Daran scheitert es
„Im Herbst und Winter stehen wir auf der Straße“: Alpenverein sucht verzweifelt Boulderhalle
Der Wasserburger Alpenverein braucht eine neue Boulderhalle. Vorsitzender Fritz Gottwald sucht verzweifelt geeignete Räume. Woran es scheitert.
Wasserburg - Der Wasserburger Alpenverein (AV) sucht dringend eine Boulderhalle. Seit Jahren ist Fritz Gottwald, Vorsitzender des AV Ortsgruppe Wasserburg, gemeinsam mit den Mitgliedern auf der Suche. Der Verein hat über 4.300 Mitglieder, ist der größte in Wasserburg. „Wir haben genug Manpower, viele Handwerker an der Hand“, so Gottwald. „Wir können den Umbau selbst übernehmen, auch bei der Finanzierung können wir uns beteiligen“, erklärt der 60-Jährige.
Das Problem: Es gibt keine Räumlichkeiten. Vor vier Jahren ist der Alpenverein aus dem Fitnessstudio „Fit & Fun“ ausgezogen, weil der Inhaber die Räume gebraucht habe, so der Vorsitzende. Seitdem stehen die Mitglieder im Herbst und Winter auf der Straße. Im Frühling und Sommer nutzen die Kraxler die Kletterwand an der Realschule. „Wir haben genug Leute. Erst vor kurzem haben sich wieder zwei Mitglieder als Kletterwandbetreuer ausbilden lassen. Aber in der kalten Jahreszeit gibt es in Wasserburg keine Möglichkeit zu üben“, so Gottwald. Stattdessen fahre Trainerin Eva Schupp mit den Kindern und Jugendlichen nach Waldkraiburg oder Rosenheim zum Bouldern oder organisiere Busse und Fahrgemeinschaften. Und obwohl auch die Verbindung mit dem ÖPNV nicht „so schlecht“ wäre, seien die Zugtickets nach wie vor zu teuer. „Das kann sich nicht jeder leisten“, verdeutlicht der Vorsitzende.
Der Alpenverein wolle nun in der Garage bei der alten Polizei ein Zuhause zum Bouldern finden. Die Räumlichkeiten wären laut Gottwald perfekt. Doch dieses Unterfangen gestalte sich nicht so einfach. Die Mitglieder haben sich mit Bürgermeister Michael Kölbl und den Zuständigen der Stadt Wasserburg besprochen. „Es wäre auch möglich, eine LEADER-Förderung zu bekommen - für einen Zeitraum von zwölf Jahren.“ In dieser Zeit könne der Alpenverein die Räume nutzen. Auch vom Denkmalschutz her wäre es kein Problem, da „nur Teile des Gebäudes unter Denkmalschutz stehen. Die alte Polizei nicht“, sagt der 60-Jährige.
Aber: Der Zeitraum von zwölf Jahren sei der Stadt Wasserburg zu lang. Sie wolle sich nicht so lange verpflichten - zumal die Kommune bislang noch nicht wisse, was mit dem Gebäude geschehen soll. Momentan sei die alte Polizei vermietet, mit einem Vertrag von drei Monaten - also nichts Langfristiges, wie Gottwald weiß. Für ihn stelle die Förderung und die damit einhergehende Verpflichtung kein Problem dar. „Die Stadt Wasserburg hat so viele Projekte in den kommenden Jahren: Der Wohnungsbau an der alten Essigfabrik, der Neubau des Wertstoffhofs und des Zentraldepots“, zählt er auf. Bis sich die Kommune mit der alten Polizei befassen könne, seien schnell zwölf Jahre ins Land gegangen, meint der Vorsitzende. Und so lange könne der Alpenverein die Garage nutzen, meint er.
Auch Lukas Bartholme, aktives Mitglied beim Wasserburger Alpenverein und Referent fürs Klettern, wünscht sich „nach der langen Zeit Unterstützung von der Stadt Wasserburg. Wir hatten vor kurzem erst ein Gespräch mit Bürgermeister Michael Kölbl und Irene Langer, Jugendreferentin der Stadt Wasserburg, zu der Thematik“, berichtet der 29-Jährige. Einen alternativen Raum fürs Bouldern sei „sehr schwer“ zu finden, verdeutlicht er das Problem. Der Verein wolle auch nichts anmieten, da dies wiederum für die Mitglieder höhere Preise bedeuten würde. Für den Alpenverein keine Option.
Für den Bürgermeister sei allerdings klar, dass er sich auf die langfristige Bindung durch die LEADER-Förderung nicht einlassen wolle, erzählt Bartholme. Stattdessen habe der Rathauschef einen Fünfjahresvertrag für die Nutzung der Garage bei der alten Polizei vorgeschlagen, so der Referent fürs Klettern. Die Kommune wolle auf die Fördergelder verzichten und stattdessen selbst etwas beisteuern, „maximal 50 Prozent der Kosten, beziehungsweise soll der Betrag gedeckelt sein“, erklärt der 29-Jährige.
Doch zunächst müsse die Stadt den Antrag auf Nutzungsänderung prüfen, ob aus der Garage eine Sportstätte werden könne. Danach gehe das Anliegen des Alpenvereins an den Stadtrat, erklärt Bartholme. Ein langer Weg also. Dennoch würden die Mitglieder darauf hoffen, dass die Entscheidung des Stadtrats positiv und vor allem schnell ausfalle. So könnten die Kraxler im besten Fall im nächsten Winter 2023/24 in der neuen Boulderhalle das Klettern aufnehmen.
Das sagt Bürgermeister Michael Kölbl
„Wir haben uns für das ehemalige Polizeigebäude im Stadtrat darauf geeinigt, dass es vorerst nur Interimslösungen für einen Zeitraum von fünf Jahren geben wird“, sagt Bürgermeister Michael Kölbl. Denn danach wolle die Stadt, wenn finanziell möglich, die Generalsanierung des Denkmals mit neuer Energieversorgung stemmen. Für die Garagen könne es deshalb ebenfalls nur eine Zwischennutzung für fünf Jahre geben, eine Leaderförderung mit zwölfjähriger Bindung passe nicht.
Der aktuelle Vertrag für das Nebengebäude sei jedoch kurzfristig kündbar, die Stadt eventuell - vorbehaltlich einer entsprechenden Entscheidung des Haupt- und Finanzausschusses und/oder des Stadtrates - bereit, finanziell zu helfen, um in der Garage eine Boulderanlage zu integrieren. Noch vor Weihnachten finde dazu eine Bauberatung statt: Stadtbauamt und DAV würden gemeinsam klären, ob sich das Gebäude eigne und eine Umnutzung baurechtlich möglich sei. Dann müsse der Alpenverein entscheiden, ob er vorerst auch mit einer kurzfristigen Lösung für die nächsten fünf Jahre leben könne. Kölbl geht davon aus, dass die notwendigen Schritte im Fall eines Ja des DAV im ersten Quartal 2023 vollzogen werden könnten.
Grundsätzlich ist die Standortsuche für eine Boulderhalle schwierig, betont Kölbl. Gesucht werde ein Raum mit einer Fläche von 80 bis 100 Quadratmetern, der eine Mindesthöhe von vier Metern aufweise. Letztere bereite bei der Standortfindung Probleme. Die Stadt habe dem DAV bereits nach dem Aus der Boulderanlage im Fitnessstudio Fit & Fun vorgeschlagen, das TSV-Heim am Badria zu erweitern. Der Verein habe jedoch aus finanziellen Gründen Abstand genommen von dieser Lösung. Die Kommune ist laut Kölbl, wenn entsprechende Stadtratsbeschlüsse vorliegen würden, bereit, zu unterstützen. Nach dem Beispiel bei Baumaßnahmen von TSV und Stadtkapelle: Die Hälfte der Kosten hatte die Kommune hier - gedeckelt auf 200.000 Euro - als Investitionszuschuss übernommen.

