„Ich war entsetzt“
Versuchte Vergewaltigung in Pang: Stand der Ermittlungen – hier gibt es Hilfe für Betroffene
Eine versuchte Vergewaltigung bei Pang hat für Bestürzung gesorgt: Während die Polizei auf Hochtouren ermittelt, melden sich nun die Hilfsorganisationen zu Wort. Sexuelle Gewalt kommt immer wieder vor – auch in Rosenheim.
Pang/Westerndorf - Tanja Bourges hat schon viel erlebt. Seit drei Jahren ist sie beim Frauen- und Mädchennotruf in Rosenheim und unterstützt die Betroffenen. „Wir ermutigen, über das traumatische Erlebnis zu sprechen und akzeptieren gleichzeitig, wenn eine Frau nicht über das Erlebnis sprechen will, sondern sich auf die anstehenden Schritte der Verarbeitung konzentrieren will“, sagt sie auf OVB-Anfrage.
Umfangreiche Fahndungsmaßnahmen
Über die Medien habe sie von der versuchten Vergewaltigung am Rande eines Waldstücks in Pang, südlich von Schlipfham bei Oberkaltbrunn am Montagabend erfahren. Laut Polizeibericht sei das Mädchen plötzlich von einem unbekannten Mann angegangen worden. Nachdem sie sich zur Wehr setzte, ergriff der Täter die Flucht. „Noch am selben Abend wurden von Seiten der Polizeiinspektion Rosenheim umfangreiche Fahndungsmaßnahmen eingeleitet, die jedoch erfolglos blieben“, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd mit. Mittlerweile hat die Kriminalpolizei die Ermittlungen übernommen und sucht nach dem bislang unbekannten Täter.
Auch Tage nach dem Vorfall gibt es keine näheren Hinweise, wer hinter der Tat stecken könnte. Laut Maximilian Maier, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, seien erste Spuren gesichert worden. Zudem hätte das Mädchen ihre Aussage gemacht und sei in der Rechtmedizin in München untersucht worden. „Dort werden die festgestellten Beweise gerichtsfest archiviert“, sagt Günter Schwarz vom Weißen Ring in Rosenheim. Er rät dazu, dass sich die Betroffenen direkt in den ersten Stunden nach der Tat an Polizei oder Rechtsmedizin wenden – ohne sich davor unter die Dusche zu stellen. Denn durch das Wasser könnten wichtige Beweismittel abgewaschen werden.
Weißer Ring hat 40 aktuelle Fälle
„Aktuell haben wir im Landkreis 40 Fälle. 35 Prozent sind Sexualdelikte und ein Drittel davon Vergewaltigungen“, sagt Günter Schwarz. Die Dunkelziffer sei ihm zufolge jedoch deutlich höher. „Betroffene schweigen sehr häufig aufgrund von massiven Schamgefühlen, haben Angst, dass ihnen nicht geglaubt wird oder ihnen die Schuld gegeben wird“, bestätigt Tanja Bourges vom Frauen- und Mädchennotruf. Aus diesem Grund sei es ihr wichtig zu unterstreichen, dass die Betroffene niemals Schuld an einer Vergewaltigung habe. „Die Verantwortung liegt immer beim Täter“, fügt die Expertin hinzu.
Ob die Zahl der Vergewaltigungen in den vergangenen Jahren zugenommen habe, lasse sich nicht genau sagen. „Es lässt sich nicht klar belegen, ob sich die Anzeigenbereitschaft geändert hat oder tatsächlich mehr Vergewaltigungen stattgefunden haben“, sagt Tanja Bourges. Laut Maximilian Maier vom Polizeipräsidium gab es im Stadtgebiet Rosenheim im vergangenen Jahr vier Vergewaltigungen, die bekannt wurden. Auch mit Blick auf die Vorjahre konnten ihm zufolge fast alle Fälle geklärt werden. Lediglich die Mangfalldamm-Vergewaltigung von vor sechs Jahren sorgt weiterhin für Kopfzerbrechen. Am 23. Juli 2017 hatte ein nach wie vor unbekannter Täter eine damals 21-Jährige überfallen, in ein angrenzendes Waldstück gezerrt und dort vergewaltigt. Daraufhin wurde knapp 800 Männer zu einer umfangreichen DNS-Reihenuntersuchung eingeladen. Bislang jedoch ohne Erfolg.
Zwischen Entsetzen und Unglauben
Auf einen schnellen Ermittlungserfolg hoffen jetzt die Bürger in Pang und Westerndorf. Dort hat der Vorfall bislang kaum für Verunsicherung gesorgt. Das bestätigt Georg Kaffl, der für die CSU im Stadtrat sitzt und in Westerndorf lebt. Er selbst habe von dem Vorfall aus der Zeitung erfahren. Auch Jacob Buys, Neffe des Stadtteil-Vorstehers, hat erst durch die Medien von der versuchten Vergewaltigung erfahren. „Ich war entsetzt“, sagt er und weiter: „Damit rechnet man nicht.“
Wie es in dem Fall weitergeht, ist im Moment noch offen. Feststeht, dass Betroffene mit zum Teil schweren körperlichen und psychischen Folgen zu kämpfen haben. „Sexualisierte Gewalt hinterlässt häufig tiefe Spuren“, sagt Tanja Bourges vom Frauen- und Mädchennotruf. Sie spricht von Gefühlen wie Scham, Ekel, innerer Leere. Aber auch Schuldgefühlen. „Je nach Erleben können traumaspezifische Folgereaktionen auftreten, Konzentrationsstörungen, Albträume, Erinnerungslücken und Schlafstörungen.“ Die Gedanken würden sich um das Erlebte drehen, Bilder und Erinnerungen kämen im Alltag immer wieder an die Oberfläche. „Eine zeitnahe, niedrigschwellige Unterstützung ist oft entscheidend für die weitere Bewältigung“, sagt Bourges.
Verschiedene Hilfsangebote
Unterstützung gibt es neben dem Weißen Ring und dem Mädchen- und Frauennotruf auch bei allen anderen Fachberatungsstellen und Frauennotrufen, die sich auf sexualisierte Gewalt spezialisiert haben. Zudem gibt es das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, erreichbar unter Telefon 08000/116016.