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„Sehr bitter“ - Stadtverwaltung verschickt Absagen

Kein Platz für 60 Kinder: Hiobsbotschaft für Kolbermoorer Eltern

Wer für sein Kind einen Platz in einer Kindereinrichtung erhält, kann sich glücklich schätzen. In Kolbermoor bekamen jetzt 60 Familien eine Absage. Plätze sind zwar genug da, aber das Personal fehlt.
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Wer für sein Kind einen Platz in einer Kindereinrichtung erhält, kann sich glücklich schätzen. In Kolbermoor bekamen jetzt 60 Familien eine Absage. Plätze sind zwar genug da, aber das Personal fehlt.

Eine Hiobsbotschaft erhielten jetzt die Eltern von 60 Kolbermoorer Kindern. Für sie gibt es keinen Kita-Platz in der Stadt. Die Rechnung ist ernüchternd, denn ausreichend Plätze wären eigentlich da, doch das Personal fehlt.

Kolbermoor – „Es wäre eine Punktlandung geworden.“ Vor acht Wochen hat Karin Wallisch, bei der Stadt Kolbermoor für das Sachgebiet Kindertagesstätten (Kitas) verantwortlich, die Anmeldungen für das neue Betreuungsjahr und die vorhandenen Plätze miteinander verglichen. Mit dem Ergebnis: „Wir hätten in unseren Einrichtungen ausreichend Plätze für alle Anmeldungen.“ Insgesamt sind das 915 Plätze, davon 170 in Kinderkrippen, 700 in Kindergärten und 45 im Hort. Doch die Bedarfsplanung der Kommune und die Zahl der Plätze lösen das Problem nicht mehr.

Die Stadtverwaltung erreichte eine Hiobsbotschaft nach der anderen: „Die Träger der Einrichtungen setzten uns darüber in Kenntnis, dass sie zu wenig Personal haben und deshalb weniger Kinder aufnehmen können“, informiert Wallisch und bedauert: „Das bedeutet im neuen Betreuungsjahr leider, dass wir für 60 Kinder keinen Platz haben“, bedauert Wallisch. Die Zusagen sind am Montag, 24. April, an die Eltern verschickt worden. Aber eben auch die Absagen. Und das, „obwohl alle einen gesetzlichen Betreuungsanspruch haben“, wie Karin Wallisch betont.

Wer bekommt einen und wer keinen Platz?

Für die Entscheidung, wer einen und wer keinen Betreuungsplatz bekommt, gibt es in Kolbermoor keine definierten Regeln. „Das entscheiden die Träger“, erklärt Wallisch. Grundvoraussetzungen seien der Wohnort und das entsprechende Alter. Die Träger versuchten dann, die Gruppen nach ihren pädagogischen Konzepten optimal zusammenzusetzen.

Diesen „Erdrutsch“ hat keiner erwartet

Dass überall in Deutschland pädagogische Fachkräfte (Erzieherinnen, Sozialpädagoginnen) und pädagogische Ergänzungskräfte (Kinderpflegerinnen) fehlen, ist der Politik schon lange bekannt. Aber dass es nun plötzlich „so einen Erdrutsch“ geben würde, hat alle Verantwortlichen in der Kolbermoorer Verwaltung überrascht. Grundsätzlich müssen die Kommunen zwar den bundesgesetzlichen Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Kindertagesstätte räumlich umsetzen. Für die Ausbildung der Fachkräfte aber ist der Freistaat verantwortlich.

Die Stadt Kolbermoor hat ihre Hausaufgaben gemacht: „Wir bauen seit zehn Jahren eine Kita nach der anderen und dann fehlt den Trägern das Personal“, ist Bürgermeister Peter Kloo betroffen: „Das ist sehr bitter, und für manche Familien möglicherweise existenziell.“

340 Plätze in zehn Jahren geschaffen

Ein Blick zurück beweist: „Innerhalb von zehn Jahren wurden in sechs Einrichtungen 255 Kindergarten- und 85 Krippenplätze geschaffen“, informiert Karin Wallisch. Dazu gehört die Kinderkrippe „Mangfallwichtl“, die mit 48 Plätzen im Januar 2014 eröffnet wurde. Im September 2014 kam der Kindergarten „Harrerhaus“ mit 50 Plätzen hinzu. 113 Plätze entstanden 2017 im „Kieselstein“, darunter 100 im Kindergarten (mit denen aus dem Harrerhaus) und 13 in der Krippe. Im Juni 2018 eröffnete die Naturgruppe Kolbermoor Süd ihren Kindergarten für 25 Knirpse. 50 Kindergarten- und 24 Krippenplätze entstanden bei den Wollmäusen. Und schließlich ging im Oktober 2021 auch der Waldkindergarten an der Hölderlinstraße mit 80 Plätzen an den Start.

Räumliche Vorsorge reicht nicht mehr

„Damit haben wir gut vorgesorgt und genügend Plätze entsprechend unserer jährlichen Bedarfsplanung geschaffen“, macht Karin Wallisch das Dilemma klar, denn: „Nun mangelt es leider an Fachpersonal.“ Doch wie überall stirbt auch bei der Kita-Betreuung die Hoffnung zuletzt: „Wir haben eine Warteliste. Sollte es den Trägern gelingen, in den nächsten Wochen und Monaten neue Fachkräfte einzustellen, kann vielleicht der eine oder andere Platz doch noch besetzt werden.“

„Anstrengung auf allen Ebenen erforderlich“

Kurzfristig kann die Betreuungsmisere nicht gelöst werden. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das alle Kommunen betrifft. Es wird einer Anstrengung auf allen Ebenen bedürfen, um für die sozialen Berufe wieder genügend Menschen zu begeistern“, blickt Bürgermeister Peter Kloo in die Zukunft.

Thema im Stadtrat am 26. April

Am Mittwoch, 26. April, ist die angespannte Betreuungssituation in Kolbermoor ab 18 Uhr Thema in der öffentlichen Stadtratssitzung. Auch ein Ausblick in die Zukunft ist geplant. Beispielsweise auf die viergruppige Kita, die an der Conradty-Straße entsteht. Sie wird die räumliche Betreuungskapazität in Kolbermoor weiter erhöhen. Die entscheidende Frage aber wird sein, ob es dann auch das erforderliche Personal gibt, um die Kita zu eröffnen.

Kann Rechtsanspruch eingeklagt werden?

• Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ist im Paragraph 24 des Achten Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) geregelt: Demnach hat ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, einen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung, wenn die Eltern erwerbstätig oder arbeitssuchend sind. Zwischen dem ersten Lebensjahr und bis zum Schuleintritt hat ein Kind generell einen Anspruch auf einen Kita-Platz – unabhängig davon, ob die Eltern arbeiten oder nicht.

• Wer für sein Kind keinen Kitaplatz erhalten hat, kann klagen. Mit einer solchen Klage können verschiedene Ziele verfolgt werden: entweder die Zuweisung eines Kitaplatzes oder Schadensersatz für die Kosten der privaten Kinderbetreuung. Dieser richtet sich nach dem Verdienstausfall aufgrund der nicht vorhandenen Betreuung.

• Die Klage würde sich nicht gegen die Stadt Kolbermoor richten, sondern gegen das Landratsamt Rosenheim, denn für die Umsetzung des § 24 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe – also das Kreisjugendamt – verantwortlich.

• Damit es gar nicht so weit kommt, bemüht sich das Kreisjugendamt alljährlich nach Ende den Kita-Anmeldungen um eine Vermittlung von Familien und freien Plätzen in der Region. „Gerichtsurteile haben geklärt, dass Eltern ein Betreuungsplatz im Umkreis von 30 Minuten Fahrzeit zuzumuten ist, dies gilt auch bei 30 Minuten Umweg auf dem Weg zur Arbeit“, informiert Ina Krug von der Pressestelle des Landratsamtes. Lehnen Familien einen angebotenen Platz ab, verwirken sie den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

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