„Ich muss schon öfter irgendwie balancieren“, sagt Kühne schmunzelnd. Selbstverständlich sei deshalb auch eine kleine Slackline in seinem heimischen Wohnzimmer gespannt. Darauf, verrät der Bad Aiblinger, putzt er beispielsweise seine Zähne. Doch auch er habe ein normales Privatleben, arbeite zudem in Teilzeit als Englisch- und Mathelehrer. Und wenn er sich dann doch mal wieder in schwindelerregender Höhe auf eine Slackline begibt, dann zeige die Familie „Verständnis, aber nicht immer nur Begeisterung“.
Begonnen hatte alles in seiner Jugend, als er mit Freunden Kletterurlaube in Norditalien verbrachte. „Ich war 17 oder 18 und irgendwann hatten meine Kletterfreunde eine Slackline dabei.“ War er anfangs noch sehr frustriert und wackelig auf dem Gurtband, so wurde der junge Kühne nach und nach besser, kaufte sich seine eigene Slackline und übte jeden Tag. Viele Jahre später blickt er auf etliche Weltrekorde zurück und begeistert etwa die Menschen bei Live-Auftritten wie auf dem Münchner Tollwood-Festival, als er über den Köpfen der Besucher auf einer Highline balancierte. „In solchen Fällen“, betont Kühne aber, „bin ich immer gesichert“.
„Ich brauche das manchmal“
Doch nicht immer hat er eine Sicherung oder einen Fallschirm bei sich. „Das macht mich halt aus, das brauche ich manchmal“, erklärt Kühne jene Projekte, bei denen er sich frei über einer tiefen Schlucht bewegt. Dieser „unglaubliche Adrenalinrausch“ verschaffe ihm ein unvergleichliches Gefühl von Freiheit. „Dann habe nur ich mein Leben in der eigenen Hand“, sagt der 34-Jährige. Losgelöst von allen Sorgen der Vergangenheit, von allen irdischen Problemen bewege er sich dann nur in diesem Moment.
Was für Außenstehende teils waghalsig und lebensmüde erscheint, ist für Kühne eine große Leidenschaft, die ihn schon um den ganzen Globus brachte. „Ich sehe die Slackline beinahe als kulturübergreifende Brücke“, sagt der Profisportler. Auf der Suche nach den entlegensten Orten in der Natur, die Schauplatz für seine großen Projekte sein sollen, habe er immer wieder besondere Menschen kennengelernt. Manche von ihnen wurden enge Freunde. Die meisten hätte er ohne die Leine unter seinen Füßen nie kennengelernt.
Mit der Slackline um die ganze Welt
Ob USA, Nord- und Südamerika, Skandinavien, Russland, China – überall auf der Welt gebe es Menschen, die sich für das Balancieren auf einer Slackline begeistern können. Dabei sei der Sport noch jung. „Trotzdem kann man hierzulande von einer gewissen Beliebtheit sprechen“, sagt Kühne. Schließlich hätte vor 15 Jahren noch kaum einer etwas mit dem Begriff „Slackline“ anfangen können. Heute wüsste nahezu jeder darüber Bescheid oder versuchte sogar schon selbst mal darauf zu balancieren.
Für Kühne ein großer Vorteil: „Man kann es intensiv betreiben, man kann aber auch ganz gelegentlich mal auf einer Slackline stehen.“ Neben Vorträgen und Workshops bietet Kühne auch Slackline- oder Highlinekurse an. Im vergangenen Jahr ist er dann auch unter die Buchautoren gegangen. „Ich habe das komplett alleine geschrieben, darauf bin ich schon stolz“, sagt der Slackliner. Erfahrungen, atemberaubende Natur, spektakuläre Erlebnisse – davon handelt sein Werk.
Inspirationen aus über 50 Ländern
Die Inspirationen, die er aus über 50 Ländern mitgenommen hat, will er nun weitergeben. „Und es wird bildgewaltig“, freut sich Kühne auf die Buchvorstellungen. Nach seiner Lesung in Bad Aibling am 1. Februar kommt er am 21. März in die Stadtbibliothek in Kolbermoor und am 18. April in die Thalia-Buchandlung in Rosenheim.
Doch eine Frage bleibt fernab der Leselektüre noch zu klären: Mit welchem spektakulären Projekt geht es für Friedi Kühne in Zukunft weiter? „Genaues darf ich noch nicht verraten“, sagt Kühne in der Hoffnung, dass sich das anstehende Projekt noch in diesem Jahr umsetzen lässt. Nur so viel: „Ich werde auf einer Slackline balancieren, die zwischen zwei Heißluftballons gespannt ist.“ Und klar ist: „Ich habe keine Sicherung, aber einen Fallschirm.“


