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Angst vor dem Hochwasser

Renaturierung verschoben? Neue Pläne für die Raublinger Hochrunstfilze

Die ersten Fichten in der Hochrunstfilze sind bereits gefallen. Sharon Rakowski, Hydrogeologin der Bayerischen Staatsforsten, erklärte dem Raublinger Umweltausschuss sowie rund 200 Raublingern, warum.
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Die ersten Fichten in der Hochrunstfilze sind bereits gefallen. Sharon Rakowski, Hydrogeologin der Bayerischen Staatsforsten, erklärte dem Raublinger Umweltausschuss sowie rund 200 Raublingern, warum.

Die Diskussion rund um das Hochwasser in Raubling nimmt kein Ende. Erneut im Mittelpunkt: Die Moorlandschaft vor der Gemeinde. Im Umweltausschuss stellten sich die Verantwortlichen der geplanten Renaturierung der Hochrunstfilze den Fragen der Anwohner. Doch Zweifel und Ängste bleiben bestehen. Was jetzt mit der Filze passiert.

Raubling – „Versäumt”, „unterschätzt“ und „Verständnis“ waren wohl die drei häufigsten Begriffe, die in der außergewöhnlichen Sitzung des Raublinger Umweltausschusses durch die knackenden Lautsprecher zu hören waren. Statt wie üblich vor einer handvoll interessierter Bürger über verschiedene Tagesordnungspunkte zu beraten, kamen diesmal knapp 200 Raublinger in die Gemeindehalle. Der Grund: Ein Vortrag der Moor-Teams der Bayerischen Staatsforsten und der Unteren Naturschutzbehörde des Rosenheimer Landratsamtes zur Renaturierung der Hochrunstfilze.  

Raublinger vom Fällen der Fichten überrascht

Unter das Stichwort „versäumt“ fiel der Termin, da schon einige Raublinger bereits vor zwei Monaten Alarm schlugen, als auf einer circa 40 Hektar großen Fläche einige Fichten gefällt wurden. „Das sind die ersten Vorbereitungen für die geplante Renaturierung“, erklärte Sharon Rakowski, Hydrogeologin der Bayerischen Staatsforsten. Denn um das Moor wieder zu vernässen, muss ein Teil der Bäume, die das Feuchte nicht vertragen und damit leichte Beute für den Borkenkäfer wären, vorher entfernt werden. Das Problem: Erst kurz vor dem Hieb wurde die Maßnahme an die Gemeinde und die Öffentlichkeit weitergegeben. Viele Anwohner fühlten sich daher überrumpelt.

„Unterschätzt” haben die Verantwortlichen deshalb die Reaktionen der Raublinger. Denn zu präsent ist die Angst, dass die Vernässung der Moore beim nächsten Starkregen wieder zu einer Überflutung führt. „Ich bin erschrocken, wie viele Bäume schon liegen und was alles abgeholzt wurde“, meinte beispielsweise Korbinian Weindl aus Grünthal bei einer Begehung vor Ort. „Es kann nicht sein, dass wir darüber nicht informiert werden”, fügte Michael Paul aus Pang hinzu. 

Die Moore vor den Toren der Gemeinde Raubling: Die violetten Flächen zeigen die Bereiche der Hochrunst- und Kollerfilzen, die im kommenden Jahr von den Staatsforsten renaturiert werden sollen. Steinbeis- und Rohretfilzen sind im Privatbesitz und noch nicht renaturiert.

Torfschicht soll Wasser zurückhalten

Doch führt ein nasses Moor tatsächlich dazu, dass beim nächsten Starkregen das Wasser weniger heftig Richtung Nicklheim, Grünthal oder Kirchdorf fließt? „Unsere Daten zeigen, dass ein renaturiertes Moor bei Weitem keine so hohen Spitzen aufweist”, erklärt Moormanagerin Veronika Kloska von der Unteren Naturschutzbehörde. Demnach nimmt die in einem intakten Moor vorhandene Torfschicht das Wasser besser auf und gibt es zudem deutlich langsamer wieder ab als ein trockener Boden. „In einem entwässerten Moor wird der Boden vermulmt. Das Wasser wird somit nicht gespeichert, sondern fließt direkt über die Gräben raus”, beschreibt Kloska. 

Die Folgen eines Starkregens waren beim Hochwasser am 3. Juni zu spüren, als die Wassermassen aus den Bergen auch durch das Moor in die Bäche und weiter in die Raublinger Wohngebiete schossen. Der Plan sei daher, in den kommenden Jahren mit Holzstauwänden (sogenannte Spundwände) zu arbeiten, das Wasser damit aufzustauen und einen natürlichen Moorwald inklusive Torfboden wiederherzustellen. 

Der für Hochmoore untypische Baum- und Strauchbewuchs (links) zeigt, dass das Moor ausgetrocknet ist. Vor der Renaturierung werden vom Moor-Team der Bayerischen Staatsforsten Messpegel installiert, um die Vernässung zu beobachten.

Mit der Aussicht gaben sich die Raublinger jedoch nicht zufrieden. „Ich glaube das so nicht. Gibt es da ein Gutachten dazu?”, war beispielsweise eine Frage aus dem Publikum. Die Hydrogeologin versicherte daraufhin, dass ein Ingenieurbüro bei der Planung involviert war und so etwas nie leichtfertig entschieden wird. „Wir haben keine Bedenken, dass durch diese Maßnahme die Anlieger negativ beeinflusst werden”, versicherte Rakowski, die daraufhin jedoch Gelächter der 200 Raublinger in Kauf nehmen musste. 

Rund 200 Raublinger kamen zur Informationsveranstaltung über die Renaturierung der Filze.

Nicht nur an dieser Reaktion bemerkten die Experten, dass das Thema emotional beladen ist und hatten dafür „vollstes Verständnis“. „Ich fahre heute Abend nach Regensburg zurück, während Sie mit der Angst vor einem erneuten Hochwasser leben müssen”, relativierte Rakowski. Die Zweifel, ob eine Vernässung hilft oder ein angelegtes Rückhaltebecken nicht doch sinnvoller wäre, blieben somit bestehen. Genauso wie die Sorge eines nach wie vor zu hohen Grundwasserspiegels.

Renaturierung verschiebt sich

Aufgrund der deutlichen Reaktion aus der Gemeinde wird zumindest nicht direkt renaturiert. Das Angebot von Rakowski: „Wir kontrollieren zunächst die Grenzgräben und analysieren die Wasserstände über das gesamte Jahr 2025.“ Ursprünglich war geplant, spätestens im Sommer 2025 im östlichen Bereich der Hochrunstfilze zahlreiche Torfdämme einzubauen. Nun wird lediglich der Fichtenhieb abgeschlossen. Bevor es dann zu weiteren Maßnahmen kommt, sollen die Betroffenen diesmal früher informiert werden. 

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