20-Jährige berichtet von Fast-Zusammenstoß
Unfallrisiko in Uniform? Marina Reitberger appelliert nach Vorfall in Kolbermoor an die Polizei
Die Polizei, dein Freund und Gefährder? So sieht es zumindest Marina Reitberger (20) aus Rosenheim, die nach eigenen Angaben in Kolbermoor eine unliebsame Begegnung mit einem Streifenwagen hatte. Daher richtet sie nun einen eindringlichen Appell an die Ordnungshüter.
Kolbermoor – Wird die Polizei normalerweise im Volksmund als „dein Freund und Helfer“ bezeichnet, heißt es bei Marina Reitberger (20) aus Rosenheim seit Donnerstag, 6. März, eher „dein Freund und Gefährder“: Denn gegenüber dem OVB berichtet die 20-Jährige von einer Begegnung mit einem Streifenwagen, die laut ihrer Einschätzung nur knapp an einer Katastrophe vorbeigegangen ist. Aufgrund des Erlebnisses appelliert sie an die Polizei, auch bei Einsatzfahrten „Rücksicht auf andere Autofahrer zu nehmen“.
Was war passiert? Die 20-Jährige war am Donnerstag, 6. März, in ihrem Auto von Rosenheim nach Kolbermoor aufgebrochen, um eine Freundin zu besuchen. Um von der Staatsstraße 2078 in die Albert-Schalper-Straße abbiegen zu können, ordnete sie sich gegen 18.45 Uhr in der Linksabbiegespur ein. In diesem Moment sei aus der Gegenrichtung ein Polizeiauto mit Blaulicht auf der Staatsstraße entgegengekommen.
Aufgrund zahlreicher weiterer Verkehrsteilnehmer habe sie nicht ausweichen können. Was aus ihrer Sicht aber auch in diesem Moment gar nicht notwendig gewesen wäre. Wenn nicht das Polizeiauto zum Überholen des vor ihm fahrenden Autos angesetzt hätte. „Plötzlich kam das Polizeiauto mit 60 oder 70 km/h direkt auf mich zu“, schildert die 20-Jährige den Schreckensmoment. „Das Auto, das überholt wurde, konnte in dem Moment gerade noch etwas zur Seite ausweichen, sonst hätte mich das Polizeiauto frontal gecrasht und ich hätte möglicherweise sogar mit dem Leben bezahlt.“
Marina Reitberger: „Für mich war das ein riesiger Schock“
So kam die junge Frau letztlich mit dem Schrecken davon. „Für mich war das ein riesiger Schock“, sagt die junge Rosenheimerin, die nach dem Erlebnis erst an den Straßenrand fahren und tief durchatmen musste. „Wenn ich mich richtig erschrecke, dann werden meine Beine ganz taub“, schildert Reitberger die körperlichen Auswirkungen der „extrem knappen“ Begegnung im Verkehr. Den Vorfall direkt bei der Polizei gemeldet habe sie aber nicht, da „da eh nichts zurückkommen würde“, wie sie glaubt.
Um andere Verkehrsteilnehmer vor ähnlich brenzligen Situationen zu schützen, hat sich die 20-Jährige daher mit einem Appell in Richtung Polizei ans OVB gewandt. „Ich verstehe total, dass es den Polizisten bei Einsätzen pressiert“, sagt die Rosenheimerin, der es nach eigenen Angaben „nicht darum geht, Kritik an der Polizei zu üben“. Sondern darum, die Einsatzkräfte für die möglichen Gefahren im Straßenverkehr zu sensibilisieren. „Die Polizisten sollen schon darüber nachdenken, welche Risiken ihr Handeln für die Bürger hat“, findet Marina Reitberger. „Und hier war es einfach völlig unangemessen, zu überholen.“
Blaulicht und Martinshorn: So reagieren Verkehrsteilnehmer richtig
Wenn aus der Ferne ein Martinshorn erschallt oder das Blitzen eines Blaulichts auftaucht, gibt es nicht wenige Autofahrer, die in Panik geraten. Dabei geht es in erster Linie darum, für die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst „freie Bahn“ zu schaffen, wie es der ADAC formuliert.
Doch was bedeutet „freie Bahn“ schaffen genau? „Je nach Verkehrslage und örtlichen Verhältnissen, äußerst rechts heranzufahren und dort entweder anzuhalten oder langsam weiterzufahren“, wie der ADAC auf seiner Homepage mitteilt. Wobei im Stadtverkehr auch das Ausweichen nach links auf eine Abbiegespur sinnvoll sein könne.
Gut zu wissen: „Wer beim Platzmachen über eine rote Ampel in eine Kreuzung einfährt und dabei geblitzt wird, muss grundsätzlich nichts befürchten“, stellt der ADAC klar. „Da häufig auch das Einsatzfahrzeug geblitzt wird, ist der Grund für das Einfahren dokumentiert; der Autofahrer muss kein Bußgeld wegen Rotlichtverstoßes befürchten.“
Johann Brumbauer, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Bad Aibling, rät ebenfalls dazu, ähnlich der Rettungsgasse den Einsatzfahrzeugen einfach bestmöglich Platz zu machen. „Am besten ist es, die Fahrt zu verlangsamen, den Blinker zu setzen und, wenn möglich, rechts ranzufahren“, sagt der PI-Leiter, der noch einen besonderen Wunsch an die Autofahrer hat: „Die Verkehrsteilnehmer sollten nicht sofort heftig in die Bremsen steigen“. Denn das könne schnell zu einem Auffahrunfall führen.
Vorwürfe, die Johann Brumbauer, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Bad Aibling, durchaus ernst nimmt. Mehrere Streifenwagen seien an diesem Abend zur angegebenen Zeit mit Blaulicht und Martinshorn in Kolbermoor unterwegs gewesen, da der Polizei eine verdächtige Person gemeldet worden war, die Mädchen angesprochen haben soll. Nachdem auch eine Bedrohungslage gemeldet worden war, seien die Beamten „beschleunigt“ zum Einsatzort hingefahren. Die Situation vor Ort habe sich dann allerdings „vollkommen anders“ dargestellt, so Brumbauer, der darauf aber nicht näher eingehen möchte.
Er selbst sei auf der Fahrt zum Einsatzort nicht dabei gewesen „und ich möchte die Schilderungen der Dame auch nicht abbügeln“, stellte der PI-Leiter auf OVB-Anfrage klar, aber: „Ich möchte natürlich schon darauf hinweisen, dass es in den vergangenen drei, vier Jahren keinen einzigen eigenverschuldeten Unfall der Polizeiinspektion Bad Aibling gegeben hat“. Was unter anderem auch daran liege, dass ein Fahrsicherheitstraining nicht nur zur Polizeiausbildung gehöre, sondern auch mehrmals im Jahr den Beamten angeboten würde.
PI-Leiter setzt auf den „gesunden Menschenverstand“ seiner Einsatzkräfte
So werden die Dienstanfänger in Bad Aibling „immer dahin geschickt“, zumal es „recht beeindruckend für die jungen Einsatzkräfte ist, was das Blaulicht und die Lautstärke für Auswirkungen aufs Fahrverhalten haben“. Es gäbe zwar keine genauen Vorgaben zu Geschwindigkeiten bei Blautlicht- und Sirenenfahrten, aber „massiv die Geschwindigkeit zu überschreiten, ist natürlich nicht erlaubt“. So solle innerorts „niemals schneller als 100 km/h gefahren werden“, sagt der PI-Leiter, der hier auch auf den „gesunden Menschenverstand“ seiner Einsatzkräfte setzt.
Und wenn‘s einer doch mal übetrtreibt? „Wenn wir so etwas feststellen, dann gibt es intern was auf die Finger“, verspricht Brumbauer, der darauf verweist, dass Fahrten mit Blaulicht und Sirene nur bei bestimmten Einsatzlagen vorkämen. „Hier kommt es natürlich auf das Einsatzschlagwort an“, verrät der Bad Aiblinger Polizei-Chef. „Wenn es beispielsweise um eine schwerverletzte Person bei einem Unfall geht oder jemand mit dem Messer herumläuft, dann muss es natürlich schnell gehen“. Sollte hingegen jemand ein vor Monaten entwendetes Fahrrad melden, kommt laut Brumbauer kein Polizist auf die Idee, mit Blaulicht zum Einsatz zu fahren.