Bargeld, Kosmetikartikel, Cartier-Armband
Influencerin (22) als Angeklagte vor Gericht: Rosenheimer Richter beendet „Zickenkrieg“
Kuriose Verhandlung am Rosenheimer Amtsgericht: Erst nach sieben Anläufen konnte ein angeblicher Diebstahl unter jungen Frauen geklärt werden. Auch, weil die Beteiligten es dem Gericht nicht einfach machten. Am Schluss wählte der Richter drastische Worte.
Rosenheim – Es ist ein Fall, in dem es gleich mehrere Anläufe brauchte, um eine Entscheidung zu finden. Vor dem Rosenheimer Jugendschöffengericht musste sich eine junge Frau (22), die als Influencerin arbeiten will, wegen Diebstahls verantworten. Eigentlich konnte die angeklagte Tat als Bagatell-Diebstahl angesehen werden. Allerdings waren insgesamt sieben Termine notwendig, damit die Sache endgültig geklärt werden konnte. Immer wieder waren die Angeklagte, die bereits mehrfach vorgeahndet ist, aber auch das angebliche Tatopfer aus den verschiedensten Gründen nicht vor Gericht erschienen.
Zeugin kann sich an genauen Diebstahl nicht mehr erinnern
Dem Ganzen die Krone setzte eine Zeugin des angeblichen Diebstahls auf, als sie beim letzten Termin ihr Nicht-Erscheinen mit einem gefälschten Ärzteattest belegen wollte. So ordnete der Vorsitzende Richter Hans-Peter Kuchenbaur kurzerhand deren Vorführung durch die Polizei an. Damit war sichergestellt, dass dieses Verfahren endlich zu einem Abschluss kommen konnte.
Wie kurios dieses Verfahren, der Vorwurf und der Auftritt des angeblichen Tatopfers tatsächlich waren, zeigte sich bei Aussage der jungen Frau. Zum einen wusste sie die Zeiten und Umstände des angeblichen Diebstahls nicht mehr genau. Zum anderen fiel ihr während ihrer Zeugenaussage ein, dass ihr damals in der Nacht auf den 10. Oktober 2023 von der Angeklagten nicht nur Bargeld und Kosmetikartikel gestohlen worden waren. Die junge Frau gab an, plötzlich auch ein wertvolles Cartier-Armband zu vermissen. Dies war ihr in den zwei Jahren seit dem Vorfall aber nicht aufgefallen.
Staatsanwaltschaft wollte Sache so schnell wie möglich entscheiden
Staatsanwalt Christian Merkel winkte resigniert ab, als das Gericht ihm anbot, der Zeugin noch weitere Fragen zu stellen. In seinem Schlussvortrag erklärte er, dass es wohl niemandem klar geworden sei, wer hier wen wirklich bestohlen hatte. Beide Frauen könnten gelogen haben und deshalb beantragte er Freispruch für die Angeklagte. Er war überzeugt: Dieses Verfahren müsse schnellstmöglich vom Tisch. Die Gerichte hätten schließlich Wichtigeres zu tun.
Die Verteidigerin Denise Peter stimmte dem Staatsanwalt selbstverständlich zu, ihrer Mandantin sei kein Fehlverhalten nachzuweisen. Dem konnte sich auch das Gericht anschließen. Bei der Urteilsbegründung merkte der Richter an: „Ein Schöffengericht kann nicht dazu da sein, hier einen Zickenkrieg auszutragen!“
Angeblich Beklaute muss für Ausfälle aufkommen
Das angebliche Tatopfer hat nun, neben einem Ordnungsgeld und den Kosten für zwei vergebliche Termine, auch ein Verfahren wegen Urkundenfälschung zu erwarten.