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Interview mit dem Eiselfinger

„In die Trinkflasche kommt nur Bier“: Karl Zenger (93) – der wohl älteste Radrennfahrer Deutschlands

Der Eiselfinger Karl Zenger (93) hält sich jeden Tag körperlich fit.
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Der Eiselfinger Karl Zenger (93) hält sich jeden Tag körperlich fit.

Karl Zenger (93) aus Eiselfing fährt bis heute jedes Jahr 5000 Kilometer auf seinem Fahrrad. Neulich hat er zwar elektronisch nachgerüstet. Doch das Pensum ist für ihn nicht verhandelbar. Was er noch alles vorhat.

Herr Zenger, Ihr nahezu ganzes Leben haben Sie auf dem Sattel verbracht. Wie sind Sie zum Rennradfahren gekommen?

Karl Zenger: Durch meinen Vater. Er war immer ein begeisterter Rennradfahrer, hat renommierte Rennen wie das um den Bodensee gewonnen. Er war wirklich ein sehr sportlicher und ein sehr fescher Mann. Beides hat er mir vererbt. (lacht)

Wann haben Sie Ihr erstes Rennen bestritten?

Zenger: Das war 1949 in Gars am Inn. Da bin ich auf Anhieb Dritter geworden. Beim zweiten Rennen in Wasserburg wurde ich Zweiter. Aber nur, weil mich der Sieger im Schlusssprint von der Straße abdrängte, der blöde Sauhund. Erst das dritte Rennen in Rosenheim habe ich für mich entscheiden können.

Ein Leben auf zwei Rädern: Fast alle bekannten Alpenpässe hat Karl Zenger schon überwunden.

„Für mich gab es immer nur eines: gewinnen“

An wie vielen Rennen haben Sie teilgenommen?

Zenger: Vielleicht 300, 400. Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Gewonnen habe ich auf jeden Fall einige. So 30, 40. Ich war übertrieben ehrgeizig. Für mich gab es nur eines: gewinnen. Mein Sport war schon immer viel mehr als nur ein Sport. Ich lebe und atme das Rennradfahren, seit ich denken kann. Und: Es wurde sogar noch besser. Irgendwann holte mich der Kreisbaumeister des Landkreises zum Straßenbau. Da ging ein Traum in Erfüllung.

Wieso?

Zenger: Ich liebe gute Straßen, ich liebe glatten Asphalt. Tagsüber konnte ich hier die Straßen in der Umgebung planieren, abends darauf fahren. Noch mehr habe ich es allerdings gemocht, wenn ich mich die Alpen hochquälte. Ich bin schon auf fast alle hochgeradelt. Das Stilfser Joch in Italien, den Col Du Galibier und Alpe d’Huez in Frankreich, den Großglockner und das Timmelsjoch in Österreich, den Grimsel und Furkapass in der Schweiz und den Spitzingsattel sowie die Rossfeld-Panoramastraße. Der Einzige, der mir noch fehlt, ist der Mont Ventoux. Das wird aber auch nix mehr.

Karl Zenger in seiner Radl-Werkstatt.

Weil Sie es körperlich nicht mehr schaffen?

Zenger: Schauen Sie, ich bin jetzt 93. Ich mache wirklich alles, um weiterhin gesund und fit zu sein. So einen Pass packe ich aber nicht mehr. Und genau deswegen habe ich 2021 meinen zweirädrigen Fuhrpark aufgerüstet. Auf alle Räder, mit denen ich fahre, habe ich mir einen Akku drangebaut. Alle sind mit 240 Watt ausgestattet. Auch mein Rennrad und mein Berg-Radl, mit dem ich meine Damen-Ausfahrt bestreite. Wir fahren an jedem Montag, aber nicht so steile Passstraßen wie in den Alpen hoch, sondern hier über Stock und Stein, meist so zwischen 40 und 50 Kilometer.

Nehmen Sie auch Energiegels und Power-Riegel mit?

Zenger: Bäh! Das Zeug kann ich nicht mehr essen, ebenso Bananen. Davon habe ich mich jahrzehntelang im Training und bei den Wettkämpfen ernährt. Ich nehme wie früher auch kein Wasser mehr mit, weil ich den ganzen Tag schon zu Hause Wasser trinke. Das Einzige, was in meine Trinkflasche kommt, ist ein gscheids bayerisches Bier. Aber ein alkoholfreies.

Was haben Sie heute noch so alles vor?

Zenger: Bei mir dreht sich alles ums Rad. Entweder fahre ich selber oder ich richte Radl. Ich bin frühzeitig in Rente gegangen. „Und was jetzt?“, habe ich mir damals gedacht. Dann kam mir die Idee, hier im Haus den „Radsport-Zenger“ zu eröffnen. Ich habe deutsche Schauf-Räder zusammengeschraubt, italienische Cinelli oder belgische Eddy Merckx. Und wenn der Tag sich dem Ende neigt, dann mache ich noch Gymnastik.

Das Bierchen nach der Tour ist für Karl Zenger die schönste Belohnung.

Im Hobbykeller, wo Sie im Winter auf dem Hometrainer trainieren?

Zenger: Nein, ich trainiere im Bad. Ich lege mir ein Handtuch auf die Fliesen, mache Übungen für meine Bauch- und Rückenmuskulatur. Dann stehe ich auf, mache die Vorbeuge, indem ich meinen Oberkörper nach vorne lehne und mit den Fingern den Boden berühre. Aber mit durchgestreckten Knien, beschissen wird nicht. Die Liegestützen schaffe ich nur, wenn meine Knie den Boden berühren. Dafür schaffe ich aber immerhin noch 20 Stück.

Haben Sie mit 93 überhaupt Wehwehchen?

Zenger: Nur mein Kreuz und meine Knie spüre ich. Deswegen habe ich mir vor drei Jahren einen Lift einbauen lassen, um meinen Rücken zu schonen.

Was wünschen Sie sich?

Zenger: Dass der liebe Herrgott mir da oben eine gscheide Werkstatt und ein gscheids Radl bereitgestellt hat. Ansonsten wird es eine fade Zeit.

Wollen Sie im Himmel an Rennrädern schrauben?

Zenger: Schutzbleche und Gepäckträger habe ich noch nie gerne drangeschraubt. So etwas mache ich nicht. Nicht mal im Himmel.

Interview: Andreas Haslauer

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