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Interview mit Caritas München und Oberbayern

Preise wie im Luxushotel? Warum der Eigenanteil für Pflegeplatz auf bis zu 4000 Euro steigt

Die Caritas betreibt in Oberbayern 27 Pflegeheime mit etwa 3000 Plätzen. Im OVB-Interview erklärt Doris Schneider, Geschäftsführerin für den Bereich Altenheime, warum der Pflegenotstand die Heimkosten in die Höhe treibt.
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Die Caritas betreibt in Oberbayern 27 Pflegeheime mit etwa 3000 Plätzen. Im OVB-Interview erklärt Doris Schneider, Geschäftsführerin für den Bereich Altenheime, warum der Pflegenotstand die Heimkosten in die Höhe treibt.

Auf bis zu 4000 Euro steigt der Eigenanteil in Pflegeheimen der Caritas München und Oberbayern. Was die Heimkosten in die Höhe treibt – und warum der Vergleich mit einem Luxushotel trotzdem hinkt.

Kolbermoor – Der Diözesan-Caritasverband München und Freising betreibt in Oberbayern 27 Pflegeheime mit 3000 Plätzen – darunter in Kolbermoor, Rosenheim, Edling, Wasserburg, Prien und Kiefersfelden. Im OVB-Interview erklärt Doris Schneider, Geschäftsführerin für den Bereich Altenheime, warum der Pflegenotstand die Heimkosten in die Höhe treibt.

Frau Schneider, die Caritas München und Oberbayern führt gerade Pflegesatzverhandlungen für die nächsten zwölf Monate. Wie werden sich die Kosten verändern?

Doris Schneider: Wir haben zum 1. November für 13 unserer Pflegeheime in Oberbayern eine Heimkostensteigerung beantragt. Die Pflegesatzverhandlungen mit dem Bezirk Oberbayern und den Pflegekassen befinden sich auf der Zielgeraden. Ich denke, dass wir noch vor Weihnachten zu einem Ergebnis kommen. Ein Heimplatz wird sich um 600 bis 800 Euro verteuern. Das gilt für zwölf Monate, also bis Ende Oktober 2024. Danach verhandeln wir neu.

Wie hoch wird damit der künftige Eigenanteil der Bewohner sein?

Doris Schneider: Er steigt auf bis zu 4000 Euro an.

Das kann niemand mit seiner Rente begleichen: Wie viele der Bewohner der Caritas-Heime beziehen Hilfe zur Pflege?

Doris Schneider: Die meisten unserer Bewohner – also etwa zwei Drittel – setzen für ihren Eigenanteil an den Heimkosten ihre Rente und ihr Vermögen ein. Etwa ein Drittel erhält Hilfe zur Pflege. Die Verweildauer in einem Pflegeheim liegt im Durchschnitt bei zwölf bis 18 Monaten.

Wodurch werden die Kosten derart in die Höhe getrieben?

Doris Schneider: Kostentreiber sind wie überall die Energiekosten, die gestiegenen Sachkosten – beispielsweise für Lebensmittel, die Inflation und der Personalnotstand.

Wieso wirkt sich der Personalnotstand auf die Kosten aus?

Doris Schneider: Unsere Pflegesätze basieren auf der Annahme, dass wir unsere Kapazität zu 98 Prozent auslasten. Durch den Personalmangel können wir aber etwa 200 unserer 3000 Plätze nicht belegen. Das heißt, unsere Auslastung liegt bei etwa 93 Prozent. Daran mussten wir unsere Kostenvereinbarungen anpassen, um aus einer massiven wirtschaftlichen Schieflage wieder herauszukommen. Hinzu kommt, dass wir aufgrund des Personalmangels Zeitarbeitsfirmen einsetzen müssen, die sehr teuer geworden sind, zum Grundpreis auch noch Mehrwertsteuer kosten und satte Gewinne einfahren.

200 Plätze sind frei, können aber nicht besetzt werden. Warum finden Sie kein Personal?

Doris Schneider: Wir haben einen Versorgungsnotstand. Dies führt dazu, dass wir fast täglich verzweifelte Angehörige am Telefon haben, die weder einen Heimplatz noch eine ambulante Versorgung finden. Der Fachkräftemangel in der Pflege war aufgrund des demografischen Wandels vorhersehbar, dass er aber mit einer solchen Wucht kommen würde, hätte niemand erwartet. Wir bilden Fachkräfte aus, akquirieren Arbeitskräfte im Ausland, werben mit guten Gehältern. Doch auf der Suche nach Fachkräften fischen alle im gleichen Teich – stationäre Pflegeeinrichtungen, ambulante Pflegedienste und Krankenhäuser.

Hinzu kommt, dass die Belastung der Pflegekräfte enorm gestiegen ist. Auch wenn wir in unseren Einrichtungen das Personal von Zeitarbeitsfirmen einsetzen, kann man ihre Arbeit verständlicherweise nicht mit dem hohen Niveau unserer eigenen langjährigen Mitarbeiter vergleichen. In der Folge müssen diese mehr leisten, werden teilweise aus der Freischicht geholt, öfter eingesetzt, sind überlastet. Das ist eine teuflische Spirale, die natürlich auch die Familien belastet. Daher verlassen Mitarbeiter leider auch die Pflegebranche und suchen sich etwas anderes. Das Problem setzt sich in allen Arbeitsbereichen eines Pflegeheimes fort, denn in der Hauswirtschaft konkurrieren wir beispielsweise mit der Hotellerie, die uns die Leute weglockt.

Trotzdem ist ein Eigenanteil von bis zu 4000 Euro schon eine ganz schöne Hausnummer. Dafür könnte man sich ja auch in ein Luxushotel einmieten.

Doris Schneider: Es wird schnell vergessen, welche Leistungen hinter dem Preis für einen Pflegeplatz stehen. Die Menschen leben in unseren Heimen. Und das bedeutet, dass sie an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr betreut werden. Sie erhalten Körper- und Krankenpflege, ihnen werden Haupt- und Zwischenmahlzeiten zubereitet und gereicht, vielen wird auch das Essen eingegeben. Unsere Bewohner werden sozial begleitet und erhalten mit Reinigung und Wäscheservice eine hauswirtschaftliche Versorgung. Und auch kulturelle Veranstaltungen sind in diesem Rundum-Sorglos-Paket inbegriffen.

Bei den steigenden Preisen wird Pflege bald nicht mehr bezahlbar sein. Wie müssen oder könnten Ihrer Meinung nach Pflege-Finanzierungsmodelle der Zukunft aussehen?

Doris Schneider: Wir müssen uns gesamtgesellschaftlich gut überlegen, wie wir die steigenden Kosten gemeinsam stemmen wollen. Es wäre wünschenswert, wenn Menschen sich über die finanziellen Auswirkungen für eine pflegerische Versorgung im Alter keine Sorgen mehr machen müssten. Eine Pflegevollversicherung wäre dafür natürlich gut, aber die würde zu deutlich steigenden Pflegeversicherungsbeiträgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber führen. Das müssen wir gesellschaftlich miteinander auch umsetzen wollen. Darüber hinaus ist es in naher Zukunft elementar, dass wir Menschen motivieren, dass sie in allen Arbeitsbereichen rund um die Versorgung pflegebedürftiger Menschen arbeiten wollen. Dazu braucht es Rahmenbedingungen und die gesellschaftliche Anerkennung für dieses wichtige Arbeitsfeld.

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