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Nach einem halben Jahrhundert

Die Traditions-Metzgerei Moritz in Prien schließt ihre Pforten: Das sind die Gründe

Noch stemmen sie gemeinsam den Betrieb, aber in wenigen Tagen, am 28. Februar, dann zum letzten Mal: Metzgermeister Franz Moritz mit seinem Verkaufsteam (von links) Christine Kurz und Maresi Dangl.
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Noch stemmen sie gemeinsam den Betrieb, aber in wenigen Tagen, am 28. Februar, dann zum letzten Mal: Metzgermeister Franz Moritz mit seinem Verkaufsteam (von links) Christine Kurz und Maresi Dangl.

Schreck und Erstaunen waren die Reaktionen in der Öffentlichkeit, als sich in Prien herumsprach, dass die Traditions-Metzgerei Moritz in der Hallwangerstraße schließen wird. Und das nach einem halben Jahrhundert.

Prien – „1970 übernahm Metzgermeister Franz Moritz in der Hallwanger Straße 53 die Metzgerei Simon. Den Betrieb führte er nur mit einem Lehrling im Schlachthaus und seiner Frau Elfriede im Verkauf“, heißt es im neuen Priener Heimatbuch. „Nach wenigen Jahren beschäftigte er bereits drei Gesellen und erweiterte seinen Verkauf durch einen Stand am Grünen Markt in Prien und einen Partyservice. Unterstützung hatte er in seinem Sohn Franz, der seit 2004 das Geschäft leitet.“ Damit ist jetzt Schluss, wie Franz Moritz (50) im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen deutlich machte.

Was ist der Grund für die Geschäftsaufgabe?

Franz Moritz: Der Hauptgrund ist der Personalmangel. Seit etwa vier oder fünf Jahren sind wir immer wieder auf der Suche vor allem im Verkauf. In dem Bereich scheiden entweder aus gesundheitlichen Gründen, altersbedingt oder durch Wegzug aus Prien Mitarbeiterinnen aus.

Das heißt, Fachverkäuferinnen im Fleischerhandwerk sind Mangelware?

Moritz: Ja, das kann man so sagen…

Woran liegt das aus ihrer Sicht?

Moritz: Ich sehe das als eine Entwicklung in den zurückliegenden 15 Jahren. Offenbar hat der Beruf in der Öffentlichkeit kein gutes Image mehr. Vor allem bei der Berufsorientierung der Schulabgänger. Das liegt wohl an dem erforderlichen tagtäglichen Umgang mit der Ware, dem Fleisch. Zum Beispiel rohes Fleisch anfassen zu müssen, um es zu portionieren oder zu verpacken, stößt aus meiner Sicht viele junge Menschen ab.

Die Zahl derer, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, nimmt bekanntermaßen zu; gerade bei den jungen Leuten ist der Trend zu spüren, weg vom Fleisch. Dazu kommen wissenschaftliche Veröffentlichungen, nach denen sich Fleischproduktion und -konsum negativ auf das weltweite Klima auswirken.

Wo fehlt es denn am meisten? Im Verkauf oder in der Produktion?

Moritz: In beiden Bereichen. Im Verkauf wie auch in der Produktion hätte ich auch gerne Quereinsteiger eingestellt. Bei der Arbeit an der Theke ist natürlich eine gewisse Kommunikationsfähigkeit wichtig, weil die Kunden bei ihrem Einkauf immer wieder gerne beraten werden möchten. Zum Beispiel wenn es um die Umsetzung eines Rezeptes geht. Da ist auch Fachwissen beim Personal gefragt. Aber es geht uns wie auch anderen Betrieben in der Lebensmittelbranche: Personal gleich null.

Und warum ist Ihr Personalstamm so geschrumpft?

Moritz: Als es noch rund lief, hatte ich vier Vollzeit- und drei bis vier Teilzeitkräfte. In der Produktion zum Beispiel habe ich mit drei Kollegen gearbeitet, seit etwa drei Wochen mache ich das alleine. Bei allen Personalabgängen spielte das Alter oder die Gesundheit eine Rolle. Dazu kamen auch private Angelegenheiten wie Wegzug aus Prien. Ich habe dann mehrere Inserate in der Zeitung wie auch in Fachblättern geschaltet – ohne Erfolg.

Hat sich diese Entwicklung auf den Umsatz Ihres Betriebs ausgewirkt?

Moritz: Wenn ich zurückblicke, eigentlich nicht. Erheblich spürbare Umsatzeinbußen mussten wir erst hinnehmen, als die Weidachstraße Richtung Rimsting mehrere Monate gesperrt war. Da haben sich viele unserer Kunden mit ihrem Einkaufsverhalten umorientiert; die konnten wir auch nicht mehr zurückgewinnen. Das sind bis zu etwa 20 Prozent, die uns weggebrochen sind.

Und inwieweit nehmen Ihnen die Discounter die Wurst vom Brot?

Moritz: Die Leute, die sehr günstig oder billig Fleisch und Wurst einkaufen wollen, habe ich nie als Kunden gehabt. Die Verbraucher, die zum Metzger gehen, legen Wert auf Qualität. Da nehmen sie auch ein paar Kilometer in Kauf, um zu uns zu kommen. Allerdings haben viele aufgrund der Corona-Pandemie und aktuell gestiegener Energiekosten eher ihr Einkaufsverhalten geändert, zum Beispiel mit geringeren Mengen. Weil sie auf ihren Geldbeutel achten müssen und die Preise der Qualität-Ware nicht mehr aufbringen wollen

Sie sperren Ende des Monats die Metzgerei Moritz endgültig zu. Mit welchen Gefühlen haben sie jetzt zu kämpfen?

Moritz: Es sind schmerzhafte Gefühle, nach all den vielen Jahren. Ich bin nach der Lehre mit knapp 20 Jahren in den Betrieb meines Vaters eingestiegen, das war 1992. Nach Abschluss der Meisterschule hab‘ ich dann Schritt für Schritt die Betriebsführung übernommen. Jetzt ist Schluss, das ist bitter. Aber auf der Suche nach einem Nachfolger hatte ich Erfolg. Die Metzgerei Maximilian Kuba aus Grassau wird den Betrieb pachten und in unserem Sinn weiterführen, mit eigener Schlachtung, Produktion und Verkauf.

Wie gehts denn mit Ihnen weiter?

Moritz: Derzeit habe ich genügend mit der Betriebsschließung zu tun, mit der Abwicklung, mit dem ganzen bürokratischen Rattenschwanz, der sich daraus ergibt. Vielleicht werde ich meinen Nachfolger in der Produktion unterstützen. Das wäre das Naheliegendste für mich. Aber schau’n wir mal…

„Wir müssen das veraltete Image aus den Köpfen der Leute kriegen“

Lars Bubnick, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes für das bayerische Fleischerhandwerk, zum Image des Berufs:

„Attraktiv war unser Beruf schon immer. Aber wir müssen das veraltete Image aus den Köpfen der Leute kriegen. Mit einer handwerklichen Ausbildung und einem Meistertitel kann ich heute auch studieren. Das wissen die Wenigsten. Dabei verliere ich keine Zeit, erlerne nebenbei bemerkt noch einen Beruf und verdiene mein erstes Geld. Darauf müssen wir aufmerksam machen. Auch das Märchen von schlechter Bezahlung ist ein Relikt aus der Vergangenheit.

Lars Bubnick.

Unsere Ausbildungsvergütungen beginnen bei 1000 Euro im ersten Lehrjahr und gehen im dritten Lehrjahr bei einigen Betrieben über die 1500 Euro plus Zusatzleistungen hinaus. Weiterhin müssen wir die Bildungs- und Aufstiegsperspektiven deutlich in den Vordergrund stellen. Heute ist nach dem Meistertitel lange nicht Schluss. Fleischsommelier, Grillmeister, Cortador oder Food-Coach sind nur einige Beispiele für Weiterbildungen, die im Ernährungssektor gefragt sind.

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Wer sich künftig als Metzger selbstständig macht, bei dem die Qualität und die Beratung stimmen, der kann es nicht falsch machen. Dagegen kommen im monetären Sinn nicht viele akademische Berufe an.“

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