„Bodenlose Frechheit“
Hitler-Bild in Priener Schaufenster: OVB-Leser alarmiert die Polizei - Aber liegt Straftat vor?
OVB-Leser Matthew Kiplinger ist sehr verärgert über das was er in einem Schaufenster in Prien sehen musste: Ein Hitler-Bild. Auch die Polizei habe er verständigt. Doch liegt hier wirklich eine Straftat vor?
Prien – Sehr verärgert zeigt sich OVB-Leser Matthew Kiplinger am Telefon. Er berichtet über eine Entdeckung, die er bei einem Spaziergang durch Prien gemacht hatte. Er blieb am Schaufenster eines Antiquitäten-Händlers stehen. Beim Betrachten der Raritäten fiel ihm allerdings ein Gegenstand besonders auf. Zwischen einer alten Kamera und einer Donald-Duck-Figur stand ein Glas. Darauf abgebildet: ein schwarz-weißes Foto von Adolf Hitler. Ein Bild davon schickte er dem OVB.
„Eine bodenlose Frechheit sowas auszustellen“, klagt Kiplinger. Weil das Geschäft zu diesem Zeitpunkt nicht geöffnet hatte, verständigte er die Polizeiinspektion Prien, damit das Glas mit dem Hitler-Bild umgehend entfernt wird. Wie er mitteilt, hat er auch Anzeige erstattet.
Inhaber verwundert
Als ein OVB-Reporter eine halbe Stunde nach dem Anruf von Kiplinger das besagte Schaufenster aufsuchte, war das Glas bereits nicht mehr an der genannten Stelle. Ein zuständiger Sachbearbeiter der Polizei Prien bestätigt auf OVB-Nachfrage, dass die Beamten zu dem Antiquitäten-Händler gefahren sind. „Wir haben auch erste Ermittlungen eingeleitet“, sagt der Sachbearbeiter. Weiter will er sich aber noch nicht zu dem Fall äußern.
Der Inhaber des Antiquitäten-Ladens (Name liegt der Redaktion vor) sagt gegenüber dem OVB: „Es war mir nicht bewusst, dass es sich hier um eine Straftat handeln könnte.“ Für ihn sei das Glas mit dem Hitler-Bild eine Antiquität, die wie viele andere auch gehandelt wird, und die man auch oft so im Internet finde. Mehr will er aber auch nicht dazu sagen.
Besitz von Hitlerbild nicht strafbar
Doch wie ist nun die Rechtslage? Liegt tatsächlich eine Straftat vor? Michael Bieber, Pressesprecher im Bayerischen Staatsministerium der Justiz, erklärt auf OVB-Nachfrage, dass sich im Allgemeinen strafbar macht, wer innerhalb Deutschlands „Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation verbreitet oder öffentlich verwendet“. Das ist im Strafgesetzbuch (StGB) § 86 a Absatz 1 Nummer 1 festgelegt. Mit Kennzeichen sind dabei unter anderem Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen gemeint. „Je nach Umständen des Einzelfalls, kann es aber auch ein Hitler-Bild sein“, erklärt Bieber. Laut dem StGB können bei einem solchen Vergehen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren drohen.
Doch es gibt eine Ausnahme: Die sogenannte Sozialadäquanzklausel im StGB. Darin heißt es, dass das Handeln straflos bleibt, wenn die Verbreitung oder Verwendung gesetzlich anerkannten Zwecken dient. Ob ein solche Ausnahme auch beim An- und Verkauf von Antiquitäten gegeben ist, müsse – je nach Einzelfall – aber gerichtlich entschieden werden.
Und der private Besitz eines solchen Kennzeichens? Zum Beispiel ein Fundstück in der Wohnung eines verstorbenen Verwandten? „Ist straflos“, sagt Pressesprecher Bieber.