Raketenangriff am 7. Oktober
Krieg statt Urlaub: Zwei Augenzeugen berichten in Wasserburg über die Angriffe in Israel
Wenn sich der Urlaub in einen Alptraum verwandelt: Michael Götz und Naomi Metz erlebten am 7. Oktober die Hamas-Angriffe in Israel. Nun waren die beiden in Wasserburg, um über das Erlebte zu sprechen. Das ist ihr Appell.
Wasserburg – Man macht Urlaub und plötzlich herrscht Krieg im Land: Das erlebten Michael Götz, Generalsekretär des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) Bayern und Naomi Metz, Studentin an der CVJM-Hochschule Kassel, am 7. Oktober in Israel. Die beiden schilderten die Geschehnisse bei einem Besuch des evangelischen Gemeindehauses in Wasserburg.
Götz berichtete von dem schrecklichen Tag: 8.15 Uhr, Frühstück mit Frau und Schwager im Jerusalemer Hotel. Sie feierten Geburtstag mit Kuchen, Kerzen und Ständchen. Dann hörten sie plötzlich die Sirenen draußen. War ein Feuer ausgebrochen oder war es nur ein Test?, fragte sich Götz. Erst herrschte noch keine Aufregung. Alarm war für die Familie nichts Ungewöhnliches – bis dann weiße Streifen am Himmel zu sehen waren. Explosionen erschütterten die Region – ein Raketenangriff. Schnell eilten sie in den Schutzraum. Schließlich gab es Entwarnung in Jerusalem, nicht aber am Gazastreifen.
Im Schatten des fürchterlichen Krieges
Der Urlaub, der für Götz am 29. September begonnen hatte und eigentlich am 11. Oktober enden sollte, hatte in diesem Moment seine Unschuld verloren. Der Rest seines Aufenthalts, der erst am 12. Oktober enden sollte, als die Evakuierungsflüge starteten, stand im Schatten des fürchterlichen Krieges.
Überrascht von den Ereignissen wurde auch die angehende Sozialarbeiterin Naomi Metz. Sie war gerade im Rahmen ihres Praktikums im Livegate Therapiezentrum, welches sie als Beispiel für Verständigung in der Region vorstellte, tätig. Von einer Begegnungsfreizeit mit einer Behinderten-Gruppe aus Kfar Tikva war sie vom See Genezareth eben zurückgekommen. Ihr Wirken in dieser christlich orientierten, auf Nächstenliebe ausgerichteten sowie kulturübergreifenden Einrichtung sei, wie sie sehr bedauerte, mit dem Überfall der Hamas-Kämpfer und der anstehenden Evakuierung deutscher Staatsbürger leider abrupt beendet gewesen.
Götz zeigte einen selbstgedrehten Filmausschnitt, indem er das jüdische Leben unmittelbar vor dem Überfall veranschaulichte. Es gab beeindruckende Szenen von einer orthodoxen Feier des Laubhüttenfestes in Jerusalem. Besonders gut gelang es Götz, mit seiner lebendigen Dokumentation einen Eindruck vom Zusammenleben der unterschiedlichsten Kulturen und Religionen in Israel zu vermitteln.
Die Wahl zwischen Pest und Cholera
Erschreckend sei, so der Generalsekretär des CVJM, dass der Hass in der umkämpften Region so tief sitze und damit Friedensbemühungen womöglich unweigerlich in eine Sackgasse für alle Beteiligten führen könnten. Anders als in sonstigen Kriegen würden nicht Frauen und Kinder in Bunkern vor Kämpfen geschützt, sondern die Kämpfer selbst versteckten sich dort. Wohl wäre der Krieg sofort vorbei, wenn die Geiseln freigelassen würden. Letztlich sei aber schon so viel Porzellan zerschlagen worden, dass nur die Wahl zwischen Pest und Cholera bliebe, verdeutlichte er.
Mit einem Friedensgebet, das um göttlichen Beistand bei der Freilassung der Geiseln, aber auch um Hilfe zur Einsicht bei allen an der Hass-Spirale Drehenden bat, endeten zwei Stunden intensiven Austausches mit Götz und Metz, in dem Bewusstsein, dass es in einer solch verfahrenen Situation keine einfachen Lösungen gebe, jeder aber etwas zum Frieden auf eigene Weise beitragen könne. In diesem Sinne stand dann auch das von Pfarrerin Cordula Zellfelder überreichte Gastgeschenk an die beiden Zeitzeugen, ein Glas Honig von ihren eigenen friedlichen Pfarrbienen. Die Veranstaltung wurde im Rahmen der geplanten Jahresthemenreihe „Shalom – Begegnungen mit dem Judentum“ abgehalten. Rund 70 Gäste waren anwesend.