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Chefarzt der Schön Klinik Bad Aibling Harthausen im Interview

Welt-Parkinson-Tag: „Viele sind bei der Diagnose erst einmal geschockt“

Welt-Parkinson-Tag Chefarzt Schön Klinik Bad Aibling Harthausen
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Ein MRT (links zu sehen) ist bei einer Untersuchung von Parkinson-Patienten meist nicht nötig. Heutzutage genügen CT-Aufnahmen, weiß Professor Dr. Klaus Jahn, Chefarzt Zentrum für Akut- und Neurogeriatrie Schön Klinik Bad Aibling-Harthausen.

Otti Fischer, Ozzy Osbourne oder Michael J. Fox - drei Prominente, die sich ein Schicksal teilen: Die Parkinson-Diagnose. Am 11. April gedenkt der Welt-Parkinson-Tag der langsam fortschreitenden neurologischen Erkrankung. Professor Dr. Klaus Jahn, Chefarzt des Zentrums für Akut- und Neurogeriatrie in der Schön Klinik Bad Aibling-Harthausen, kennt die Hintergründe dieser Krankheit.

Herr Professor Dr. Jahn, bitte erläutern Sie die Erkrankung Parkinson näher:

Es handelt sich um eine häufige neurologische Erkrankung. Etwa 400.000 Menschen sind in Deutschland betroffen. Viele sind bei der Diagnose erst einmal geschockt. Die Therapie ist heutzutage jedoch so differenziert, dass es sich medikamentös eingestellt sehr lange mit hoher Qualität leben lässt. Es gibt in der Region verschiedene Möglichkeiten, Parkinson umfassend zu behandeln, in erster Linie beim niedergelassenen Neurologen. Wenn Diagnose und Therapie schwieriger werden, ist manchmal auch ein Krankenhausaufenthalt in einer neurologischen Klinik notwendig - beispielsweise im Rahmen einer Komplexbehandlung, wie wir sie auch in der Schön Klinik Bad Aibling anbieten. Im Herbst eröffnen wir eine Tagesklinik für Schwindel, Gang- und Gleichgewichtsstörungen. Bei entsprechenden Beschwerden muss man also nicht immer gleich im Krankenhaus übernachten. Parkinson ist eine chronische Erkrankung, lässt sich aber heutzutage schon sehr gut behandeln.

Frühe Anzeichen sind Akinese (Bewegungsverminderung), Zittern (Ruhetremor) oder Haltungsstörungen: Wie sollte man reagieren, wenn beispielsweise ein isolierter Ruhetremor mit einseitigem Beginn auffällt? Gleich einen Neurologen aufsuchen oder genügt zunächst ein Besuch beim Hausarzt?

Tatsächlich wird beim Zittern am häufigsten befürchtet, dass Parkinson dahinterstecken könnte. Es ist aber meist kein Parkinson. Die häufigste Ursache für Zittern ist ein essentieller Tremor - bei dem das Zittern bei Aktivität auftritt - beispielsweise, wenn ein Glas Wasser eingeschenkt wird. Das hat aber mit Parkinson selten etwas zu tun. Die Unterscheidung, ob es ein Parkinson-Tremor sein könnte, bei dem die Hand in Ruhe zittert, oder eine andere Form kann zunächst der Hausarzt treffen. Wenn dieser sich nicht sicher ist, dann ist der Neurologe der nächste Ansprechpartner.

Wird bei der Abklärung gleich eine Kernspintomographie (MRT) angewendet oder reicht zunächst eine Computertomographie (CT)?

Es reicht tatsächlich oft eine CT, wobei eine MRT genauer ist, um kleinere Veränderungen zu erkennen. Parkinson-Patienten benötigen allgemein wenige Zusatzuntersuchungen, um die Diagnose zu stellen. Das Bild vom Gehirn ist vor allem nötig, um andere Ursachen wie ältere Schlaganfälle auszuschließen. Das CT hat den Vorteil, dass es schneller geht und der Patient keine 20 Minuten lang wie in der MRT in einer Röhre liegen muss. Bei manchen gezielten Fragestellungen wiederum braucht man dann aber schon ein MRT.

Parkinson ist nach wie vor nicht heilbar - trotz des Fortschritts der heutigen Medizin?

Parkinson ist eine chronische Erkrankung, die einen in der Regel für das weitere Leben begleitet. Es ist eine der sogenannten neurodegenerativen Erkrankungen, bei der bestimmte Nervenzellen schneller altern als andere. Sie sind sehr gut durch Behandlung beeinflussbar, aber nicht heilbar. Es gibt selten Parkinsonformen, zum Beispiel ausgelöst durch Medikamentennebenwirkungen oder Durchblutungsstörungen, die nicht fortschreitend sind. Die typische Parkinsonerkrankung aber nimmt über die Jahre zu.

Wie sieht der Behandlungsverlauf für Patienten mit dieser Diagnose aus?

Über die letzten Jahre haben sich Medikamente und das Wissen über wirksame aktivierende Therapien wie Physiotherapie weiterentwickelt, sodass man Parkinson sehr gut behandeln kann. Die ersten Jahre gehen häufig so gut, dass man den Patienten gar nicht so viel von der Parkinsonerkrankung ansieht. Im Laufe der Behandlung über Jahre wird die medikamentöse Behandlung schwieriger. Verbesserungen erreichen wir aber durch weitere Möglichkeiten wie Pumpentherapien oder eine tiefe Hirnstimulation.

Der Krankheitsverlauf bei Parkinson ist sehr individuell, kann da ein konkretes Krankheitsbild überhaupt gezeichnet werden?

Es gibt tatsächlich unterschiedliche Formen. Das relativ gute Ansprechen auf die Behandlung trifft insbesondere auf die normale Parkinsonerkrankung (Morbus Parkinson) zu, die bei Weitem am häufigsten ist. Es gibt ein paar Sonderformen, bei denen Medikamente schlechter ansprechen. Sie sind aber deutlich seltener. Zusätzlich zur Bewegungsarmut gibt es bei Parkinson Symptome wie eine leise Stimme, verstärkte Müdigkeit, Schwindel und manchmal auch Gedächtnisprobleme. Das Gefährlichste ist sicherlich die Gangeinschränkung, die häufige und manchmal schwere Stürze zur Folge haben kann.

Für die eigene Selbständigkeit und den Erhalt der Unabhängigkeit ist für viele das Auto im Alltag nicht wegzudenken. Kann die moderne Parkinson-Therapie in die Verkehrstauglichkeit der Patienten positiv einwirken?

Parkinson-Patienten können in den ersten Jahren der Erkrankung meist problemlos Auto fahren. Im Laufe der Zeit kann es allerdings zu einer Verlangsamung der Reaktionsschnelligkeit kommen, was wir nur teilweise mit Medikamenten ausgleichen können. Der Patient sollte im fortgeschrittenen Stadium seine Fähigkeiten selbstkritisch hinterfragen, seine Reaktionsschnelligkeit und Fahreignung im Zweifel prüfen lassen. Im Idealfall sollte er sich frühzeitig nach Alternativen umsehen, um weiter mobil zu bleiben, damit die Lebensqualität erhalten bleibt.

Stimmen Sie der Aussage zu, dass sich die Medikation in den letzten Jahren verbessert hat?

Sie hat sich klar verbessert. Es sind neue Medikamente dazu gekommen, aber eben auch die Erkenntnis, dass nicht-medikamentöse Behandlungen wie Gangtraining, Physio- und Stimmtherapie eine sehr wichtige Rolle spielen. So bleibt das erfüllte Leben wesentlich länger erhalten als es noch vor zehn Jahren der Fall war.

Spannen wir den Bogen zur Corona-Erkrankung: Könnten nach einer stattgefundenen Infektion dopaminerge Neuronen in Mitleidenschaft gezogen werden und gibt es Erkenntnisse, ob das Auswirkungen auf jüngere Menschen hat? 

Das ist tatsächlich eine spannende Diskussion, die aktuell geführt wird. Eine Erklärung, wieso der eine Parkinson bekommt und der andere nicht, ist, dass man im Laufe des Lebens bestimmte Virusinfektionen durchlebt hat, die eine Erkrankung begünstigen. Corona ist eine Entzündung, die in manchen Fällen auch das Gehirn und somit das Dopamin-System angreift. Viele Menschen, die Corona hatten, fühlen sich danach verlangsamt und schlapp. Sie sind nicht belastbar, können ihren gewohnten Aktivitäten - sei es privat oder beruflich - nicht mehr nachgehen. Das alles verhält sich durchaus ähnlich zu Parkinson-Symptomen.

Also existiert hier ein Zusammenhang?

Auf den ersten Blick könnte man das meinen. Corona-Symptome bilden sich aber in der Regel wieder zurück. Die Annahme, das Risiko nach einer Corona-Infektion an Parkinson zu erkranken sei erhöht, ist zunächst reine Spekulation. Wir haben darüber keine Erkenntnisse. Definitiv wissen wir allerdings erst in ein paar Jahrzehnten, ob sich das Auftreten von Parkinson nach der Pandemie verändert hat. Was wir jetzt schon sagen können: Die allermeisten Personen tragen nach einer Corona-Infektion keine länger andauernde Schädigung davon. Auch jene Menschen, die unter Long-Covid beziehungsweise dem Post-Covid-Syndrom leiden, erholen sich in der Regel im Laufe der Zeit wieder sehr gut. Da muss niemand befürchten, gleich oder später Parkinson zu bekommen.

Herr Professor, herzlichen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch.

mb

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