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links: Durch Radfahrer zerstörte Heidefauna. Rechts: Autofahrer, die in einer Wiese parken. Beides Beispiele für problematisches Verhalten von Besuchern der Sterntaler Filze bei Bad Feilnbach.
Die Sterntaler Filze bei Bad Feilnbach sind ein beliebtes Ausflugsziel. Doch leider gibt es immer wieder Probleme mit Besuchern des Moorgebiets, die sich daneben benehmen, wie Revierjäger Ulrich Schmidbauer berichtet.
Bad Feilnbach - „Gleich vorneweg: Die allermeisten Leute verhalten sich korrekt. Und von denen, die sich daneben benehmen wiederum zeigt sich auch der überwiegende Teil einsichtig“, berichtet Ulrich Schmidbauer, der das Jagdrevier betreut, zu dem die Sterntaler Filze zwischen Bad Feilnbach und Raubling gehören. „Neben den Schäden für die Umwelt darf man auch nie vergessen: Hier fand früher Torfabbau statt. Die bis zu drei Meter tiefen Schächte davon sind immer noch da, inzwischen aber teils voll mit Wasser und überwuchert von Pflanzen. Wenn man nicht aufpasst, kann man durch das Grün durchbrechen und im Wasser versinken. Wenn niemand direkt mitbekommen hat, was passiert ist, kann das schnell lebensgefährlich werden!“
Die Sterntaler Filze, die zu den Rosenheimer Stammbeckenmoore gehören, wurden erst Anfang des vergangenen Jahres als „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ ausgewiesen, wie damals die OVB-Heimatzeitungen berichteten. Das Gebiet sei Teil eines der größten Moorkomplexe Süddeutschlands und beherberge gefährdete Arten des Sonnentaus und vom Aussterben bedrohte Libellen-, Schmetterlings- und Heuschreckenarten sowie Schwarz-, Braun-, Blau- und Rotkehlchen. Deswegen wird es auch das „Vierkehlchenland“ genannt, teilt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit. Intakte Moore leisten zudem einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas. Mit der Ausweisung im Rahmen der Internationalen Feuchtgebietskonvention (Ramsar-Konvention) verpflichtet sich Deutschland, dieses Feuchtgebiet dauerhaft zu erhalten und zu fördern. Die Unterzeichnung der Ramsar-Konvention jährt sich nun zum fünfzigsten Mal. Die Rosenheimer Stammbeckenmoore sind das 35. deutsche Ramsar-Feuchtgebiet.
Probleme mit Touristen in den Sterntaler Filzen: Revierjäger Ulrich Schmidbauer berichtet
Ulrich Schmidbauer hat vor vier Jahren das Revier übernommen, zu dem das Gebiet der Filze gehört. „Ich habe mich schon früher für den Umweltschutz engagiert und will das auch hier voranbringen. Teils haben sich hier schwer gefährdete Arten, wie beispielsweise Waldschnepfen, Kibitze und Schwarzstörche angesiedelt“, sagt Schmidbauer, „Alles sogenannte ‚Kulturflüchter‘, die also dem Menschen ausweichen wollen. Da ist es natürlich verheerend, wenn sie, gerade auch beim Brüten, durch Menschen wieder gestört werden.“ Touristen, die sich außerhalb der ausgewiesenen Pfade bewegten, würden zudem auch Moorpflanzen wie den Sonnentau oder Heidekräuter platttreten. „Das Problem mit Radfahrern, die durch eine irrige Google Maps-Wegführung hindurch bretterten haben wir inzwischen weitgehend im Griff.Aber es laufen weiterhin teils Leute mitten durch das geschützte Gebiet.“
„Jedermann hat das Recht auf den Genuss der Naturschönheiten und auf die Erholung in der freien Natur“, heißt es in Artikel 26 des Bayerischen Naturschutzgesetzes, allerdings gleich gefolgt von der Maßgabe: „Bei der Ausübung des Rechts nach Abs. 1 ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen.“ In Artikel 31 heißt es dann ganz ausdrücklich: „Die untere oder höhere Naturschutzbehörde kann durch Rechtsverordnung oder Einzelanordnung die Erholung in Teilen der freien Natur im erforderlichen Umfang aus Gründen des Naturschutzes, zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben, zur Regelung des Erholungsverkehrs oder aus anderen zwingenden Gründen des Gemeinwohls untersagen oder beschränken.“ - „Leider herrscht da bei manchen Leuten problematisches Halbwissen vor, die sich alleine auf das Betretungsrecht berufen beziehungsweise dadurch befugt fühlen überall herumspazieren zu dürfen, ohne sich um die Einschränkungen zu Gunsten des Naturschutzes zu kümmern“, berichtet Schmidbauer.
Teils skurrile bis haarsträubende Situationen
Teils habe er schon skurrile bis haarsträubende Situationen erlebt. „Einmal waren da eine Gruppe Leute, die über die Einzäunung eines Brutschutzgebiets geklettert waren, da dann gepicknickt und auf dem durch die Sonne ausgetrockneten Torfboden geraucht haben“, erinnert sich Schmidbauer, „Ein anderes Mal war ich nachts mit einer Wärmebildkamera zur Wildbeobachtung unterwegs. Und auf einmal kommt mir da eine Gruppe mittelalte Frauen entgegen, die mit Laternen durchs Moor spazierten. Sie haben dann schließlich rausgerückt: Sie seien ja moderne Hexen und hätten da im Mitternachtsmondschein Kräuter gesammelt. Mal davon abgesehen das sie vermutlich mehr plattgetreten als gesammelt haben, stellen sie sich vor, eine von ihnen wäre in die erwähnten Schächte gestürzt!“
Nicht nur sich selbst brächten Leute, die abseits der ausgewiesenen Pfade unterwegs seien in Gefahr, sondern machten auch den Tieren das Leben schwer. „Beispielsweise die Rehe. Wenn da ständig was los ist, trauen die sich nur noch tief in der Nacht aus ihren Verstecken im Wald, wo sie wiederum dann junge Bäume verbeißen. Das hat einmal schon dazu geführt, dass unsere Abschußquote derart heraufgesetzt wurde, dass es einer Keulung gleich gekommen wäre! Gottseidank war die Untere Jagdbehörde gesprächsbereit und wir konnten das auf das normale Maß zurückfahren. Aber so werden nun mal selbst auf indirekte Weise die Tiere in Mitleidenschaft gezogen.“
Jäger Schmidbauer wünscht sich Initiative der Gemeinde hin zu „sanftem“ Tourismus
Die Liste der Probleme sei lang. „Da kommen dann noch Leute dazu, die wild campen, weil das in irgendwelchen Internetforen als romantische Übernachtungsmöglichkeit beworben wird. Auch da gilt wieder: Die meisten tun das ohne böse Absicht und versuchen sich anständig zu benehmen“, betont Schmidbauer, „Aber es gibt halt auch solche, die dann einen Sack voller benutzter Windeln hinterlassen oder versuchen, ihr Chemie-Klo in einen Entwässerungsgraben zu leeren.“ Vor allem aber sei es die Zahl der Besucher, durch die dann auch jene der „schwarzen Schafe“ zunehme, die ihm Sorge bereitet. „Kurzfristig können wir schon mit passender Beschilderung für Abhilfe sorgen. Aber wenn wir das Moor schonen wollen, müssen wir hier hin zu ‚sanftem‘ Tourismus, so dass insgesamt weniger Leute und damit auch weniger, die sich daneben benehmen hier herkommen.“
Er und gleichgesinnte Bürgerinnen und Bürger hätten der Gemeinde Bad Feilnbach auch schon entsprechende Vorschläge gemacht, schließt Schmidbauer. „Aus Sicht der Kommune sind die Filze beziehungsweise die Erlebnispfade dort eine Einrichtung, welche die Menschen sehr gut als ein Stück Naturerfahrung annehmen“, berichtet Bürgermeister Anton Wallner, „Insgesamt ist es dort auch schon ruhiger geworden, als es das zu Hochzeiten von Corona, als viele Leute Nahurlaube gemacht haben, schon war. Wir arbeiten auch schon an Konzepten, etwa um die Parkplatzsituation zu kanalisieren. Aber das muss mit Bedacht gemacht werden und braucht seine Zeit.“