Ein Blick aufs westliche Chiemseeufer
Gräberumgang und Totengedenken: Wird die Allerheiligen-Tradition in der Region weiterhin gelebt?
Andacht und dann Gräberumgang. So ist es in vielen Kirchengemeinden an Allerheiligen Tradition. Auch am westlichen Chiemseeufer. Doch wird die Tradition in der Region auch weiterhin gelebt?
Prien/Chiemgau – Eine Grabkerze wird eingepackt, vielleicht noch Blumen, dann geht‘s zur Kirche und nach der Andacht wird sich mit der Familie am Grab versammelt. Dieses wird mit den Blumen und der Kerze feierlich geschmückt und dann gedenken die Anwesenden gemeinsam ihrer verstorbenen Angehörigen. Der Pfarrer und die Ministranten gehen währenddessen durch den Friedhof und segnen die Ruhestätten. So ist es in der katholischen Kirche Brauch an Allerheiligen.
Dieser Tag findet immer am 1. November statt und ist – wie der Name schon sagt – allen Heiligen gewidmet. Einen Tag darauf, am 2. November, wird der Totengedenktag Allerseelen gefeiert, an dem den Seelen aller Verstorbenen erinnert wird. Doch mittlerweile ist es in den Gemeinden üblich, dass bereits am 1. November nicht nur für Heilige Gebete und Fürbitten gesprochen werden, sondern für alle verstorbenen Menschen. Auch, weil Allerheiligen in einigen Bundesländern, wie in Bayern ein gesetzlicher Feiertag ist. Allerseelen hingegen nicht.
Allerheiligen fixer Bestandteil der Terminkalender
Doch in den vergangenen Jahren sorgte eine Vielzahl an Kirchenaustritten für Schlagzeilen. Kritik gab es auch, dass das System der Kirche irrelevant oder veraltet sei. Wie ist es mit der Art des Zelebrierens an Allerheiligen? Ist die Andacht mit anschließendem Zusammenkommen am geschmückten Grab und Umgang noch zeitgemäß?
Ja, sagt Gottfried Grengel, Pfarradministrator der Pfarrverbände Bad Endorf und Westliches Chiemseeufer. „Ich sehe da jetzt keinen Trend, wo ich sage, in den nächsten Jahren wird sich da etwas aufhören oder verändern.“ Auch dort wird Allerheiligen gemäß dem bekannten Brauch gefeiert. Vormittags gibt es Feiern in den Kirchen, nachmittags kommt die Kirchengemeinde zum Totengedenken mit einer kurzen Andacht und der Gräbersegnung zusammen.
Diese Gottesdienste werden auch nach wie vor von Jung und Alt angenommen und seien für viele Familien ein fixer Bestandteil ihres Terminkalenders, teilt Grengel weiter mit. „Man merkt natürlich, in den letzten Jahrzehnten hat das schon auch abgenommen. Aber bei uns im Chiemgau stelle ich das noch nicht so fest, wie es zum Beispiel im Bereich der Großstädte der Fall ist.“ Die Erinnerungskultur an die Toten sei in der Bevölkerung im Allgemeinen nach wie vor ein wichtiges Thema. „Es gibt nur ganz wenige Gräber, die an den Friedhöfen nicht geschmückt oder neu hergerichtet sind.“
Auch ein Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats München in der Erzdiözese München und Freising bekräftigt, dass die Andachten an Allerheiligen noch immer zu den bestbesuchten Gottesdiensten des Jahres gehören. „Die Tradition, sich an Allerheiligen mit der Familie am Ort des Familiengrabes zu treffen, ist nach wie vor stark und wird weiterhin gelebt.“ Denn die Gräbersegnung spiele bei der Erinnerung an verstorbene Verwandte und nahe stehende Menschen auch heute eine wichtige Rolle und sei daher auch zeitgemäß.
Seelsorge wird unter dem Jahr gut angenommen
Wie sieht es mit Gesprächen über Trauer und Tod aus? Geht ein geliebter Mensch von uns, hinterlässt er eine Lücke in unserem Leben. Jeder geht damit anders um. Um solche Verluste zu verarbeiten, gibt es auch zahlreiche Angebote von Hilfsorganisationen oder der Kirche.
Jedoch verbringen wir viel Zeit in den sozialen Medien, wo Nutzer allein mit Hilfe des Suchbegriffs „Trauer bewältigen“ viele Ergebnisse und Ratschläge bekommen. Von geschulten oder auch selbsternannten Experten. Doch auch unter diesen Beiträgen finden Nutzer Kommentare von anderen, die sich für die aufbauenden Worte im Video bedanken und die vermitteln, dass ihnen mit dem Social-Media-Post geholfen wurde. Werden daher Angebote wie die telefonische Seelsorge und das persönliche Gespräch noch angenommen?
Der Sprecher des Ordinariats erklärt, dass gerade im Trauerfall die Kompetenz, die Rituale und das Einfühlungsvermögen der kirchlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger sehr geschätzt wird. Das Angebot werde daher im Allgemeinen gut angenommen.
Telefonische Seelsorge in Prien:
Pfarrbüro Bad Endorf
Wasserburger Str. 4, 83093 Bad Endorf, Tel. 08053 - 40870
Pfarrbüro Prien
Alte Rathausstr. 1a, 83209 Prien, Tel. 08051 - 1010
Auch am westlichen Chiemseeufer? „Nicht unmittelbar an Allerheiligen oder Allerseelen, sondern das ganze Jahr über wird das schon in Anspruch genommen“, sagt Gottfried Grengel. „Es sind natürlich schon jene, die mit dem Milieu Kirche vertraut und verbunden sind.“ Aber auch junge Leute haben sich an Grengel gewandt, wenn sie mit einem Schicksalsschlag nicht zurechtgekommen sind. Denn der Tod eines Angehörigen stellt die Menschen vor große Herausforderungen
An Allerheiligen: Gedanken über den Tod machen
„Wir werden auch nach wie vor in die Kliniken gerufen zur Krankensalbung bei Sterbenden. Es kommt auch vor, dass sich Angehörige in der späteren Zeit an uns wenden und Begleitung wünschen, Fragen haben, mit den Geistlichen, mit den Seelsorgern ins Gespräch kommen wollen.“
Daher sollten wir uns an Allerheiligen die Zeit nehmen, am Grab zur Ruhe zu kommen und uns mit dem Thema Tod auseinandersetzen, wie Grengel mitteilt. „Es ist jetzt sicherlich nicht der Ort für Plaudereien und Ratschereien“, betont er. Wir sollten vielmehr in uns kehren und Bilder wachrufen, die uns mit den Verstorbenen verbinden. Und Grengel fügt hinzu: „Wichtig ist der Gedanke an den Tod. Der Tod ist ein heilsamer Gedanke, weil er ja uns alle betrifft. Es ist auch heilsam für Persönlichkeit und Charakter, wenn man an die denkt, denen man das Leben zu verdanken hat.“

