Im Fröwis-Stall in Amerang
„Tanz der Lämmer“ in Amerang: Worüber sich die Jungtiere nicht nur an Weihnachten freuen
200 Lämmer tummeln sich friedlich im Stall zwischen den Muttertieren und weiteren hochträchtigen Schafen - bis die Kleinen zu tanzen anfangen. Warum das so ist.
Amerang - Eine friedvolle Atmosphäre herrscht im Stall von Schäfer Quirin Fröwis in Amerang - und das, obwohl an diesem Ort derzeit 300 Mutterschafe untergebracht sind. Die meisten von ihnen haben vor kurzem ein oder zwei Lämmer geboren, die anderen sind hochträchtig und sehen ihrem „Geburtstermin“ augenscheinlich sehr gelassen entgegen. Groß und klein stehen oder liegen in Ruhe auf dem sauberen Stroh, nur ein leichtes Blöken ist ab und an zu hören. Keine Hektik weit und breit. „Nur, wenn die Mutterschafe Heu und Silage bekommen und mit dem Fressen beschäftigt sind, dann kann man die jungen Lämmer temperamentvoll hüpfen sehen. Da weiß man dann, dass sie gesund ist. Wir nennen das den „Tanz der Lämmer“, beschreibt der Schäfer.
Weitere Artikel und Nachrichten aus der Region Wasserburg finden Sie hier.
November und Dezember sind die beiden Monate, in denen die jungen Merinoschafe in seiner Schäferei geboren werden: Tag und Nacht, rund um die Uhr. „Das läuft bei uns alles sehr natürlich ab“, erklärt Quirin Fröwis. Der 38-jährige Schäfer ist Hirte über 500 Mutterschafe und 100 Jährlinge, die erst im kommenden Jahr geschlechtsreif werden. Alle trächtigen Schafen sind zur Geburt in den Stall gezogen, die anderen sind noch draußen auf der Weide. Unter ihnen sind auch neun Schafböcke. „Die sind aber alle ganz friedlich, denn sie haben mit den 500 ‚Mädels‘, wie Fröwis seine Schafe liebevoll nennt, genug zu tun.“ Draußen ziehen sie mit ihrem Schäfer noch bis Mitte Januar von Wiese zu Wiese. „Dort bekommen sie Frischfutter, das ihnen gut tut und die Schafe wiederum tun dem Boden gut. Sie treten die Mäuselöcher zu und fressen noch einmal das Gras ab. Deshalb überlassen uns die Bauern zu dieser Zeit gern ihre Wiesen und wir haben alle was davon“, beschreibt Fröwis die Win-win-Situation.
Mitte Januar kommen dann auch sie in den Stall und werden dort erst einmal geschoren. Die Wolle der Merinoschafe ist streichelzart. „Aber, obwohl sie so besonders ist, bekommen wir für unsere Wolle auf dem Markt gerade so viel, dass wir davon gerade mal den Schafscherer bezahlen können“, erklärt Sandra Fröwis. Sie wundert sich nicht, dass es immer weniger Schafbauern gibt. „90 Berufsschäfer gibt es derzeit nur noch in Bayern“, macht ihr Mann deutlich. Um ihre Schäferei wirtschaftlich für sich und ihre drei kleinen Kinder betreiben betreiben zu können, setzt das Ehepaar auf zusätzliche Standbeine: Fotovoltaikanlage, Ferienwohnung und einen Hofladen mit Produkten aus der eigenen Wolle.
Ein wenig Bauchschmerzen bereiten dem Schäfer die Wolfsichtungen im Bereich Traunstein. „Unsere Sommerweide ist dort“, erklärt er besorgt. Herdenschutzhunde wären für ihn keine Lösung, da er seine Herde über eine sehr lange Zeit an die Hunde gewöhnen müsste. „Außerdem befindet sich unsere Weide auf Bundeswehrgelände und dort dürfen keine Schutzhunde frei rumlaufen“, fügt er an. „Wenn die Wölfe sich dem Menschen zu sehr nähern und eventuell noch Vieh reißen, dann müssen sie entnommen werden“, lautet deshalb sein Fazit.
Bis die Sommerweide bezogen wird, ist allerdings noch Zeit. Erst Ende April geht es für die Schafe wieder auf die Weide. Dann ruft Quirin Fröwis seinen treuen Hütehund Rex zu sich und schnappt sich die Schäferschippe. Dieser besondere Stab hat an einem Ende eine kleine Schaufel und einen Haken. „Die Schäferschippe ist quasi mein verlängerter Arm“, beschreibt er. „Mit dem Haken kann ich mir ein einzelnes Schaf wunderbar aus der Herde herausfangen, mit dem kleinen Spaten unliebsame Disteln aus der Weide entfernen und mit dem langen Stab dirigiere ich aus der Ferne meinen Hund.“
Die Arbeit mit den Schafen macht ihm von Herzen Freude, das sieht man ihm an. Und auch die Schafe scheinen Freude mit ihrem Hirten zu haben. Ein leiser Pfiff im Stall und schon wenden sie sich ihrem Schäfer zu. „Auch auf der Weide erkennen sie mich bereits von Weitem“, schildert Fröwis. „Sie wissen genau, dass ich sie zur neuen Weide führe und deshalb vertrauen sie mir, weil sie wissen, dass ich ihnen was zu fressen suche“, erklärt der Schäfer. Das schaffe Verbundenheit. Vielleicht seien die Schafe deshalb auch schon bei Christi Geburt mit am Stall von Bethlehem gewesen, überlegt er. Weil Gott in der Bibel als fürsorglicher Hirte beschrieben ist. Quirin Fröwis beschreibt sich auch als gläubig, und verrät einen Vers, den er in seiner Lehrzeit gelernt hat, und der heute in der Küche der Familie hängt. Er lautet: „Es heißt, der Schäfer sei ein Sünder, weil selten er zur Kirche geht, doch ein frommer Blick zum Himmel ist besser als ein falsch Gebet.“
