Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Ende nach 47 Dienstjahren

„Ohne klare Kante wird man zum Spielball“ - Chef Robert Woerner verlässt das Hauptzollamt

Nach 47 Jahren im Dienst des Zolls geht Robert Woerner in den Ruhestand.
+
Nach 47 Jahren im Dienst des Zolls geht Robert Woerner in den Ruhestand.

Menschen, die vor dem Zoll auf die Autobahn flüchten oder ihre Sozialversicherung nicht bezahlen können. Schicksale wie es die Beamten fast täglich erleben. Chef des Rosenheimer Hauptzollamtes ist Robert Woerner. Nach 47 Dienstjahren geht er in den Ruhestand und erinnert sich an ein ereignisreiches Berufsleben.

Rosenheim - „Ich bin mit mir im Reinen”, sagt Regierungsdirektor Robert Woerner, der Leiter des Hauptzollamts Rosenheim in seinem mittlerweile leeren Arbeitszimmer in den Räumlichkeiten des Hauptzollamts Rosenheim. Nach 47 Jahren im Dienste des Zolls schied er auf eigenen Wunsch aus dem aktiven Dienst aus. 47 Jahre, in denen er eine Menge erlebt hat und erleben musste. 

„Wenn man sieht, dass Menschen für zwei, drei Euro die Stunde arbeiten, dann rührt mich das auch”, erzählt er und erinnert sich an Kontrollen des Zolls beim Bau der Allianz-Arena in München.

Zoll ist größte Finanzbehörde des Bundes

Die Aufgaben des Zolls sind dabei sehr umfangreich. Das Hauptzollamt Rosenheim hat einen Bezirk von über 12 Landkreisen in Südost-Oberbayern. In 24 verschiedenen Bereichen ist der Zoll tätig. Das reicht von der reinen Sachbearbeitung und der Erhebung von Steuern bis hin zur Zollabfertigung. Viel mehr Aufgaben, als zu der Zeit, als Woerner seinen Dienst im Zoll angetreten hat. „Das war zu meiner Anfangszeit noch sehr greifbar und durch keinerlei Elektronik unterstützt. Ich weiß nicht, auf wie viele LKW ich gekrabbelt bin”, sagt Woerner. Er hat seinen Dienst in Hessen angefangen, da gibt es einen Binnenhafen. „Da kann ich mich erinnern, einmal 300 Plomben beim Export von Getreide gedrückt zu haben. Das war unwahrscheinlich vielfältig.”

Mittlerweile ist das Aufgabenspektrum stark erweitert worden. „Mit der Übernahme der Vollstreckungsaufgaben für die großen Renten- und Versicherungsträger. Dann der ganze Bereich der Schwarzarbeit.” Die Schwarzarbeit ist ein Thema, das den Zoll immer begleitet, weil oft ein Zusammenhang zur organisierten Kriminalität besteht. Kettenbetrugsbeschäfte, Scheingeschäfte, das hat bundesweite Ausstrahlung. Alleine in diesem Bereich sind mehr als 160 der 500 beschäftigten Personen im Rosenheimer Hauptzollamt tätig. Die Arbeit beim Zoll ist spannend, sagt er. „Und ich habe dort meine Frau kennengelernt!”, fügt er mit einem Lächeln hinzu.

Fingerspitzengefühl ist gefragt

Oft führt der Zoll Prüfungen durch. Dabei geht es meist um Geschäftsunterlagen und Buchhaltungsprüfungen, die unter anderem auch bei Steuerberatern durchgeführt werden. Manchmal kommt es aber auch vor, dass Einsätze mit Polizeiunterstützung durchgeführt werden müssen.

Ein großer Teil des Zolls arbeitet im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung. Besonders auf Baustellen wird der Zoll dort immer wieder fündig, wie eben bei der Allianz-Arena. Dort wurde immer wieder geprüft und es gab Fluchten über Zäune und auf die Autobahn. „Es geht dabei nicht um das Erzwingen von Einnahmen, sondern da geht es um menschliches Leid.” Wie auch im Arbeitsbereich Vollstreckung. „Menschen, die ihre Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlen können, gibt es überall”, erzählt Woerner. „Da ist von den Kollegen auch ein ordentliches Maß an Fingerspitzengefühl notwendig.”

Es gibt Einsätze, die im Gedächtnis bleiben

Manche Einsätze sind dem langjährigen Leiter des Rosenheimer Zolls im Gedächtnis geblieben. Kleinere Fälle darf und will er nicht erzählen, die unterliegen dem Steuergeheimnis. Aber ab und zu kommt es auch zu einem großen Fall, wie die Insolvenz eines großes Mineralölverarbeiters. Das war aus der Zeit, bevor Robert Woerner 2013 nach Rosenheim kam. Dort ist es dem Zoll gelungen, mit Hilfe eines sehr geschickten Insolvenzverwalters 300 Arbeitsplätze zu retten. Auch alles, was mit dem Flughafen München zusammenhängt, ist ihm als sehr spannend im Gedächtnis geblieben. „Hier im Bezirk habe ich besonders den Fall eines großen Tanklagers für Kraftstoffe im Wert von Millionen Euro vor Augen, welches es mit erheblichem Aufwand aufzulösen galt.” Das Lager war Teil der Staatsreserve eines anderen Staates. Ein hoch politischer Fall.

Große Herausforderungen in den vergangenen Jahren

Eine der größten Herausforderungen seiner Laufbahn seien auch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie gewesen. Nur mit vielen Mühen und Engagement konnte der Dienst aufrecht erhalten werden. Das Hauptzollamt Rosenheim sei aber immer funktionsfähig gewesen, sagt Woerner mit Stolz in der Stimme.

Aber auch der Umgang mit sogenannten Reichsbürgern war für ihn eine große Herausforderung. Regelmäßig antwortet das Hauptzollamt auf diverse Schreiben und Anrufe mit Anzeigen wegen Nötigung und Erpressung. Dabei gehe es ihm aber in erster Linie um den Schutz der Mitarbeiter, die durch die Anrufe und Schreiben bedroht würden. „Das ist eine enorme Belastung. Ohne eine klare Kante zu zeigen, wird man zum Spielball derartiger Umtriebe“, da ist sich Woerner sicher.

„Es ist Zeit, Platz für Jüngere zu machen.”

Nach 47 Dienstjahren ist nun für den Leiter des Hauptzollamts Schluss. Auf eigenen Antrag hin. Gründe hierfür gibt es einige private. Maßgeblich war aber der Todesfall eines von ihm sehr geschätzten Kollegen in Nürnberg, der jetzt in Altersteilzeit hätte gehen wollen. „Das war ein Erlebnis, welches bei mir eine Kerbe geschlagen hat”, so Woerner. „Aber ich denke auch, 47 Dienstjahre sind genug. Ich bin sehr zufrieden mit der Entscheidung, in den Ruhestand zu gehen.” 

Nun plant er Reisen mit seiner Frau. Außerdem hat er drei Enkelkinder, mit denen er mehr Zeit verbringen will. „Ich freue mich drauf, auch eine Zeitung mal wieder in einem Rutsch durchlesen zu können. Also gehe ich hier mit großer Zufriedenheit und auch mit großer Freude.”

Nachfolge steht noch nicht fest

Wer die Nachfolge von Robert Woerner antreten wird, ist noch nicht geregelt. Ein Posten in einer solch hohen Position wird bundesweit ausgeschrieben. Im Anschluss muss das Bundesfinanzministerium der Entscheidung zustimmen. Im Hauptzollamt geht man aber davon aus, dass die Position im Sommer neu besetzt werden kann.

Kommentare