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Via Social Media zu Menschen ins Haus

Die Lebensretter aus dem Inntal: Ärzte-Brüderpaar Bonke erinnert sich an Ausbruch der Pandemie

Die Brüder Dr. Felix und Dr. Florian Bonke aus Flintsbach.
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Sie standen für unaufgeregte, sachliche Information und das Motto „Ruhe bewahren“ während der Corona-Pandemie: Mit ihren Videobotschaften – hier aus dem Jahr 2020 – erreichten die Brüder Dr. Felix (links) und Dr. Florian Bonke über die sozialen Medien viele Menschen im Lockdown.

Für viele waren sie die Felsen in der Brandung mitten in der Corona-Pandemie. Neben der unermüdlichen ärztlichen Versorgung gaben die Brüder Dr. Felix und Dr. Florian Bonke aus Flintsbach den Menschen mit ihren Videos nicht nur aktuellste Informationen, sondern vor allem auch Zuversicht.

Flintsbach – Ärzte und Pflegepersonal standen noch nie in der jüngeren Vergangenheit so sehr im Fokus wie während der Coronapandemie. Ihr Können, ihr Wissen und ihr unglaublicherEinsatz halfen den Menschen durch die ungewissen, schweren Zeiten. Es gibt unzählige Beispiele, Geschichten und Gesichter, die diese Phase prägten. Zwei von ihnen sind die Brüder Dr. Felix und Dr. Florian Bonke.

Als die Verunsicherung am größten war, die Coronawelle gerade auf die Region überschwappte und sich der erste Lockdown anbahnte, handelten die Flintsbacher Ärzte der Hausarztpraxis Bonke pragmatisch. Aufgrund zahlloser Anfragen begannen sie, per Video in den sozialen Medien über die Lage vor Ort und in der Region zu informieren. Erstmals am Dienstag, 10. März 2020, als Dr. Felix Bonke von einer „noch relativ entspannten Situation“ sprechen konnte – mit bis dato fünf nachgewiesenen Corona-Fällen in Rosenheim und Umgebung.

Abwechselnd trugen die Brüder auch in ihren Videobotschaften zu Beginn der Pandemie Masken, wenn der eine sprach und der andere schwieg.

Dass sich die Lage schnell und drastisch ändern würde, machten er und sein Bruder Dr. Florian Bonke allerdings auch von Anfang deutlich. Von der ersten Ausstrahlung an wurden die abendlichen Videos der Brüder zu einem wichtigen Kommunikationsmittel, um die Menschen während des Lockdowns in ihrem Zuhause zu erreichen.

Das waren die wichtigsten Ziele

Die beiden Hausärzte nutzten diese zum einen, um zu beruhigen: Für die allermeisten Menschen bedeute eine Coronaerkrankung keine größere Gefahr. Jedoch gehe es darum, kranke und alte Menschen vor Infektionen zu schützen, die bei ihnen dramatisch verlaufen könnten – denn auch sehr düstere Schilderungen aus den Kliniken erreichten die Mediziner mit Fortschreiten der Zeit. Als wichtigstes Ziel gaben sie aus, die Infektionskette zu durchbrechen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Dr. Florian Bonke in voller Schutzmontur im Infekt-Zelt, das der Flintsbacher Burschenverein zu Beginn der Pandemie hinter der Praxis aufgestellt hatte.

Zum anderen informierten die beiden über Symptome, Behandlungsmaßnahmen, Abläufe in der Praxis, baten um Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen, erläuterten die erste Allgemeinverfügung. Sehr früh setzte die Flintsbacher Praxis auf das Angebot von Selbstabstrichen, um Kapazitäten, Material und persönliche Kontakte einzusparen. Als andernorts Praxen wegen Erkrankung des Arztes oder des Mangels an Schutzausrüstung schließen mussten, erklärten sich die Flintsbacher Ärzte bereit, auch Patienten, die nicht zu ihrer Praxis gehörten, zu behandeln oder zuhause zu besuchen, wurden dabei mehrfach zu Lebensrettern.

Angehörige erinnern sich an Hilfsbereitschaft

Nur ein Fall von vielen: Keine Sekunde zögerte Dr. Florian Bonke, als er zu Beginn der Pandemie von einem schwer erkrankten Patienten in einer rund 20 Kilometer entfernten Ortschaft hörte, dessen Familie sich verzweifelt an einem Samstag bei ihm meldete, weil der eigene Hausarzt nicht mehr helfen konnte. „Wir haben noch genügend Schutzausrüstung, ich kann jederzeit vorbeikommen“, beruhigte er Tochter und Schwiegersohn. Der Mann lag seit Tagen mit Fieber und kaum ansprechbar im Bett. Auf den ersten Blick erkannte der Mediziner den Ernst der Lage, kümmerte sich darum, dass der Erkrankte per Krankenwagen in das Romed-Klinikum nach Rosenheim gebracht wurde. Auch in Fragen zur Patientenverfügung und bevorstehenden künstlichen Beatmung stand er der Familie trotz des großen Patientenaufkommens in dieser Zeit beruhigend und empathisch bei, nahm sich Zeit. Der 81-jährige Patient schaffte es schließlich wieder nach Hause – an die dramatischen Stunden und den Arztbesuch hatte er keine Erinnerung mehr. „Wenn Dr. Bonke nicht gekommen wäre, hätte das ganz anders ausgehen können“, sagt der mittlerweile 86-Jährige, dessen Tochter bis heute dankbar ist: „Wir wussten damals nicht mehr, wen wir um Hilfe bitten konnten. Doch Dr. Bonke war für uns da. Er hat meinem Vater das Leben gerettet.“

Wie war das damals aus Sicht der Ärzte, Anfang des Jahres 2020? „Zunächst nimmt man den Ausbruch der Pandemie in China zur Kenntnis. Merkt dann, dass das ein Problem ist, das langsam nach Europa schwappt. Anfang Februar ist klar: Das ist keine normale Situation mehr. Man überlegt, wie man sich am besten vorbereitet“, fasst es Dr. Felix Bonke zusammen.

Kleines Rätsel für die Social-Media-Gemeinde während der Pandemie: Welcher der beiden Ärzte verbirgt sich hinter der Maske?

Doch auf eine Situation mit einer Tragweite, wie man sie 2020 erlebte, wurde man in der Ausbildung bis dato nicht vorbereitet. „Das Thema Pandemie war eher abstrakt, Pandemiemanagement kam gar nicht vor. Wir mussten ständig improvisieren. Anfangs brachte ja jeder Tag neue Entwicklungen. Zugleich mussten die Versorgung der chronisch Kranken sowie die Vorsorge für Patienten weiterlaufen“, erinnern sich die Brüder.

Unbeschreibliche Solidarität erfahren

Wirklich nervös sei man allerdings nie gewesen, zu keinem Zeitpunkt sei Verzweiflung aufgekommen, denn: „Wir haben immer eine unglaubliche Solidarität gespürt. Auf allen Ebenen.“ Das ganze Dorf stand hinter seinen Ärzten. Das wurde auch deutlich, als der Burschenverein Flintsbach innerhalb von zwei Stunden nach einem Aufruf seines Mitglieds Florian Bonke sein Zelt vorbeibrachte und hinter der Praxis aufbaute (später abgelöst durch einen gut ausgestatteten Container).

Unterstützung durch Bevölkerung

Dort behandelten die Mediziner fortan unter besonderen Schutzanforderungen Patienten mit typischen Symptomen, während in der Praxis selbst der „normale“ Betrieb fortlaufen konnte. Auch Schutzausrüstung stellte die Bevölkerung zur Verfügung; ein Privatmann sorgte für Gesichtsschutz-Visiere aus dem 3D-Drucker.

Die Flintsbacher waren zur Stelle, wann immer ihre Hilfe gefragt war. Hier beim Wiederabbau des Infekt-Zeltes hinter der Praxis.

„Wir hatten immer das Gefühl, dass alle zusammenhalten“, denken die Ärzte dankbar zurück. Und noch heute attestieren sie ihrem Team, „Weltklasse“ gewesen zu sein. „Es war Wahnsinn, wie alle gearbeitet haben, was alle an Mut und Opferbereitschaft eingebracht haben. Keiner wusste, wie hoch sein persönliches Risiko war. Anfangs starb jeder 100. erkrankte Covid-Patient.“ Wenn die Pandemie etwas Positives gezeigt habe, dann, dass man gesehen habe, was geleistet werden kann, wenn man wirklich will, auch seitens der Politik. „Das habe ich noch nie in solch einem Maße erlebt. Ich bin sehr stolz auf diesen Ort“, betont Felix Bonke.

Auf das Provisorium mit dem Infekt-Zelt folgte der Container, in dem Patienten mit Symptomen getrennt vom regulären Praxisbetrieb untersucht und behandelt werden konnten.

Denn er und sein Bruder wissen auch: „Es war eine sehr intensive Zeit, in der viele gelitten haben.“ Selbst seien sie als Ärzte in einer privilegierten Situation gewesen: „Wir mussten nicht während des Lockdowns zuhause sitzen. Wir konnten unseren Beitrag leisten und das tun, wofür wir unseren Job gelernt haben. “ Und hätten dazugelernt: vieles über Infekte, das Umstellen von Prozessen, wie man flexibel reagiert, wie Teamwork funktioniert. „Meine Wahrnehmung für das, was möglich ist, hat sich durch das Erlebte definitiv verschoben“, sagt Felix Bonke.

Wir sind keine Politiker, wir sind Ärzte. Wir informieren, wir helfen.

Dr. Felix Bonke

Zunächst sei schließlich nicht anderes übrig geblieben, als auf Sicht zu fahren. „Wir haben gesehen, wie anderswo das Gesundheitssystem zusammenbrach. Wir alle standen unter dem Eindruck der Geschehnisse in China oder New York.“ Spätestens seit den Bildern aus Italien sei abzusehen gewesen, dass der Lockdown kommen würde. Oft haben es die Brüder Bonke in ihren Videos betont: „Wir sind keine Politiker, wir sind Ärzte. Wir informieren, wir helfen.“ In die politische Diskussion griffen sie nicht ein, verhielten sich sachlich, neutral.

Für die Brüder Dr. Florian (links) und Dr. Felix Bonke ist die Arbeit in ihrer Flintsbacher Hausarztpraxis nicht nur ein Beruf, sondern auch eine Familienangelegenheit, wie sie unter diesem Foto ihres Instagram-Accounts betonen.

An der „Front des Gesundheitssystems“ sei man natürlich um jeden Erkrankten weniger froh gewesen. Und aus Sicht der Mediziner sei es durch die Isolierungsmaßnahmen gelungen, die Infektionswelle tatsächlich einzudämmen und die Kliniken zu entlasten. „Unsere große Sorge war zu Beginn, dass die Kapazitäten für künstliche Beatmung nicht ausreichen würden. Eine Horrorvorstellung“, erinnert sich Dr. Felix Bonke an die Anfänge der Pandemie und die Bilder aus italienischen Krankenhäusern zurück. Doch bereits in ihrem Video vom 2. April 2020, die Osterfeiertage waren gerade vorbei, konnten die Brüder von einer „spürbaren Entspannung in der Praxis“ berichten. Auch wenn es in den Kliniken damals noch anders aussah.

Während der Pandemie trugen die Brüder bei ihrer Arbeit permanent FFP2-Masken – in ihrem Praxisbetrieb habe sich das bewährt: „Wir hatten keine nennenswerten Übertragungen.“ Mit der warmen Jahreszeit wurde vieles leichter, viele Menschen hatten die Krankheit bereits durchgemacht, später kam der Impfstoff auf den Markt, die Immunisierung schritt voran.

Auch bei den Impfungen war die Praxis Bonke vorne mit dabei, was die Verfügbarkeit des Serums und die Terminvergabe anging. Wobei Felix Bonke betont: „Ich bin sehr froh, dass es keine Impfpflicht gab und wir nicht gezwungen waren, entsprechende Maßnahmen auszuführen. Ich finde es grundsätzlich schlecht, jemandem etwas aufzuzwingen. Die Menschen sollen selbst über ihre Gesundheit bestimmen.“

Erfahrungen mit Andersdenkenden

Meinungen von Patienten, die gegen die Corona-Regelungen (und später gegen die Impfungen) waren, habe man stets versucht, zu akzeptieren. „Dafür, dass wir gerade anfangs das Gesicht der restriktiven Maßnahmen waren, und verglichen mit dem, was man in den Medien mitbekommen hat, haben wir diesbezüglich – abgesehen von einigen Kommentaren und Schreiben – nicht viel erlebt“, fassen es die Brüder zusammen.

Wichtige Auszeiten auch für Mediziner

An die Zeit damals denken sie kaum noch zurück. Und wenn, dann „ist das Thema für uns nicht negativ besetzt“. Auch wenn es eine ungeheuer arbeitsintensive Zeit war, hätten sie es doch immer geschafft, für notwendige Auszeiten zu sorgen. „In diesen hat man dann schon versucht, sich von manchem zu distanzieren, hat Podcasts gehört oder sich draußen bewegt“, erinnert sich Felix Bonke zurück. Selbst angesteckt hat er sich erst spät, als die Beschränkungen gelockert wurden und größere Veranstaltungen wie das Rosenheimer Herbstfest wieder möglich wurden.

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