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Baukulturtag: Dr. Max von Bredow im Gespräch

Beton, Holz - oder gar mit Lehm und Heu? Die Zukunft des Bauens in unserer Region

Für Quest ist es wichtig Begegnungsräume zu schaffen, wie hier in Weyarn als Grünanlage.
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Für Quest ist es wichtig Begegnungsräume zu schaffen, wie hier in Weyarn als Grünanlage. 

Man könnte vielleicht einfachere Fragen stellen als die, die beim Baukulturtag des Immobilienentwicklers Quest in Kolbermoor gestellt wird: Wie wollen wir leben? Im Interview erklärt der Geschäftsführer des Familienunternehmens, Dr. Max von Bredow, warum wir mehr diskutieren, mehr planen und mehr über Materialien reden sollten.

Herr Dr. von Bredow, was soll denn Baukultur überhaupt sein?

Dr. Max von Bredow: Wir sprechen da über insgesamt vier Aspekte: Ökologie, Ökonomie, Soziales und Gestaltung. Bei der Frage der Ökologie befassen wir uns beispielsweise damit welche Materialien wir zum Bauen verwenden, wie wir die Gebäude beheizen und wie lange wir ein Gebäude überhaupt benutzen können, bevor wir es wieder abreißen.

Wie lange sind denn Gebäude nutzbar? Plant man das Ende mit ein?

Von Bredow: Viele Menschen glauben, dass Gebäude für die Ewigkeit gebaut sind und denken zum Beispiel an die Alte Spinnerei Kolbermoor, in der unsere Firma sitzt. Aber die meisten Gebäude stehen nur circa 60 Jahre. Wenn wir einen Bungalow aus den 70er oder 80er Jahren sehen, dann wollen wir da meistens nicht drin leben. Wir sprechen auch von einem immateriellen Wertverlust, weil das Gebäude nicht mehr in die Zeit passt. Da sind wir dann beim Aspekt der Gestaltung. Das Ziel muss es sein zeitlose Architektur zu schaffen. Ich mag den Begriff moderne Architektur nicht. Moderne kommt von Mode und ist schnelllebig und vergänglich. Des Weiteren geht es darum regionaltypisch zu bauen.

Dr. Max von Bredow

Ist das denn so unterschiedlich?

Von Bredow: Ein Haus im Oberland sieht ganz anders aus als beispielsweise im Dachauer Land. Das erkennt man sofort an der Dachneigung. Im Oberland selbst ist die Stadt Bad Tölz wieder ein Unikum. Dort sind alle Häuser geziegelt und haben ein Blechdach. Holz und geziegelte Dächer suchen sie in der Innenstadt vergeblich.

Ob Holz oder Beton betrifft ja dann auch wieder den ökologischen Aspekt.

Von Bredow: Ja, aber Ziegel und Beton sind nicht per se schlecht. Beides sind regionale und bewährte Baumaterialien, die aber viel Energie in der Herstellung benötigen. Ziegel werden circa 24 Stunden bei 1000 Grad Celsius gebrannt. Holz wächst mit Sonnenlicht und bindet CO2.

Bauen wir in der Region zu wenig mit Holz?

Von Bredow: Dafür, dass wir die TH Rosenheim mit einer Riesen-Expertise im Holzbau haben, viele sehr gute Zimmereien bei uns ansässig sind und etwa ein Drittel des Landkreises Rosenheim mit Wald bedeckt ist, haben wir noch viel Luft nach oben. Wir könnten dadurch mehr Wertschöpfung in der Region halten: Wir entscheiden, ob das Geld dem Rosenheimer Waldbauern zufließt oder dem ausländischen Stahlwerksbesitzer.

Im Programm geht es ja auch um Holz als Baumaterial, aber auch Stroh und Lehm. Sollen wir jetzt Hütten bauen?

Von Bredow: Wenn sie Häuser aus Holz, Stroh und Lehm sehen, erkennen sie auf den ersten Blick keinen Unterschied zu herkömmlich errichteten Häusern. Stroh ist ein hervorragendes Dämmmaterial und es hinterlässt keinerlei Müll. Genau wie Lehm auch. Die Baubranche ist für 36 Prozent des gesamten europäischen Festmüllaufkommens verantwortlich. Man kann nicht den Menschen sagen, dass sie mit dem Jutebeutel einkaufen gehen sollen und dann beim Bau so tun, als könnten wir nicht anders. Zudem steigt die Nachfrage nach baubiologischen Wohnhäusern massiv an. Zum einen wegen des guten Raumklimas und zum anderen, weil die Häuser frei von Schadstoffen sind.

Was sind die anderen Aspekte?

Von Bredow: Ökonomie wäre das Nächste: Bauen muss wieder bezahlbar werden und auch wirtschaftlich nachhaltig finanzierbar sein. Ein subventioniertes Leuchtturmprojekt ist keine Lösung, mit der wir Wohnen für die breite Bevölkerung bezahlbar und zugänglich machen. Und dann die sozialen Gesichtspunkte: Entscheidet nur der Bauträger oder Architekt oder gibt es eine breite Bürgerbeteiligung? Was bringt ein Projekt den Menschen vor Ort? Und nicht zuletzt sind echte Begegnungsräume ein wichtiger sozialer Aspekt des Bauens.

Was ist denn mit Begegnungsräumen gemeint?

Von Bredow: Es gibt viele Begegnungsräume, die wir gezielt aufsuchen und dafür auch eine gewisse Strecke zurücklegen: Eltern gehen mit den Kindern zum Spielplatz, Senioren zum Kaffeekranz, junge Menschen in den Sportverein oder in den Club und so weiter. Es findet also sehr viel Begegnung zwischen den Menschen statt. Trotzdem weiß ich nicht wer mein Nachbar ist. Diese zufälligen Begegnungen brauchen einen Raum, in dem ich mich gerne aufhalte und verweile. Das fängt beim Treppenhaus an. Will ich da stehen bleiben und kurz mit dem Nachbarn ratschen? Der Austausch und die Begegnung ist ein menschliches Bedürfnis. Wir vermissen ja beim Wirtshaussterben auch nicht in erster Linie das Bier oder den Schweinebraten, sondern den Austausch.

Spricht das nicht gegen ein verdichtetes Bauen?

Von Bredow: Nein ganz im Gegenteil. Häufig ist ein weiteres Stockwerk städtebaulich verträglich, wir können Grund und Boden besser nutzen und müssen weniger Fläche versiegeln. Wichtig ist, dass wir im Außenraum weniger Privat- und mehr Gemeinschaftsflächen schaffen. Es macht ja viel mehr Spaß auf dem gemeinsamen Bolzplatz zu kicken, als in Mutters Rosengarten.

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