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Ermittlungen zum Tötungsdelikt von Aschau im Endspurt

Fall Hanna (†23): Wann es zum Prozess kommen soll - und wie es um Indizien und U-Haft steht

Strafverteidiger Harald Baumgärtl vertritt im Fall Hanna den dringend Tatverdächtigen, der als Jogger (Symbolfoto) ins Visier der Polizei geraten war.
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Strafverteidiger Harald Baumgärtl vertritt im Fall Hanna den dringend Tatverdächtigen, der als Jogger (Symbolfoto) ins Visier der Polizei geraten war.

Der gewaltsame Tod von Hanna aus Aschau im Chiemgau erschütterte. Nach einem halben Jahr sind die Ermittlungen nun nahezu abgeschlossen. Dann sind Staatsanwaltschaft und Gericht am Zuge. Wie es nun weitergeht, weshalb der Tatverdächtige weiter in U-Haft bleibt und wann mit dem Prozessbeginn zu rechnen ist.

Aschau im Chiemgau - Polizeisprecher Stefan Sonntag kann sich nicht erinnern, wann die Polizei in der Region so aufwendige Ermittlungen zu bewältigen gehabt hätte. „Unglaublich umfangreich“ seien die Arbeiten im Fall Hanna gewesen, sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. „Unglaublich viel Arbeit“ habe die Soko „Club“ geleistet, mit einer „exorbitanten Zahl“ von Vernehmungen.

Nun aber scheint die Arbeit getan. Die Kollegen nehmen noch Feinarbeiten vor, polizeilich und kriminaltechnisch seien die Ermittler auf der Zielgeraden. „Die allermeisten Unterlagen“, so sagt Sonntag, sollten nächste Woche (ab 17. April) auf dem Schreibtisch von Oberstaatsanwalt Gunter Scharbert in Rosenheim liegen.

Wochenlange Ermittlungen in einem aufwühlenden Fall

Damit geht die Ermittlungsphase im Fall Hanna nach über sechs Monaten auf die Schlussgerade. Die Studentin Hanna W. (23) hatte in der Nacht auf den 3. Oktober 2022 in ihrem Heimatort Aschau im Chiemgau den bekannten Club „Eiskeller“ besucht. In den frühen Morgenstunden, gegen halb drei, machte sie sich auf den Heimweg. Wenn man den Bildern einer Überwachungskamera vertrauen kann, verließ sie den Club alleine.

Kurz darauf fiel Hanna vermutlich am Parkplatz der Kampenwandbahn direkt am Bärbach einer Gewalttat zum Opfer. Am frühen Nachmittag des 3. Oktober wurde ihre Leiche einige Kilometer entfernt in der Prien entdeckt, in die der Bärbach mündet. Im Bärbach fand die Polizei später unter anderem auch Hannas Ring.

Hunderte von Vernehmungen allein im Umfeld des „Eiskeller“

Der Fall wühlte die Menschen in Aschau und weit darüber hinaus auf. Bis zu 60 Beamte bemühten sich in der Soko „Club“, Licht in die Umstände jener fatalen Nacht zu bringen. Unter anderem vernahmen sie Hunderte von Besuchern des „Eiskeller“. Schließlich, gut sieben Wochen später, nahm die Polizei einen jungen Mann fest, der in der fraglichen Nacht beim joggen gesichtet worden war.

Die Polizei hatte ihn bereits gesucht gehabt - und zwar als Zeugen. Er hatte sich daraufhin selbst gemeldet und ausgesagt. Am Freitag, 18. November, sah er sich erneut der Polizei gegenüber - diesmal als dringend Tatverdächtiger. Seitdem sitzt er in der JVA Traunstein in Untersuchungshaft.

Strafverteidiger Baumgärtl rechnet mit Prozessbeginn nicht vor Spätsommer

Sein Anwalt: Harald Baumgärtl (62), der jüngst unter anderem eine Kiefersfeldenerin gegen den Vorwurf verteidigte, ihren Vater ermordet zu haben. Wie es um den Tatverdächtigen steht? Die Umstände für seinen aktuellen Mandanten im Fall Hanna seien „belastend“, sagt Baumgärtl gegenüber dem OVB. Jeder Tag, der ins Land gehe, belaste ihn mehr. „Aber das lässt sich nicht umgehen, so sind die Abläufe.“

Diese Abläufe lassen es als sicher erscheinen, dass der junge Mann nicht vor dem Spätsommer vor Gericht steht. Mit Eingang des Abschlussberichts der Polizei übernimmt wieder der Staatsanwalt. Seine Aufgabe ist es in diesem Fall, die Ermittlungsergebnisse zusammenzufassen - und aller Voraussicht nach Anklage zu erheben. Viel Arbeit. Die Ermittlungen seien „extrem umfangreich“ gewesen, heißt es auch aus der Staatsanwaltschaft in Rosenheim.

Auch das Gericht muss die Unterlagen im Fall Hanna noch prüfen

Wenn die Bilanzarbeit des Staatsanwalts getan ist, ist das Gericht an der Reihe: Es hat die Anklageschrift zu überprüfen, „es muss seinerseits jede Seite genau lesen“, erklärt Baumgärtl, „und prüfen, ob das so in Ordnung geht. Schließlich kann das Gericht ja nicht einfach die Schlüsse des Staatsanwalts übernehmen“. Voraussichtlich ab Juni könnte es dann darum gehen, Termine für die Hauptverhandlung zu finden.

So lange wird auch die Untersuchungshaft für den jungen Mann andauern. Das Gericht ist angehalten, seinen Fall zügig zu bearbeiten, aber dabei eben nicht zu hudeln - ein Balanceakt. Dabei stellt schon der schiere Umfang der Akten das Gericht vor Herausforderungen.

Baumgärtl: „Indizien sind da“

Fordernd ist auch die Beweislage. „Indizien sind da“, sagt Verteidiger Baumgärtl, „sie rechtfertigen den dringenden Tatverdacht.“ Darüber hinaus gilt es jede Menge zu klären. Denn die Indizien machen den Tatverdächtigen noch nicht zum Täter. Und erst recht nicht die Gewalttat zum Mord. „Bis man zum Mordvorwurf kommt, müssen Mordmerkmale erfüllt sein“, sagt Baumgärtl. „Und da tu ich mich schwer.“

Ebenso wenig macht die Volljährigkeit allein den Beschuldigten zum Erwachsenen. „Das Gutachten der Sachverständigen liegt noch nicht vor“, sagt Harald Baumgärtl. „Aber ich mache den Job seit 30 Jahren und denke, dass wir ganz gute Argumente für eine Verhandlung nach dem Jugendstrafrecht haben.“ Die Polizei hatte als Alter des jungen Mannes „18 bis 21 Jahre“ und als Herkunft den „südlichen Landkreis“ angegeben.

Polizei: Alles Menschenmögliche getan

Der jetzt noch Tatverdächtige wird damit wohl frühestens im August zum tatsächlich Angeklagten. Die Polizei könne sich sicher sein, „alles Menschenmögliche“ zur Vorbereitung der Hauptversammlung getan zu haben, sagt Stefan Sonntag. Der Fall sei emotional aufgeladen gewesen, bestätigt er. Und auch die Polizeibeamten seien nur Menschen aus der Region, die in diesen Fall Herzblut investiert hätten.

So sei es ihnen wichtig gewesen, wirklich jede Spur zu verfolgen. Als beispielhaft dafür darf die hölzerne Armband-Uhr gelten, die in der Nähe von Hannas Ring im Bärbach gefunden worden war. Nach dem Besitzer dieser Holzkern-Uhr forschten die Ermittler intensiv, die Uhr spielte sogar eine wichtige Rolle beim Auftritt von Soko-Chef Hans-Peter Butz bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“.

Auch ein Holzweg dient als Beweis - für die Sorgfalt der Polizei

Schließlich fanden die Ermittler heraus, dass 1800 Exemplare der betreffenden Uhr verkauft worden waren. Mit den Käufern der Uhr sprachen die Beamten - und gegebenenfalls auch mit den Menschen, an die die Uhr verschenkt worden war. Am Ende stellte sich ein 32-jähriger Baden-Württemberger als Besitzer des Fundstücks heraus, der nachweislich nichts mit Hannas Tod zu tun hatte. Dennoch nicht verschwendete Mühe, betont Sonntag. Vielmehr könne die Polizei „guten Gewissens behaupten, kein Detail vernachlässigt zu haben“. Ein Holzweg war die Uhr insofern auf keinen Fall.

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