40 Jahre im Dienst der Frauen
Verdienstkreuz für Halfings Bürgermeisterin: Warum Regina Braun mal wütend aus der CSU austrat
Ob es um Mütterrente oder Frauen in Kirchenämtern geht: Frauen haben eine kleine Lobby. Daher macht sich Halfings Bürgermeisterin Regina Braun seit 40 Jahren für Gleichberechtigung stark. Jetzt bekam sie dafür eine hohe Auszeichnung.
Halfing – „Entweder ich bin überzeugt, dass es geht, oder ich lasse die Finger davon.“ Regina Braun ist eine Macherin. Privat wie politisch macht die vierfache Mutter und ehemalige Lehrerin keine halben Sachen. Deswegen hat Halfings Bürgermeisterin schon früh angefangen, sich zu engagieren. Aufgewachsen in Dinslaken am Niederrhein kam sie schon als junges Mädchen über ihre Mutter zur Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd). „Ich habe damals die Mitgliederzeitschrift ausgetragen“, erinnert sie sich.
„Unsichtbare Arbeit sichtbar machen“
Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz war eine Überraschung. Im Dezember hat die Bürgermeisterin Post aus der Staatskanzlei bekommen. „Die habe ich erst gar nicht aufgemacht, weil ich dachte, das sei der alljährliche Weihnachtgruß“, sagt die 66-Jährige und lacht. Als sie den Umschlag dann doch öffnete, staunte sie nicht schlecht. Für sie ist die Verleihung des Bundesverdienstordens aber keine Würdigung ihrer persönlichen Leistung. Sondern sie sieht sich als Stellvertreterin des Diözesanverbandes. „Ohne meine Mitstreiterinnen wäre all das nicht möglich gewesen.“ Die Auszeichnung ist eine Wertschätzung der Arbeit des kfd, die „unsichtbare Arbeit sichtbar macht“.
1856 als sogenannter Mutterverein gegründet ist die kfd heute mit rund 265.000 Mitgliedern der größte katholische Frauenverband und einer der größten Frauenverbände Deutschlands. Der Verband setzt sich für die Interessen von Frauen in Kirche, Politik und Gesellschaft ein. Einst diente der Verband als Gebetsgemeinschaft. „Heute sind wir weniger fromm, dafür aber mehr politisch“, sagt Regina Braun. Von 2008 bis 2022 war sie Vorsitzende des kfd-Diözesanverbandes München-Freising, war Mitglied im Landeskomitee der Katholiken in Bayern und hat Kardinal Reinhard Marx im Frauenforum der Erzdiözese München und Freising beraten. Schon zuvor machte sie 20 Jahre die Pressearbeit für den Diözesanverband.
„Politik braucht Input“
„Frauen haben noch immer eine kleine Lobby“, sagt Braun. Deswegen sei die Arbeit der Verbände wichtig. Vielen sei gar nicht bewusst, wie. „Die Politik braucht diesen Input.“ Von alleine kämen die da nicht drauf, fügt sie spöttelnd hinzu. So könnte die Frauengemeinschaft auch auf Bundesebene wichtige Veränderungen einleiten: auf gesetzlicher Ebene und auch in der Kirche.
Dass auch Mädchen – seit 1994 – als Ministrantinnen dienen dürfen, ist auch den Impulsen der kfd zu verdanken. „Außerdem fordern wir seit 1999 die Zulassung von Frauen für alle kirchlichen Ämter.“ Obwohl der Ruf nach Gleichberechtigung auch innerhalb der Kirche immer lauter wird, zeigt Rom (noch) wenig Bereitschaft, sich in der Frauenfrage zu bewegen. In vielen Bereichen öffnete sich die Kirche aber doch: So werden seit 2011 auch geschiedene und wiederverheiratete Paare zu den Sakramenten zugelassen. Auch dies fußt auf dem Einsatz des Frauenverbandes.
Mütterrente, Elternzeit und ein verschobene Rollenbilder
Positive Veränderungen konnten die Frauen auch in der Rentenfrage erzielen: „Da haben wir Gott sei Dank einiges bewegen können“, sagt Regina Braun. Nach wie vor sei das Thema Altersarmut bei Frauen präsent. Seit 2014 gibt es deshalb auch die sogenannte Mütterrente, die eine bessere rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder schafft, die vor 1992 geboren wurden. So werden zweieinhalb Jahre anerkannt statt wie zuvor nur ein Jahr.
Auch eine grundlegende Überarbeitung des Bundeserziehungsgesetzes stand auf der Agenda. Dass der „Erziehungsurlaub“ seit 2001 „Elternzeit“ heißt, geht auf die Impulse des Frauenverbandes zurück. „Ich habe damals einen jungen Vater mit einem Kleinkind in einer Kraxe getroffen und ihn gefragt, ob er seinen Erziehungsurlaub erholsam findet“, erinnert sich Braun. Seine Antwort sei wenig überraschend gewesen: „Er hat uns eindeutig zugestimmt, dass Elternzeit recht wenig mit Urlaub zu tun hat.“
Wut über veralte Rollenbilder
Regina Braun ist Mutter von vier erwachsenen Kindern. Bevor sie in die Kommunalpolitik wechselte, arbeitete sie 39 Jahre als Sport-und Englisch-Lehrerin in Westerndorf St. Peter bei Rosenheim. Auch sie musste am eigenen Leib erfahren, wie festgefahren gesellschaftliche Rollenbilder in Bezug auf die Stellung der Frau waren: So habe ihre Fraktion sie gefragt, nachdem sie sich für das Amt der Zweiten Bürgermeisterin beworben hatte, wie sie Ehrenamt, Beruf und Familie unter einen Hut bekommen wolle. „Damals bin ich wutentbrannt aus der CSU ausgetreten“, sagt sie.
Eine andere Partei sei für sie dennoch nie im Frage gekommen, der Aspekt der christlich-sozialen Werte sei ihr besonders wichtig. Es folgte der Wiedereintritt. „Außerdem kann man Veränderung nur von Innen schaffen“, schaffen sagt die 66-Jährige. Zweite Bürgermeisterin wurde sie trotzdem – und später auch Erste.
Frauen haben ihre Zukunft selbst in der Hand
Kritisch blickt sie auf die heutige gesellschaftliche Situation: „Vor allem auf dem Land scheinen sich viele junge Frauen wenig Gedanken über die Zukunft und die Rente machen“, sagt Regina Braun. Auch die kfd habe diese Beobachtung gemacht. Dabei sei Altersarmut bei Frauen präsenter denn je. Grund dafür könnte sein, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch immer sehr schwierig sind, meint die Bürgermeisterin. Sie hofft, dass sich junge Frauen künftig wieder stärker für ihre Rechte und Gleichstellung einsetzen – so lautet auch das Motto der kfd: Frauen. Macht. Zukunft. „Geschenkt gibt es nichts. Und wir sind noch lange nicht da, wo wir sein sollten. Frauen müssen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen.“
