22 Jahre am Inn-Salzach-Klinkum Wasserburg tätig
Mit dem Regenschirm durch die Kirche: Pfarrer Thaddäus Jakubowski geht in den Ruhestand
Er tanzt schon mal mit Regenschirm barfuß durch das Gotteshaus, bricht mit kirchlichen Konventionen: Der Wasserburger Pfarrer, Thaddäus Jakubowski, verabschiedet sich in den Ruhestand. Ein Rückblick auf sein Wirken.
Wasserburg – Wie soll ein ‚normaler‘ Artikel einem solch ungewöhnlichen Geistlichen gerecht werden? Daten, Fakten aneinandergereiht, alles schön brav mit Häkchen versehen für das Archiv und bloß nichts vergessen? Nein. Das würde Thaddäus Jakubowski wohl nicht entsprechen. Dieser katholische Pfarrer sollte eher eine Art Theaterkritik aushalten müssen, für eine Inszenierung, in der er gleichermaßen Autor, Intendant, Regisseur und Akteur war und sich zusammen mit seinem Publikum, ähnlich wie in einem Impro-Theater, ständig kreativ weiterentwickelte.
Eine Art Predigttheater
Krisen bedeuteten darin niemals Versagen oder Scheitern, sondern allenfalls Fortschritt in einem Prozess, der auf Gottvertrauen basierte. Dabei die Umgebung, das Publikum und alle sonstigen Akteure bei diesen stets neu präsentierten ‚Vorstellungen‘ aber auch in vielen Gesprächen mit viel Gefühl gleichermaßen positiv zu beeinflussen und oft heilend auf die anvertrauten Seelen einzuwirken, das gelang Jakubowski vortrefflich. Denn nur Predigen war nicht seins, schon als Jakubowski in Gabersee anfing zu arbeiten. Er spielte ab da konsequent sein ‚Predigttheater‘, wie er es im Untertitel seines Buches ‚Nichts wird wie es war‘ 2009 nennt. In diesem Werk outete er sich auch schonungslos offen. Er sei Priester geworden, weil er immer schon bei der Müllabfuhr als Müllmann arbeiten wollte, denn in der Kirche, die er im Buch als große Müllhalde bezeichnet, stinke es gewaltig. Und weil er gerne auch Schauspieler sei, passe das auch, denn die Kirche sei schließlich das größte Theater der Welt.
Mit Plüschtieren erreichte er depressive Patieten
Aber immer schon habe er Gott als Arbeitgeber haben wollen, in der Hoffnung, dass dieser ihn nie entlasse und sich mit ihm zusammen auch auf die Straße zu den Gestrandeten setzen würde, denn Kirche sei auch im Staub der Welt zu finden.
Sein kleiner Vogel als Begleiter auf seiner Schulter sowie eine Reihe weiterer Plüschtiere und Requisiten gaben dem studierten Theologen und Psychologen in seinen Gottesdiensten jedenfalls immer auf besondere Weise Gelegenheit, verängstigte und depressive Patienten zu erreichen und aus der Reserve zu locken. Dafür nahm Jakubowski auch in Kauf, verdächtigt zu werden, selbst in die Psychiatrie zu gehören. Und so betrachtete er auch die gesamte Corona-Zeit als Tragikomödie und absurdes Theater, in dem alle auf ihre Weise mitspielen mussten, ob sie nun wollten oder nicht.
Gottesdienste zum Anfassen
In seiner Kirche St. Raphael lebte er jedenfalls mit seinen Requisiten, seinen Ideen von der besonderen Art der Verkündigung und seinen Gottesdiensten zum Anfassen einen lebendigen Glauben vor. Das forderte zwar die Flexibilität so mancher ‚normaler‘ Kirchenbesucher durchaus heraus, seine Fans, sein Publikum im großen ‚Mammuttheater‘, wussten und wissen seine Art aber durchaus zu schätzen.
Ein geistig nachhaltiges Denkmal hat Thaddäus Jakubowski sich durch seine Persönlichkeit, sein Wirken, aber auch durch seine Bücher in den vergangenen 22 Jahren in Wasserburg bereits errichtet. Er wird sicher auch, ohne später selbst anwesend zu sein, St. Raphael noch lange beleben und vielleicht tanzt dann seine Seele auch nochmal barfuß und vergnügt mit einem Regenschirm in der Hand für alle, die mit dem Herzen sehen gelernt haben.